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Neue Posten Macht und Gehalt zu verteilen

Die Parlamentarier werden in den ersten Sitzungen des Jahres mit der Arbeit beginnen und wichtige Ämter besetzen – auch ohne Regierung. Es geht um Macht und Karrieren. So manch einer hat sich schon lukrativ abgesichert.
01.01.2018 - 17:00 Uhr Kommentieren
Viele Posten müssen neu besetzt werden. Quelle: imago/photothek
Regierungsviertel in Berlin

Viele Posten müssen neu besetzt werden.

(Foto: imago/photothek)

Berlin Zwei Wochen noch, dann erlebt der Deutsche Parlamentarismus ein Novum: Der Bundestag wird in seiner ersten Sitzung des neuen Jahres Ausschüsse einsetzen und mit seiner Arbeit beginnen – obwohl noch nicht feststeht, ob es eine Regierung geben wird und wer sie bildet. Nach den gescheiterten Gesprächen von Union, FDP und Grünen wollen CDU, CSU und SPD erste Gespräche erst am 7. Januar beginnen. Die Abgeordneten wollen nicht mehr warten.

Vor allem die Unionsfraktion hat bislang auf eine Regierung gehofft, gilt es doch nach der Koalitionsbildung als Privileg der stärksten Fraktion, die entscheidenden Positionen zu besetzen. „Jetzt machen wir es umgekehrt“, sagt der Chef der Landesgruppenvorsitzenden der Unionsfraktion, Eckhardt Rehberg. Er trägt den inoffiziellen Titel des „Chef-Teppichhändlers“ der Fraktion, ist Chef der Abgeordneten aus Mecklenburg-Vorpommern und muss mit den anderen Chefs der Landesgruppen allein „mehrere Hundert“ Positionen besetzen, wie er schätzt. Zum einen werden die 246 Unionsabgeordneten in die 23 neuen Ausschüsse entsandt, die wie in der vergangenen Legislaturperiode die alten sein werden – ungeachtet dessen, welche Ministerien es in einer späteren Regierung geben wird. „Wer in der vergangenen Legislatur in einem Ausschuss vertreten war und dort bleiben will, der bleibt auch“, gibt Rehberg die Richtung der Union vor.

Vor allem ist nun der Basar für einflussreiche Positionen in der Fraktion eröffnet: Obleute gibt es, Sprecher für die Sachthemen, parlamentarische Geschäftsführer, Beisitzer, stellvertretende Fraktionsvorsitzende und den Fraktionschef selbst. Der ist zwar mit Volker Kauder bereits bestimmt – aber auch nur für ein Jahr. Im September steht die Neuwahl an. Ein Widersacher, Finanzstaatssekretär Jens Spahn, hat schon damit gedroht zu kandidieren.

Das Geplänkel zeigt: Es geht um das alles Entscheidende – um Macht. Entsprechend versucht jeder Landesgruppenchef, so viele Positionen wie möglich mit seinen Landsleuten zu besetzen. So gibt es mächtige Ausschüsse wie den Haushaltsausschuss und weniger wichtige wie den für Sport. Besonders heikel wird es bei den Führungsposten in der Fraktion, dem Machtzentrum. Hier ist etwa die Position des Fraktionsvize für Wirtschaft vakant. „Mr. Wirtschaft“, Michael Fuchs, hat nicht mehr kandidiert. Nun, heißt es, dränge der Niedersachse Mathias Middelberg auf das Amt, was indes die mächtigen Landesgruppen Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg ablehnen sollen. Sympathien bestünden indes für Thomas Bareiß, der aber Baden-Württemberger ist. Viele von ihnen haben bereits wichtige Ämter inne, angefangen mit dem des Bundestagspräsidenten (Wolfgang Schäuble) und des Fraktionschefs (Kauder). Die Teppichhändler um Rehberg müssen einen Ausgleich finden.

