Kommentar: Meseberg: Ein großer Schritt für die Ampel, ein zu kleiner für das Land

Noch vor wenigen Wochen vermittelte die Ampelkoalition den Eindruck, sie habe den Ernst der wirtschaftlichen Lage nicht verstanden.
Foto: IMAGO/ManngoldDer Bundesfinanzminister gehört sicherlich zu den rhetorisch begabteren Ministern des Kabinetts. Manchmal jedoch neigt Christian Lindner (FDP) zu fantasievollen Interpretationen, die er allzu exklusiv haben dürfte: „Wir sind eine Regierung, wo gehämmert, geschraubt wird.“ Das führe zu Geräuschen, aber eben auch zu Ergebnissen, verklärte Lindner nach der Regierungsklausur in Meseberg den Koalitionskrach der Ampelregierung, der bis in den letzten Winkel der Republik nicht zu überhören war.
In ähnlicher Schönfärberei übte sich Kanzler Olaf Scholz (SPD), der die Produktivität der Regierung in der Sommerpause lobte.
Richtig ist: Was den Output angeht, verlief die Kabinettsklausur besser, als man nach dem Hickhack um das Wachstumschancengesetz und die Kindergrundsicherung befürchten musste. Scholz, Lindner und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) konnten eine Reihe von Gesetzesbeschlüssen und Initiativen verkünden, auf welche die Wirtschaft schon länger gewartet hat, von Bürokratieabbau über Digitalisierungsstrategien bis zu Steuerentlastungen von Unternehmen.
Dass die Regierung statt mit Streit nun mit einem ganzen Bündel sinnvoller Gesetzesbeschlüsse auffällt, ist für die Ampelkoalitionäre ein großer Schritt. Für das Land, das unter einer ernsten Wachstumsschwäche leidet, ist es zu wenig.