Morning Briefing: Neue Zweifel in der SPD an Scholz-Kandidatur

Von links und rechts: Neue Zweifel in der SPD an Scholz-Kandidatur
Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,
Seit heute Abend würde ich persönlich keine allzu großen Summen mehr darauf wetten, dass Olaf Scholz die SPD tatsächlich als Kanzlerkandidat in den vorgezogenen Bundestagswahlkampf führt.
„Letztlich entscheiden die Parteigremien über die Frage der Kanzlerkandidatur, das ist auch der richtige Ort dafür“, erklärten gestern die Vorsitzenden der NRW-Landesgruppe in der SPD-Fraktion, Wiebke Esdar und Dirk Wiese, in einem gemeinsamen Statement. Es gebe in der SPD eine Debatte über die beste Aufstellung für die Bundestagswahl. Und dann folgt der entscheidende Satz:
Die Wortmeldung ist deshalb so gefährlich für den Kanzler, weil die zwei Abgeordneten Vorsitzende der beiden mächtigen Strömungen innerhalb der SPD-Fraktion sind: Wiese ist Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises, Esdar Sprecherin der Parlamentarischen Linken. Dass Verteidigungsminister Pistorius wegen seiner entschlossenen Ukraine-Unterstützung von der SPD-Linken kritisch gesehen wird, galt bislang als beste politische Lebensversicherung für Scholz.

Was dem Kanzler in dieser Situation sicher nicht weiterhilft: Im Politikerranking, das vom Umfrageinstitut Insa wöchentlich für die „Bild“ erstellt wird, rutscht Scholz vom 19. auf den 20. und damit letzten Platz. An der Spitze des Rankings steht – natürlich – Pistorius.
Der sagte gestern auf einer Veranstaltung in Passau:
Alle relevanten Informationen rund ums Thema finden Sie in unserem Neuwahl-Newsblog.
An einem Untersee-Datenkabel in der Ostsee zwischen Finnland und Deutschland ist ein Defekt festgestellt worden. Die Kommunikationsverbindungen über das Kabel Cinia C-Lion1 seien dadurch unterbrochen, teilte Betreiber Cinia mit. Das staatliche finnische Unternehmen geht davon aus, dass das Kabel am Grund der Ostsee gebrochen ist und durch äußere Einwirkung durchtrennt wurde, etwa durch einen Anker oder ein Grundschleppnetz. Informationen über vorsätzliche Sabotage lägen bislang nicht vor.

