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Interview Staatsrechtler Degenhart: „Bund könnte einen flächendeckenden Lockdown verhängen“

Angela Merkel will in der Pandemie-Bekämpfung die Durchgriffsrechte des Bundes stärken. Der Leipziger Staatsrechtler Degenhart hält das für möglich.
29.03.2021 - 15:23 Uhr Kommentieren
Geschlossene Geschäfte in Deutschland. Quelle: dpa
Lockdown

Geschlossene Geschäfte in Deutschland.

(Foto: dpa)

Berlin Nach Einschätzung des Leipziger Staatsrechtlers Christoph Degenhart könnte die Bundesregierung im Kampf gegen die Corona-Pandemie das Ruder übernehmen. „Das ist möglich“, sagte Degenhart dem Handelsblatt. „Der Bund könnte durch ein sogenanntes Maßnahmegesetz einen flächendeckenden Lockdown, also Ausgangssperren oder die Schließung von Läden, für einen bestimmten Zeitraum verhängen.“

Möglich sei auch, durch ein Bundesgesetz die Bundesregierung hierzu zu ermächtigen. Der Bund müsse sich dabei aber immer „im Rahmen der Verhältnismäßigkeit“ bewegen, mahnt er. Degenhart hält eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes für ausreichend. „Der Bundestag müsste das Gesetz beschließen“, sagte Degenhart.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor Gesetzesverschärfungen auf nationaler Ebene ins Spiel gebracht. Eine Möglichkeit wäre, „das Infektionsschutzgesetz noch mal anzupacken und ganz spezifisch zu sagen, was muss in welchem Fall geschehen“, sagte Merkel am Sonntagabend in der ARD-Sendung „Anne Will“.

Bundesinnenminister Horst Seehofer plädierte ebenfalls für eine Präzisierung des Infektionsschutzgesetzes. Alternativ schlug er ein eigenes Gesetz vor, in dem dann genau geregelt sei, „was bei welcher Inzidenz zu geschehen hat“.

Lesen Sie hier das komplette Interview:

Herr Degenhart, kann der Bund die Bekämpfung der Pandemie so regeln, dass er einen flächendeckenden Lockdown durch ein Bundesgesetz verhängen kann?
Das ist möglich. Der Bund könnte durch ein sogenanntes Maßnahmegesetz einen flächendeckenden Lockdown, also Ausgangssperren oder die Schließung von Läden, für einen bestimmten Zeitraum verhängen. Möglich ist auch, durch ein Bundesgesetz die Bundesregierung hierzu zu ermächtigen. Aber immer nur im Rahmen der Verhältnismäßigkeit.

„Wenn wiederholt Gesetze im Eilverfahren durchgepeitscht werden, ist das unserer Verfassungskultur nicht zuträglich“, sagt Staatsrechtler Christoph Degenhart. Quelle: Nicola Quarz
Christoph Degenhart

„Wenn wiederholt Gesetze im Eilverfahren durchgepeitscht werden, ist das unserer Verfassungskultur nicht zuträglich“, sagt Staatsrechtler Christoph Degenhart.

(Foto: Nicola Quarz)

Kann der Bund eine solche rechtliche Regelung treffen, ohne die Ministerpräsidenten oder andere Mitwirkende auf Länderebene zu beteiligen?
Der Bundesrat ist zu beteiligen.

Muss er auch zustimmen?
Ob er zustimmen muss, hängt von der konkreten Fassung des Gesetzes ab.

Das heißt?
Sollte das Gesetz eine Ermächtigung zum Erlass von Verordnungen durch die Bundesregierung enthalten, muss der Bundesrat zustimmen. Es sei denn, das Gesetz sieht schon vor, dass jede einzelne Verordnung nur mit Zustimmung des Bundesrats ergehen darf.

Müssten sich die Länder an eine solche Regelung halten?
Der Vollzug des Gesetzes liegt bei den Ländern. Auf deren Kooperationsbereitschaft ist der Bund also angewiesen. Aber natürlich müssen sie sich an geltendes Recht halten.

Müsste der Bundestag ein solches Gesetz beschließen, oder kann das Bundeskabinett eigenverantwortlich handeln?
Der Bundestag müsste das Gesetz beschließen.

Wäre für ein eigenständiges Handeln des Bundes ein Extragesetz notwendig, oder könnte das Infektionsschutzgesetz entsprechend ergänzt werden?
Eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes wäre ausreichend.

Ist eine solche Gesetzesänderung überhaupt erforderlich? Das Infektionsschutzgesetz sieht doch nach der letzten Änderung bereits einen Katalog möglicher Schutzmaßnahmen vor. Hat der Bund hier nicht schon die Möglichkeit, die Umsetzung dieser Maßnahmen zu erzwingen?
Nach geltender Gesetzeslage sind es die Länder, die für die Ausführung des Infektionsschutzgesetzes zuständig sind. Zwar unterliegen sie hier der Aufsicht des Bundes, die Möglichkeiten des Bundes, die Länder zu zwingen, sind jedoch sehr begrenzt und auch wenig praktikabel.

Wie schnell könnte eine Verschärfung des Infektionsschutzgesetzes erfolgen?
Wir haben bei der letzten Änderung ja gesehen, dass das innerhalb weniger Tage geschehen kann. Wenn aber wiederholt Gesetze im Eilverfahren durchgepeitscht werden, obwohl hinreichend Zeit zur Vorbereitung gegeben war, ist das unserer Verfassungskultur nicht eben zuträglich. Man hätte sich eine solche Gesetzesänderung ja auch früher überlegen können.

Herr Degenhart, vielen Dank für das Interview.

Mehr: „Werde nicht zuschauen, dass wir 100.000 Infizierte haben“: Merkel geht mit Ländern hart ins Gericht

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