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KommentarNach aggressiven Signalen von Fed und EZB müssen Anleger Risikomanager werden

Die Märkte befinden sich in einem labilen Gleichgewicht, weil die Notenbanken noch nicht am Ziel sind. Daher ist Vorsicht geboten, einige Märkte haben das Schlimmste vielleicht noch vor sich.Frank Wiebe 15.06.2023 - 19:00 Uhr
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Die Europäische Zentralbank erhöhte den Leitzins erneut um einen kleinen Schritt von 0,25 Prozentpunkten.

Foto: Reuters

Kein Zweifel: Die Zeiten von Inflationsraten jenseits der fünf oder sechs Prozent nähern sich dem Ende. Und auch die Geldpolitik zieht bereits Konsequenzen, wenn auch noch mit der gebotenen Vorsicht: Die US-Notenbank Fed hat am Mittwoch eine Zinspause eingelegt, die Europäische Zentralbank (EZB), die ohnehin später auf die Rückkehr der Inflation im Jahr 2021 reagiert hatte, erhöhte den Leitzins erneut um einen kleinen Schritt von 0,25 Prozentpunkten.

Die finanziellen Folgen der schlimmsten Pandemie seit rund hundert Jahren und des größten Kriegs in Europa seit fast 80 Jahren sind damit nicht vorbei, ein großer Teil der Rechnung ist per höherer Staatsverschuldung der nachfolgenden Generation aufgebürdet worden. Aber direkt spürbare Härten in Form von deutlichem Verlust an Kaufkraft und dramatischen Einbrüchen von Vermögenswerten dürften künftig weniger belasten.

Trotzdem ist die Doppelkrise aus Seuche und Krieg, erweitert zu einer Dreifachkrise durch die gerade wieder brennend spürbare Klimaerhitzung, noch längst nicht ausgestanden.

Einige Märkte haben das Schlimmste vielleicht noch vor sich – etwa Immobilien, vor allem im Gewerbebereich. Aber auch Anleihen und Aktien befinden sich nach den jüngsten Sitzungen von Fed und EZB allenfalls in einem fragilen Gleichgewicht.

Die Geldpolitik bleibt aggressiv, weil die Inflation zwar auf dem richtigen Weg, aber noch viel zu weit entfernt vom Zwei-Prozent-Ziel ist. Dabei spielt auch ein ärgerlicher Rückkoppelungseffekt eine Rolle: Je mehr die Kapitalmärkte jubeln, desto billiger werden dadurch umgekehrt Finanzierungen, was dem Kurs der Notenbanken genau entgegenwirkt.

Anleger müssen wie Risikomanager denken

Deswegen können Fed und EZB bis weit ins kommende Jahr hinein kein Interesse haben, Investoren und Investorinnen glücklich zu machen.

>> Lesen Sie hier: Das sind die wichtigsten Erkenntnisse der EZB-Sitzung

Vor diesem Hintergrund müssen Anleger vor allem als Risikomanager denken und agieren. Noch einmal schnell auf den Bullenmarkt aufspringen, der ja in der vergangenen Woche in den USA quasi offiziell ausgerufen wurde, ist gefährlich. Scheinbar einfache Rezepte, reich zu werden, führen meist zu einer Medizin, bei der die gefährlichen Nebenwirkungen die Oberhand gewinnen.

Die US-Notenbank Fed hat am Mittwoch eine Zinspause eingelegt.

Foto: dpa

Dass die historisch schnellen Zinserhöhungen der Notenbanken in den USA im März zu einer Bankenkrise geführt haben, ist nicht überraschend. Verwunderlich ist eher, dass nicht noch mehr passiert ist.

Weitere Risse im Finanzsystem können sich jederzeit auftun. Und wenn die Notenbanken, auch getrieben von zu optimistischen Märkten, ihren Druck aufrechterhalten, könnte die in der Regel verzögert in der Realwirtschaft ankommende Wirkung doch noch zu einer Rezession führen.

Gefährliche Zweifel an der Finanzstabilität

Ausgewogenheit ist daher Trumpf bei der Geldanlage. Zinsrisiken, die vor allem lang laufende Anleihen und hochbewertete Aktien betreffen; Konjunkturrisiken, die vor allem zyklische Aktien und hochverzinste Unternehmensanleihen treffen; eine Kombination von beiden, die Gewerbeimmobilien weiter drückt; Zweifel an der Finanzstabilität, die vor allem Banken treffen würden: All das sollte berücksichtigt werden.

Gefahrlosen Gewinn gibt es kaum. Daher wäre es auch falsch, nur auf Nummer sicher zu gehen, wenn man an der Börse überhaupt noch Geld verdienen will. Aber es sollte wenigstens keines der großen Risiken über Gebühr eingegangen werden.

>> Lesen Sie mehr: Flaute in Europa? Japan kann für Anleger eine Alternative sein

Sichere Staatsanleihen mittlerer Laufzeit können als Puffer dienen. Wenn die Inflation weiter sinkt, wachsen ihre Renditen auch real, also nach Abzug der Inflation gerechnet, wieder in den positiven Bereich hinein.

Ansonsten gilt es, auch innerhalb der Sektoren Aktien und Anleihen keine allzu ausgeprägten Wetten, etwa auf eine noch weiter gehende Erholung der Tech-Werte oder einen kompletten Ausfall der Konjunkturschwäche, einzugehen.

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Einzelne Hype-Themen, zurzeit vor allem Künstliche Intelligenz, sind auch mit Vorsicht zu genießen: Die Blasen, die sie produzieren, platzen beim nächsten Aufflammen einer Krise besonders schnell. Daher sind mit Blick auf die Börse weiterhin Vorsicht und natürliche Intelligenz gefragt.

Mehr: Wie der KI-Boom die Geldpolitik stört.

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