Diese Einschätzung steht in einem gewissen Widerspruch zu dem, was Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und ihre finnische Amtskollegin Elina Valtonen in einem gemeinsamen Statement verkündeten: Eine Untersuchung sei im Gange. Es bestehe der Verdacht auf eine „absichtliche Beschädigung“:
Was wohl soviel heißen soll wie: Da hat doch bestimmt Moskau seine Finger im Spiel!
C-Lion1 verläuft auf einer Länge von mehr als 1170 Kilometern von der finnischen Hauptstadt Helsinki bis nach Rostock in Mecklenburg-Vorpommern.
Die mutmaßliche Erlaubnis für den Einsatz weitreichender Waffen gegen Ziele in Russland hat im Lager des designierten US-Präsidenten Donald Trump teils heftige Kritik ausgelöst. Trumps künftiger Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz sprach bei „Fox News“ von einem „weiteren Schritt auf der Eskalationsleiter“. Trumps Sohn, Donald Trump Jr., schrieb auf „X“:
Andere Republikaner wie der Abgeordnete Roger Wicker warfen Biden hingegen vor, die Entscheidung zu lange hinausgezögert zu haben. Trumps Republikanische Partei ist in der Ukrainepolitik tief gespalten. Bei einer Abstimmung im April stimmten im Repräsentantenhaus 112 Republikaner gegen ein milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine, 101 dafür.
Großbritannien und Frankreich wollen dem US-Beispiel folgen und der Ukraine den Einsatz weitreichender Waffen gegen russisches Territorium erlauben. Eindeutig äußerten sich die beiden Regierungen am Montag zwar nicht. In London und Paris zeichnete sich aber ab, dass der Einsatz der Marschflugkörper vom Typ Storm Shadow und Scalp nun freigegeben wird.
Umso eindeutiger positioniert sich Bundeskanzler Scholz: Er will weiter keine Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern. Das sagte Scholz am Rande des G20-Gipfels in Rio de Janeiro.
Es wird von Jahr zu Jahr deutlicher: Bei den Wagniskapitalfinanzierungen für Start-ups ist Frankreich an Deutschland vorbeigezogen. Auch in diesem Jahr dürfte wieder mehr Geld in französische als in deutsche Start-ups fließen, wie aus dem Jahresbericht des Londoner Risikokapitalgebers Atomico zum Zustand der europäischen Start-up-Szene hervorgeht.
Demnach erhalten französische Jungfirmen rund 7,5 Milliarden Dollar und damit fast so viel wie im Vorjahr. In Deutschland dürften letztlich etwa 6,7 Milliarden Dollar ankommen, was einem Minus von fast sechs Prozent im Vergleich zu 2023 entspricht. Damit liegt Frankreich nun das dritte Mal in Folge vor Deutschland und festigt seinen zweiten Platz in Europa.
Unangefochten an der Spitze liegt Großbritannien mit 13,1 Milliarden Dollar. Insgesamt erwartet Atomico, dass europäische Start-ups dieses Jahr 45 Milliarden Dollar einnehmen, was leicht unter dem Vorjahreswert liegt.
Kleiner Lichtblick: Die deutschen KI-Start-ups schnitten besser ab als ihre französischen Wettbewerber und lagen in Sachen Wagniskapital weltweit auf Rang fünf.
Was sonst noch Interessantes im Atomico-Report steht, hat meine Kollegin Nadine Schimroszik für Sie aufgeschrieben.
Die Deutsche Bank hat sich mit einem Großteil ihrer Betriebsräte auf strengere Homeoffice-Regeln ab Januar 2025 verständigt. Dennoch wächst in der Belegschaft der Unmut über die Vereinbarung, die im Wesentlichen den Vorstellungen von Konzernchef Christian Sewing entspricht. So wird die Obergrenze für Homeoffice-Tage auf 40 Prozent der Arbeitszeit gedeckelt. Bislang waren auch 60 Prozent möglich. Hinzu kommt als Zugeständnis neu die Möglichkeit, künftig einmal pro Jahr zwei Wochen lang am Stück mobil zu arbeiten.

Ihrem Ärger über die neue Vorschrift machten die Beschäftigten nach Informationen von Handelsblatt-Bankenreporterin Yasmin Osman unter anderem im bankeigenen Intranet „dbnetwork“ Luft. Dort hatte die Bank am 11. November über die sich anbahnende Einigung berichtet. Innerhalb von einer Woche gaben 1400 Deutsche-Bank-Mitarbeiter eine Bewertung für den Eintrag ab. Er kam am vergangenen Montag auf 1,5 von fünf möglichen Sternen.
Den einstigen Deutsche-Bank-Slogan „Passion to Perform“ müsste man heute wohl abändern. Zeitgemäßer wäre „Passion to Stay Home“.
Ich wünsche Ihnen einen heimeligen Dienstag.
Ihr




Christian Rickens
Textchef Handelsblatt
PS: Start-up-Gründer Christian Reber forderte auf „X“ die CDU dazu auf, eine Koalition mit der AfD in Erwägung zu ziehen. Und nennt Bedingungen: kein EU-Austritt, keine neue Währung, keine Regierungsverantwortung für rechtsradikale Parteimitglieder. Der Vorschlag entfachte nicht nur in der Start-up-Szene eine Debatte. Was halten Sie von dem Vorstoß? Muss die Brandmauer zur AfD stehen? Und welche politischen Konstellationen im Bund wären für Start-ups vielversprechend? Schreiben Sie uns Ihre Meinung in fünf Sätzen an forum@handelsblatt.com. Ausgewählte Beiträge veröffentlichen wir mit Namensnennung am Donnerstag gedruckt und online.





