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KommentarWie gefährlich ist der Verbrenner-Boom bei BMW, VW und Mercedes?

Zweistellige Milliardengewinne haben Mercedes, VW und BMW im Jahr 2022 erwirtschaftet. Doch mit solchen Erfolgsmeldungen könnte es bald vorbei sein.Markus Fasse 02.01.2023 - 13:45 Uhr Artikel anhören

Die deutsche Automobilindustrie setzt vor allem auf Luxus. Dabei sollte sie einzig und allein nach Technologieführerschaft streben.

Foto: Bloomberg

München. Das Jahr 2022 wird für die Autoindustrie in guter Erinnerung bleiben. Zehn Milliarden Euro hat Mercedes bereits in den ersten drei Quartalen verdient, bei Volkswagen sind es 12,7, bei BMW stehen glatte 16 Milliarden Euro in den Büchern.

Die zweistelligen Milliardengewinne sind umso verblüffender, weil die Öffentlichkeit die Branche in einem ständigen Krisenszenario wähnt. Das Wehklagen über mangelnde Chips aus Taiwan und fehlende Kabelbäume aus der Ukraine ist laut. Doch wenn die Bänder stillstehen, puffert der Staat die Verluste immer noch großzügig über Kurzarbeit.

Gegenüber ihren Kunden nutzen die Autohersteller den Mangel geschickt. Gebaut wird nur noch, was edel und teuer ist, verkauft wird ohne Rabatt. Bei BMW lässt man rekordverdächtig große Kühlernieren auf Wunsch leuchten.

Konkurrent Mercedes nennt sich jetzt „die wertvollste Luxus-Automobilmarke der Welt“, Konzernchef Ola Källenius hält den Vergleich mit Gucci für passend. Auch Siemens veredelte seine letzte Handy-Serie mit Swarovski-Steinchen. Kurz darauf präsentierte Apple sein iPhone.

Tatsächlich zeigt ein Blick in die Bilanzen der deutschen Autoindustrie, dass die Risiken nach wie vor groß sind. Zum einen, weil sich der Gewinn fast ausschließlich aus China speist. Zwischen 30 und 40 Prozent des Absatzes erzielen die Konzerne in Fernost, der Gewinnbeitrag ist noch höher.  

BMW, VW, Mercedes: Autoindustrie setzt auf luxuriöse Verbrenner – trotz EU-Verbot ab 2035

Bei den Antrieben ist die Abhängigkeit vom Verbrennungsmotor eklatant. Zwischen 80 und 90 Prozent der von den deutschen Autokonzernen verkauften Neuwagen fahren immer noch mit Benzin und Diesel.

Auch wenn die Motoren immer größer und damit profitabler werden: Es ist der letzte Boom des Verbrenners. Dieses Produkt hat aber keine lange Zukunft mehr. Ab 2035 gilt in der EU ein Verkaufsverbot für Benzin und Diesel.

Der US-Konzern kommt mit seinen Elektroautos auf eine Rendite von 14,7 Prozent.

Foto: IMAGO/Political-Moments

In der Elektrowelt ist die deutsche Autoindustrie noch nicht. Der holprige Start der ID-Modelle von Volkswagen ist exemplarisch für die gesamte Branche. BMW und Mercedes elektrifizieren ihre SUVs und Limousinen, den großen Wurf hat aber bislang keiner geschafft.

Ablesen lässt sich das am chinesischen Markt, wo die Deutschen mit ihren Elektroautos bislang kaum ein Bein auf den Boden bekommen. Für sein elektrisches Flaggschiff EQS musste Mercedes in China sogar die Preise senken – Gift für den eigenen Luxusanspruch.

>> Lesen Sie dazu auch: So will VW-Chef Oliver Blume den Konzern reformieren

Geld mit Elektroautos verdient vor allem Tesla. Die Amerikaner fahren ihre Fabrik in Brandenburg weiter hoch. Tesla kommt mit seinen Elektroautos auf eine Rendite von 14,7 Prozent – ohne Gucci-Flair und leuchtenden Kühlergrill. Im November verkaufte sich Teslas Model 3 in Deutschland doppelt so gut wie die BMW-3er-Reihe.

Und auch die Chinesen fassen in Deutschland Fuß. Im Oktober verkündete Sixt eine Kooperation mit BYD. Der wichtigste deutsche Autovermieter, der bislang vor allem mit deutschen Marken wirbt, will in den kommenden Jahren 100.000 Elektroautos bei den Chinesen kaufen.

Ihre Produkte sind längst nicht mehr billige Kopien westlicher Marken. Sie dominieren bereits jetzt das Geschäft mit elektrischen Klein- und Kompaktwagen. Smart und Mini, Töchter von Mercedes und BMW, lassen ihre Elektroautos über Joint Venture maßgeblich von chinesischen Partnern entwickeln.  

Elektroautos: Die wahren Wettbewerber kommen aus China

Langfristig sind die Chinesen wahrscheinlich die stärkeren Wettbewerber als Tesla. Sie stützen sich auf den größten Automarkt der Welt, der mittlerweile auch der innovativste ist.

Chinesen verstehen ein Auto als Teil eines digitalen Ökosystems. Wie ein Smartphone muss das Auto mit der Stadt vernetzt sein, es muss lernen können und sich durch ständige Updates aus dem Internet erneuern. Solche Autos leben von neuen und mutigen Innenräumen, hier kommuniziert man mit Sprachassistenten und nicht mit komplizierten Benutzermenüs.

Auch hier müssen die Deutschen erst noch zeigen, dass sie das Feld beherrschen. Im VW-Konzern ging der erste Wurf daneben. Das Chaos um die Softwaretochter Cariad, die Herbert Diess im Sommer den Job als Konzernchef kostete, ist noch nicht behoben. Sein Nachfolger Oliver Blume musste wichtige Projekte erst einmal auf die lange Bank schieben. Dazu gehört auch das Versprechen der Premiumtochter Audi, das autonome Fahren in Serie zu bringen.

Die Gewinne der Automobilkonzerne aus Verbrennern werden nicht ewig halten.

Foto: Kostas Koufogiorgos

China verfügt nicht nur über starke Internetkonzerne, sie kontrollieren auch die Batterietechnik und fünf der neun wichtigsten Rohstoffe für die Elektromobilität. Schon jetzt ist klar, dass die Nachfrage nach Lithium, Kobalt und Seltenen Erden das Angebot langfristig deutlich übersteigen wird. Nach Chips und Kabelbäumen drohen die Rohstoffe knapp und teuer zu werden.

Verwandte Themen BMW China Tesla Oliver Blume Europäische Union Deutschland

Gewinnen lässt sich dieser Wettbewerb nur mit einer cleveren Rohstoffpolitik und mutigen Innovationen. Für die Rohstoffpolitik ist die Regierung zuständig, für die Innovationen sind es die Unternehmen. 2023 wäre ein gutes Jahr, das zu beweisen. Nicht der Gewinn aus dem letzten Verbrennungsmotor oder dem größten Swarovski-Kristall entscheidet über das Schicksal der deutschen Autoindustrie. Sondern einzig die Frage, ob die Branche technologisch vorne ist.

Mehr: Neue Fahrzeugklasse für Elektroautos soll Wandel bei BMW beschleunigen

Erstpublikation: 27.12.2022, 09:23 Uhr.

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