Corona-Schutzmaßnahmen Mehrere Bundesländer schaffen Maskenpflicht an Schulen ab – Was dafür spricht und was dagegen

Das Coronavirus geht besonders stark bei Kindern ab dem Vorschulalter und Heranwachsenden bis zum Teenager-Alter um.
Berlin Zwei Bundesländer lockern an diesem Montag die Maskenpflicht an Schulen. In Berlin ist die Pflicht, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen, im Unterricht bis zur sechsten Klasse fortan aufgehoben. In Bayern müssen im Unterricht nun generell keine Masken mehr getragen werden.
In Brandenburg ist das bereits der Fall. Das Saarland hat den Kurswechsel bereits seit Freitag vollzogen: Schülerinnen und Schüler müssen dort im Unterricht nun keine Maske mehr tragen. In Baden-Württemberg und Sachsen wird es erwogen. Über die Maßnahme wird seit Tagen erbittert gestritten.
Das Coronavirus geht nach Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) besonders stark bei Kindern ab dem Vorschulalter und Heranwachsenden bis zum Teenager-Alter um. Grund dafür ist auch die vergleichsweise niedrige Impfquote, die in der Gruppe der Zwölf- bis 17-Jährigen bei rund einem Drittel liegt. Mit der Zulassung eines Impfstoffs für Kinder im Alter von fünf bis elf wird erst Anfang des kommenden Jahres gerechnet.
Die Sieben-Tage-Inzidenz ist in der Gruppe der Fünf- bis 14-Jährigen am höchsten, liegt bei einem Wert von 152,5 und ist im Vergleich zur Vorwoche um mehr als 15 Prozent gestiegen. Über alle Altersgruppen hinweg beträgt die Inzidenz 64,7 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner. Gleichzeitig ist die Zahl der schweren Fälle bei jüngeren Menschen deutlich geringer als bei Erwachsenen.
Positiv Getestete sowie Schülerinnen und Lehrer, die in direktem Kontakt zu der infizierten Person standen, müssen laut dem Bund-Länder-Beschluss von Anfang September in Quarantäne. Kontaktpersonen können sich allerdings nach fünf Tagen freitesten lassen. Geimpfte und Genesene Schülerinnen sind von der Isolation ausgenommen.
Was für die Abschaffung der Maskenpflicht an Schulen spricht
Einige Ärztevertreter bezeichnen die generelle Fortsetzung der Maßnahme an Schulen als „unangemessen“, wie etwa der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach.
Ärztepräsident Klaus Reinhardt äußerte sich ähnlich: „Es ist völlig unangemessen, dass Kinder und Jugendliche stundenlang im Unterricht eine Maske tragen müssen, während die Erwachsenen abends maskenlos ins Lokal gehen können“, sagte er.
Mehrere Kinder- und Jugendmediziner hatten Anfang September zudem in einem offenen Brief für weniger strenge Maßnahmen geworben: Kinder und Jugendliche erkrankten selbst nur in seltenen Fällen schwer und würden in der Regel schnell genesen.
Auch Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) äußerte Verständnis für das Ende der Maskenpflicht an Schulen: „Das Tragen von Masken beeinträchtigt einen normalen Unterricht und ist für die Schülerinnen und Schüler belastend“, sagte sie der Düsseldorfer „Rheinischen Post“.
„Allerdings muss bei einer Lockerung der Maskenpflicht weiter oder sogar vermehrt in den Schulen getestet werden“, verlangte sie vor allem mit Blick auf die Zeit nach den Herbstferien. „Denn dann kann es nach den Erfahrungen aus der Vergangenheit durchaus sein, dass die Infektionszahlen wieder steigen. Nach wie vor ist eine Infektionsprävention an den Schulen auch zum Schutz der Kinder und Jugendlichen wichtig.“ Auch Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte Lockerungen bei der Maskenpflicht an Schulen begrüßt.
Was gegen die Abschaffung der Maskenpflicht an Schulen spricht
Lehrerverbände und viele Experten halten den Kurswechsel vor allem mit Blick auf den Winter für verfrüht, weil in den Klassenräumen keine Abstandsregeln gelten, dort altersbedingt viele Ungeimpfte sitzen und die Zahl der Infektionen gerade unter jungen Menschen hoch ist.
Sie argumentieren, dass auch Kinder schwer erkranken können und weisen auf mögliche Langzeitfolgen (Long Covid) hin. Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, bemängelt: „Man sollte weiter Vorsicht walten lassen und die Infektionen nicht durchlaufen lassen, auch wenn schwere Krankheitsverläufe bei Kindern sehr selten sind“, sagte Watzl. Für die Kinder und Jugendlichen zwischen zwölf und 17 Jahren sei schon gezeigt worden, dass die Impfung im Vergleich zur Ansteckung das geringere Risiko bedeute.
Die Virologin Melanie Brinkmann vom Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung sagte am Wochenende, die Abschaffung der Maskenpflicht komme „bei der hohen Anzahl an Nicht-Geimpften“ zu früh - und sei „ehrlich gesagt ziemlich dumm“. Der Nutzen der Maßnahme sei wissenschaftlich erwiesen und koste fast nichts.
Und Jörg Dötsch, Präsident der Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin, sagte: „Wenn dann im Winter doch wieder ganze Klassen in Quarantäne müssen oder gar Schulen schließen, haben wir etwas ganz Gravierendes falsch gemacht.“ Die Masken bildeten „ein zentrales Element in den kommenden zwei Monaten“.
Auch der Städte- und Gemeindebund hat vor einer vorschnellen Aufhebung der Maskenpflicht an Schulen gewarnt. Schülerinnen und Schüler seien eine besonders gefährdete Gruppe, sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Sie könnten zum großen Teil noch nicht geimpft werden und müssten über viele Stunden auf vergleichsweise engem Raum täglich am Unterricht teilnehmen. „Deswegen ist es weiterhin wichtig, dass Schülerinnen und Schüler regelmäßig getestet werden und insbesondere in Gebieten, wo die Inzidenzzahlen vergleichsweise hoch sind, auch an der Maskenpflicht festgehalten wird.“
Mit Agenturmaterial
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Dieser Artikel ist tendenziös und für eine Zeitung wie dem Handelsblatt unwürdig. Ihr Narrativ „Einige Ärztevertreter“ vs. „viele Experten“ ist nicht haltbar!