Konferenz der Gesundheitsminister Gesundheitsminister einigen sich auf verkürzte Schüler-Quarantäne und Booster-Impfung für über 60-Jährige

Bislang gehen die Länder bei einer Quarantänedauer von 14 Tagen unterschiedlich damit um, sollte sich in einer Klasse ein infizierter Schüler finden.
Berlin Die Gesundheitsminister der Länder haben sich mehrheitlich für einfachere Quarantäne-Regeln bei Coronafällen in Schulklassen ausgesprochen. Grundsätzlich solle bei einem Fall nicht mehr für den gesamten Klassenverband Quarantäne angeordnet werden, heißt in einem Beschluss nach Beratungen mit dem Bund am Montag.
Der Vorsitzende der Länder-Ressortchefs, Klaus Holetschek (CSU) aus Bayern, sagte, dies solle als „Leitplanken“ an die Gesundheitsämter weitergegeben werden. Ziel sei guter Infektionsschutz und so viel Präsenzunterricht wie immer möglich. Der Beschluss wurde laut Holetschek bei Enthaltung zweier Bundesländer angenommen.
Kinder, die als enge Kontaktpersonen in Quarantäne geschickt werden und keine Symptome haben, sollen diese demnach frühestens nach fünf Tagen mit einem negativen Test beenden können. Dabei sollen die Gesundheitsämter vor Ort im Einzelfall auch abweichend entscheiden können. Quarantäne-Anordnungen sollen generell „mit Augenmaß“ und abhängig von Schutzkonzepten mit Lüftung, Tests und dem Tragen von medizinischen Masken erlassen werden.
Bislang gehen die Länder bei einer Quarantänedauer von 14 Tagen unterschiedlich damit um, sollte sich in einer Klasse ein infizierter Schüler finden. Teilweise werden nur Sitznachbarn in Quarantäne geschickt, teils ganze Klassen.
Die Länder-Gesundheitsminister beschlossen außerdem, das Angebot für Auffrischungs-Impfungen auszuweiten. „Künftig können auch Bürgerinnen und Bürger über 60 Jahren nach ärztlicher Beratung und individueller Entscheidung eine Drittimpfung wahrnehmen – aber frühestens sechs Monate nach der ersten vollständigen Impfserie“, sagte Holetschek.
Angeboten werden solle dies zudem auch Pflegekräften in Alten- und Pflegeheimen und weiteren Einrichtungen für gefährdete Gruppen. Möglich sind Auffrischungsimpfungen unter anderem schon für Pflegebedürftige, Menschen mit Immunschwäche und ab 80 Jahren.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte sich vor der Konferenz bereits für einfachere Quarantäne-Regeln für Schüler ausgesprochen, dafür aber auf Schutzkonzepte gepocht. „Dann ist aus unserer Sicht diese alltagstauglichere und gleichzeitig Schutz bietende Lösung möglich“, sagte Spahn vor Beratungen mit den Länder-Gesundheitsministern am Montagnachmittag. Die von Spahn genannten Maßnahmen fanden sich weitestgehend so auch in der Beschlussvorlage zu dem Treffen wieder, das dem Handelsblatt vorliegt.
Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses Erwin Rüddel (CDU) forderte darüber hinaus eine länderübergreifende Erleichterung bei der Maskenpflicht im Unterricht. „Durch die regelmäßigen Tests und die neu geschaffene Möglichkeit, den Impfstatus der Lehrer abzufragen, hielte ich eine solche Lockerung für vertretbar“, sagte Rüddel dem Handelsblatt.
Grüne halten Quarantäneregelungen nicht für praktikabel
Der Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen hält die Quarantäneregelungen hingegen „weder aus medizinischer Sicht noch aus organisatorischer Sicht, also für Schulen, Familien und die Gesundheitsämter, für praktikabel.“ Schüler würden im Laufe eines Tages mehrfach ihre Sitznachbarn wechseln. „Die entstehende Komplexität für die Kontaktnachverfolgung und Ausstellung von Quarantäneanweisungen wäre von den Gesundheitsämtern schon im Normalbetrieb nur schwer zu stemmen“, sagte Dahmen.
Dass die Gesundheitsminister allerdings einheitlich vorgehen wollen, begrüßte Dahmen grundsätzlich. „Gleichzeitig bleibt es aber unverständlich, warum die Bundesregierung die bereits bestehenden, an die Inzidenz gekoppelten, einheitlichen Maßnahmen aus dem Infektionsschutzgesetz wieder herausnimmt und damit den Ländern erst wieder die Möglichkeit uneinheitlicher Maßnahmen gibt“, sagte er mit Blick auf die Änderung des Infektionsschutzgesetzes, die am Dienstag im Bundestag beschlossen werden soll.
Die darin vorgesehen Auskunftspflicht über den Impfstatus für bestimmte Berufsgruppen soll nach dem Willen von CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet auf alle Berufsgruppen ausgeweitet werden. „Der Arbeitgeber muss wissen, wer im Betrieb geimpft ist, um Schutzmaßnahmen ergreifen zu können“, sagte der CDU-Vorsitzende am Montag beim „Wahlcheck“ der „Heilbronner Stimme“. Allerdings dürften Nicht-Geimpfte nicht diskriminiert werden. „Man muss das behutsam machen.“
Bislang gehen die Länder bei einer Quarantänedauer von 14 Tagen unterschiedlich damit um, sollte sich in einer Klasse ein infizierter Schüler finden. Teilweise werden nur Sitznachbarn in Quarantäne geschickt, teils ganze Klassen. Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) sagte, eine große gemeinsame Linie der Länder würde für sehr viel Akzeptanz gerade bei Eltern sorgen. Präsenzunterricht sollte, soweit es gehe, dauerhaft möglich gemacht werden.
Karliczek kündigte außerdem an, dass der Bund sechs Projekte zur Entwicklung von Medikamenten gegen Covid-19 mit rund 150 Millionen Euro unterstützen will. „Wir sind optimistisch, dass am Ende der Prüfungen tatsächlich wirksame Medikamente stehen, die dann zugelassen werden können“, sagte sie. Konkret geht es um die deutschen Firmen AdrenoMed, Apogenix, Atriva Therapeutics, Corat Therapeutics, InflaRX sowie die DRK Baden-Württemberg-Hessen, die die Projekte koordiniert.
Neue Testverordnung
Derweil sollen Kinder von zwölf bis 17 Jahren sollen voraussichtlich noch bis Ende November kostenlose Corona-Schnelltests bekommen können. Das geht aus einem Entwurf des Bundesgesundheitsministeriums für eine neue Testverordnung hervor, die das geplante generelle Ende der Gratis-Tests für alle Bürger zum 11. Oktober umsetzen soll und dem Handelsblatt vorliegt.
Anspruch auf kostenlose Tests sollen demnach bis zum 30. November auch Personen ohne Symptome haben, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Generell möglich bleiben sollen Gratis-Tests für alle, die sich nicht impfen lassen können – darunter Kinder unter zwölf Jahren, für die es bisher keinen zugelassenen Impfstoff gibt, sowie etwa auch Schwangere.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten hatten beschlossen, dass das vom Bund finanzierte Angebot für kostenlose Bürgertests für alle enden soll – ab 11. Oktober sollen sie in der Regel selbst zu bezahlen sein. Da inzwischen allen ein unmittelbares Impfangebot gemacht werden könne, sei eine dauerhafte Übernahme der Kosten durch den Steuerzahler nicht angezeigt, hieß es im Beschluss.
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