Kommentar: Beamte werden die Rente nicht retten


Kaum war die Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) im Amt, forderte sie, Beamte, Abgeordnete und Selbstständige in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Nun stimmt ihr Juso-Chef Philipp Türmer zu – mit dem Hinweis, das sei ein Gebot der Gerechtigkeit.
Beide eint der Wille zur Gerechtigkeit – sie verkennen jedoch, dass Gerechtigkeit im Rentensystem nicht durch neue Beitragspflichten entsteht, sondern durch nachhaltige Strukturen.
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Dabei ist ihr Reflex verständlich: Beamtenpensionen liegen weit über dem Rentenniveau, und mit dem Verweis auf Privilegien lässt sich politisch schnell punkten. Ihr Vorschlag ist indes nicht mehr als ein wohlklingendes Symbol, das von den eigentlichen Problemen ablenkt.
Die Idee, alle Berufsgruppen in die Rentenversicherung zu integrieren, klingt nach einer fairen Umverteilung. Tatsächlich aber würde sie am strukturellen Defizit nichts ändern. Denn auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige werden eines Tages Leistungen beanspruchen – und oft in überdurchschnittlicher Höhe. Der kurzfristige Effekt zusätzlicher Beiträge wäre schnell aufgebraucht, die langfristigen Verpflichtungen dagegen blieben.
Neue Töpfe, alte Lasten
Zudem wäre die Umstellung ein bürokratischer Kraftakt. Übergangsregeln, Besitzstände, Versorgungswerke – die Integration würde mindestens ein Jahrzehnt dauern. Von einer schnellen Entlastung des Rentensystems kann somit keine Rede sein.
Die Einbeziehung weiterer Gruppen würde die bestehenden Probleme nur verschieben. Die Versorgungswerke der Selbstständigen verlören ihre Grundlage und müssten über Steuern oder Ausgleichszahlungen gestützt werden. Auch bei den Beamten müssten Pensionszusagen weiter aus dem Staatshaushalt finanziert werden.
Kurz: Das Geld würde umverteilt, aber mehr nicht. Das Umlagesystem bliebe so anfällig wie zuvor.
Generationengerechtigkeit braucht Ehrlichkeit
Wenn sich Türmer für die „jüngere Generation“ starkmacht, ist das gut – aber der Weg, den er wählt, ist der falsche. Denn die wahren Belastungen für Jüngere entstehen nicht durch ungleiche Beitragspflichten, sondern durch ein Rentensystem, das immer mehr verspricht, ohne seine Basis zu verbreitern.
Seit der Einführung der Rente mit 63 haben mehr als zwei Millionen Beschäftigte vorzeitig aufgehört zu arbeiten. Allein 2023 nutzten mehr als 26 Prozent der Neurentner diese Option. Gleichzeitig steigt die Lebenserwartung. Die tatsächliche Lebensarbeitszeit also sinkt. Das Gleichgewicht zwischen Beitragszahlern und Rentnern kippt immer schneller.
Die Folge: steigende Beitragssätze – von heute 18,6 auf möglicherweise 24 Prozent im Jahr 2045. Das bedeutet höhere Kosten für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber, schwächere Investitionen und sinkende Wettbewerbsfähigkeit.
Reformen statt Placebos
Wer die Rente zukunftsfest machen will, braucht Mut zu echten Reformen:


Deutschland braucht keine symbolische Rentenreform, sondern eine ehrliche Zeitenwende in der Altersvorsorge. Nicht für den nächsten Wahlkampf. Sondern für die nächste Generation.
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Erstpublikation: 19.10.2025, 12:40 Uhr.