Da die Fraktion bereits im Januar alle Posten besetzen wird, könnte am Ende der eine oder andere parlamentarische Staatssekretär ohne Posten dastehen – so denn etwa die Union ein Ministerium an die SPD abgeben muss. „Es kann zu Kalamitäten kommen, wenn die Regierung gebildet wird“, bestätigt Rehberg. Und nicht nur das: Als sich in den vergangenen Monaten eine Jamaika-Regierung anbahnte, suchten mehrere Spitzenbeamte gut dotierte Positionen bei Bundesbehörden oder -unternehmen. Haushaltsstaatssekretär Werner Gatzer (SPD) wechselte etwa zum Jahreswechsel zu einer Tochter der Deutschen Bahn.

Und auch Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth hat sich absichern können: Seit November ist er Vorsitzender der Geschäftsführung der bundeseigenen Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ). Nach Angaben des Ministeriums erhält er ein Jahresgehalt von 280.000 Euro – und damit deutlich mehr als in seiner Funktion als Staatssekretär. Selbst Ministerin Barbara Hendricks (SPD) soll die Stirn gerunzelt haben. Flasbarth habe erwidert, die Finanzierung käme ja aus den Beträgen der Atomkraftwerksbetreiber, wie im Ministerium kolportiert wird.

Auf eine Anfrage des Handelsblatts betont das Ministerium, bei der Festlegung des Gehalts seien „das Umfeld sowie der Schwierigkeitsgrad der zu verantwortenden Aufgabe berücksichtigt“ worden. Alles andere wäre auch verwunderlich. Aber damit nicht genug: Das Ministerium schreibt, die sichere Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle in der Verantwortung des Bundes und der Aufbau der neuen Bundesgesellschaft stellten „eine große Herausforderung dar“.

Erst Ehrenamt, dann 280.000 Euro

Erstaunlich bei einer so großen Herausforderung ist dann aber, dass Flasbarth seine Tätigkeit zunächst nur ehrenamtlich ausübt. Erst wenn er als Staatssekretär ausscheiden sollte, wird er die Arbeit als Chef der BGZ hauptberuflich übernehmen. Der Hintergrund: Als die Personalie im Oktober bekannt wurde, deutete noch alles auf eine Jamaika-Koalition hin. Flasbarth hätte seinen Posten im bislang SPD-geführten Ministerium voraussichtlich räumen müssen. Jetzt könnte es wieder auf Schwarz-Rot hinauslaufen. Damit hat Flasbarth möglicherweise wieder eine Zukunft als Staatssekretär. Im Ministerium sorgt diese berufliche Konstruktion deshalb für Kopfschütteln. „Da hält sich jemand alle Optionen offen“, heißt es im Haus.

Insgesamt kann eine neue Regierung mehr als 1000 Positionen im Laufe der Legislatur neu besetzen. Zu den Fraktions- und Regierungsposten kommen noch frei werdende Positionen bei Bundesbeteiligungen, in Behörden und an Gerichten, in Beiräten und Stiftungen bis hin zur Besetzung internationaler Positionen. Einiges ist derzeit oder in naher Zukunft vakant. Vor allem bei den lukrativen Positionen wird während der Koalitionsverhandlungen in Nebenabreden bestimmt, welche Partei welche Position besetzen darf.

Zu den Posten wird auch der des Bundesbank-Präsidenten gehören. Jens Weidmann ist zwar noch jung, im April wird er erst 50 Jahre alt. Dennoch könnte ihm nur ein Jahr später schon der einstweilige Ruhestand drohen. Denn nach acht Jahren läuft Weidmanns Vertrag bei der Bundesbank am 30. April 2019 turnusgemäß aus.

Das Amt des Bundesbank-Präsidenten ist sicher eines der wichtigsten, aber längst nicht der einzige Posten, den die künftige Regierung in nächster Zeit neu besetzen muss. In den kommenden vier Jahren werden etliche staatliche Schlüsselpositionen frei, mit denen sich die Parteien ihren Einfluss in der Verwaltung auf Jahre hinaus zementieren. Denn häufig sind die Chefs nachgelagerter Bundesbehörden in der Öffentlichkeit zwar wenig bekannt, aber ihr Einfluss ist oft so groß wie der eines Spitzenpolitikers. Und da die Posten häufig zudem besser dotiert sind, ist der Kampf um einen Platz bei der Bundesstellenbörse groß. 

