Kommentar: Mit seinen Spitzen gegen Brüssel schadet Apple sich am Ende selbst


Tim Cook erfüllte die Erwartungen, als er am Montag die neuen iPhones, Airpods und Watches seiner Produktentwickler vorführte. Wie üblich kündigte der Apple-Chef hellere Displays und schärfere Kameras an. Die Gehäuse des Smartphones sollen Stürze mit weniger Kratzern überstehen, die Akkus länger halten.
Auch beim in der Branche derzeit wichtigsten Thema – Künstlicher Intelligenz (KI) – hielt Cook sich weitestgehend ans Skript. Er ließ seinen Chefentwickler Craig Federighi vor allem die Ankündigungen wiederholen, die er im Juni bereits gemacht hatte.
Die neuen KI-Funktionen, die der Konzern unter der Chiffre „Apple Intelligence“ vermarktet, werden außerhalb des englischen Sprachraums zunächst jedoch nicht zur Verfügung stehen. Während die Unterstützung von Japanisch oder Spanisch für das kommende Jahr angekündigt wurde, erwähnten Federighi & Co. Deutsch am Montag gar nicht erst. Apple-Vertreter durften im Nachgang noch nicht einmal eine grobe Einschätzung dazu abgeben, wann mit einer Einführung zu rechnen sei.
Die Auslassungen sind Spitzen gegen die Regulierungsbehörden in Europa, die Cook offenbar bewusst setzen ließ. Das wirkte verbissen wie kleinlich. Und gar nicht so nutzerorientiert, wie man es ansonsten von Apple gewohnt ist.
Die Gleichgültigkeit ist nur Show: Die neuen KI-Funktionen sind Apples größte Innovation seit Jahren. Und Deutschland ist der mit Abstand wichtigste Markt in Europa. Natürlich will der Konzern hier so viele Kaufanreize setzen wie möglich.
Apple droht in Europa eine hohe Strafe
In Berlin oder Brüssel dürfte die Nachricht trotzdem angekommen sein. Denn als Grund für die Zurückhaltung gab Apple bereits im Juni an, juristischen Unsicherheiten infolge des Digital Markets Act (DMA) aus dem Weg gehen zu wollen.
Das Regelwerk der EU-Kommission soll bestimmte Monopole der Tech-Konzerne brechen und sie dazu zwingen, ihre Plattformen für Konkurrenten zu öffnen. Einstweilen, hieß es bei Apple, verhindere der DMA die Einführung von Apple Intelligence in Ländern der Europäischen Union. Dabei bleibt der Konzern bis heute, will sich aber nicht mehr entsprechend zitieren lassen.
So pauschal ist das natürlich Unsinn – und das Argument nur vorgeschoben. Andere Tech-Konzerne wie Google stöhnen zwar unter dem DMA, haben aber eine Lösung gefunden.
Offenbar hegt das Apple-Management trotzdem die Hoffnung, auf diesem Wege Druck auf die EU-Kommission aufzubauen. In Europa droht dem Konzern derzeit eine Milliardenstrafe, da es seinen App-Store gesetzeswidrig zum eigenen Vorteil abgeschirmt haben soll. Wahrscheinlich dürfte es nicht das letzte Kartellverfahren gewesen sein.
Das taktische Vorenthalten von Innovationen wirkt unsouverän – und könnte für Cook noch zum Bumerang werden. Bei Konkurrenten wie Samsung finden die Kunden bereits KI-Angebote, wie Apple sie am Montag vorstellte. Die Verzögerungstaktik des Managements macht den Abstand noch offensichtlicher.
So schadet sich Apple am Ende selbst - und nicht der Kommission. Die könnte das trotzige Vorgehen eher dazu motivieren, künftig noch genauer hinzusehen.





Das dürfte auch in Apples Heimat den Druck erhöhen. Denn in den USA gilt die EU-Kommission mittlerweile als Vorbild dafür, wie die Marktmacht großer Tech-Konzerne zu begrenzen ist.
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