Kommentar Mit fehlender Hilfe für Flüchtlinge verschleudert Deutschland Potenzial

Auch nach mehreren Jahren im Land sind die Deutschkenntnisse von einigen Flüchtlingen noch nicht gut.
Berlin Die Integration junger Flüchtlinge läuft prima, sie lernen von Mitschülern schnell Deutsch und bringen das auch noch ihren Eltern bei. Und nach dem Abschluss füllen sie die Lücken auf dem Lehrstellenmarkt und bei den technischen Fächern an den Hochschulen. Das war die Hoffnung vieler. Doch die Realität ist eine andere.
Eine neue Studie hat Tausende von Flüchtlingskindern, Eltern, Erziehern und Lehrern über Jahre begleitet. Diese zeichnet ein besorgniserregendes Bild: Obwohl die Bildungsambitionen der Kinder und ihrer Eltern hoch sind, steht es um die Deutschkenntnisse der Jugendlichen auch Jahre nach der Ankunft in Deutschland ziemlich schlecht. Ja, sie können sich prima im Alltag bewegen. Aber zwei Drittel können nicht aktiv an längeren Gesprächen teilnehmen und weniger als ein Fünftel kann ein Sachbuch lesen.
Hier ist etwas dramatisch schief gelaufen. Denn nur jedes dritte geflüchtete Kind konnte an einem Sprachförderkurs teilnehmen. Das ist nicht nur ein soziales Problem. Es ist auch ökonomischer Unsinn. Seit Jahren klagt die Wirtschaft über Fachkräftemangel, 2021 blieben 60.000 Lehrstellen unbesetzt. Gleichzeitig verschleudern wir in unseren Schulen hoffnungsvolles Potenzial.
Der Bund, der viele Millionen für diese einzigartige Langzeitstudie ausgegeben hat, will nun aktiv werden – und ist offenbar willig, auch mehr Geld in die Hand zu nehmen. Die Kultusminister befassen sich in Kürze mit den Ergebnissen.
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Die Hausaufgaben sind klar. Die Schulminister müssen so schnell wie möglich Zusatzkurse für all die organisieren, die sie brauchen. Am sinnvollsten wäre es, diese auch für einheimische Schüler mit Nachholbedarf zu öffnen. Dazu gehören etwa auch viele Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund, die zu Hause kaum oder gar kein Deutsch sprechen.
Die Zeit für weitere Kurse drängt
Aktuell sind die Länder ohnehin dabei, über die Sommerferien Nachholkurse für die Schüler zu organisieren, die während der Lockdowns zu viel versäumt oder verlernt haben. Dafür steht vom Bund bereits eine Milliarde Euro bereit. Es bietet sich an, spezielle Sprachkurse gleich mit auf die Beine zu stellen.
Die Zeit drängt. Denn gerade viele Flüchtlingskinder lernen ohnehin schon in Klassen mit deutlich jüngeren Schulkameraden, weil sie auf der Flucht oft lange nicht zur Schule konnten. Natürlich bedeuten weitere Angebote zusätzlichen Aufwand. Finanziell und sozial lohnt sich mittelfristig aber jeder Euro und jede Überstunde von Ministerialen, Rektorinnen und Lehrern.
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