So verdiente etwa KfW-Chef Ulrich Schröder 2016 stolze 1,1 Millionen Euro. Wohl mancher Politiker machte sich deshalb Hoffnungen auf den Job an der Spitze der Entwicklungsbank. Schröders Vertrag wäre in dieser Wahlperiode ausgelaufen. Anfang Dezember aber reichte Schröder seinen Rücktritt ein, die Nachfolge wurde intern geregelt. Allerdings können Politiker noch auf die „einfachen“ Vorstandsposten spekulieren, denn auch sie sind lukrativ: KfW-Vorstände streichen rund eine halbe Million im Jahr ein – und damit mehr als die Kanzlerin.

Etwas geringer ist die Vergütung für den wohl wichtigsten Posten, den die neue Bundesregierung in den nächsten Jahren besetzen muss. Am 30. November 2019 endet der Vertrag von Mario Draghi, dem Chef der Europäischen Zentralbank (EZB). Das ist zwar noch ein Weilchen hin, aber aufgrund ihrer Bedeutung wirft die Personalie längst ihren Schatten voraus. Kaum jemand in der Europäischen Währungsunion ist so einflussreich wie der EZB-Chef, in der Euro-Krise ist er für viele zum heimlichen Herrscher Europas aufgestiegen.

Gerangel um den EZB-Chef

Die Bundesregierung trifft die Entscheidung über Draghis Nachfolge zwar nicht allein, sondern im Konsens mit den anderen Euro-Staaten. Aber sie hat ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. Und schon im Wahlkampf hat zumindest die Union klar zu erkennen gegeben, dass sie gern Bundesbank-Präsident Weidmann als Nachfolger Draghis sähe. Es könnte also sein, dass Weidmann tatsächlich Ende April 2019 aus der Bundesbank ausscheidet – um dann wenige Monate später ein noch bedeutenderes Amt zu übernehmen.

Finanziell lohnen würde sich für Weidmann der Sprung nicht. Als Bundesbank-Chef verdiente er zuletzt mit 444.000 Euro im Jahr etwas mehr als Draghi. Doch auch mit diesem Salär steht er deutlich besser da als etwa ein Staatssekretär. Da auch Weidmanns Vorstandskollegen nicht viel weniger verdienen, ist für viele Politiker ein Wechsel zur Notenbank lukrativ. Mehrere Spitzenbeamte der Großen Koalition sollen während der Jamaika-Sondierungen bereits Interesse signalisiert haben, die Nachfolge für den im kommenden Frühjahr aus dem Bundesbank-Vorstand scheidenden Carl-Ludwig-Thiele zu übernehmen. Die Personalie würden Union und SPD bereits in Koalitionsverhandlungen festlegen.

Doch nicht nur bei den Notenbanken stehen entscheidende Neubesetzungen an. Auch viele Bundesbehörden suchen in den nächsten vier Jahren einen neuen Chef. Etwa das Umweltbundesamt, das mit seinen Studien und Einwürfen zur Energiewende immer für Aufsehen sorgt. Auch beim Bundeszentralamt für Steuern muss ein Nachfolger für Präsident Eberhart Petersen gefunden werden. Die Behörde ist mit zuständig für den Kampf gegen Umsatzsteuerbetrug und die Aufdeckung der Steuerskandale um Cum-Ex und Cum-Cum. Ebenfalls frei wird die Spitze des Kraftfahrt-Bundesamtes, das im Dieselskandal keine rühmliche Rolle spielte, und die des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa), das an Entscheidungen über Rüstungsexporte und Embargos entscheidend beteiligt ist.

Richtig viele Toppositionen werden auch in der Justiz frei. So laufen die Verträge der Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesamtes für Justiz und des Bundesfinanzhofs bis zum Jahr 2021 aus. Auch wird ein Nachfolger für den Vizepräsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof, gesucht. Und beim Technischen Hilfswerk wird ebenfalls ein Spitzenamt vakant, das mit über 100.000 Euro im Jahr dotiert ist.

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