Verkehr Leere Baustellen und kilometerweiter Stau: Chaos bei der Autobahngesellschaft

Bundesweit erleben Urlauber wie auch Transporteure zahlreiche kilometerlange Baustellen.
Berlin Seit Juni regiert auf den Straßen rund um den Hamburger Hafen das reinste Chaos. Elf offizielle Baustellen auf den Autobahnen und Ausweichstrecken hat Axel Plaß gezählt, dessen Fahrer jeden Tag in den Hafen einfahren, um Waren abzuholen oder anzuliefern.
Brauchte ein Lkw normalerweise für die neun Kilometer lange Strecke von Rothenburgsort nach Wilhelmsburg eine halbe Stunde, so sind es inzwischen „vier bis fünf Stunden“, wie der Chef der Spedition Konrad Zippel Spediteur GmbH & Co. KG berichtet.
Es müssten zusätzliche Fahrzeuge eingesetzt werden, um den Warenverkehr aufrechtzuerhalten, was aber wieder mehr Verkehr bedeute. „So viele Preiserhöhungen können Sie gar nicht durchsetzen, um den Schaden zu minimieren“, sagt Plaß, der im Ehrenamt auch Vorsitzender des Verbands Straßengüterverkehr und Logistik Hamburg ist und überdies Präsident des Bundesverbands Spedition und Logistik.
Nicht nur in Hamburg gibt es Ärger mit den Baustellen. Bundesweit erleben Urlauber wie auch Transporteure zahlreiche kilometerlange Baustellen, ob nun in Hamburg, im Ruhrgebiet oder rund um Berlin. „Elf Kilometer Stau vor einer Baustelle“, heißt es dann im Verkehrsfunk wie etwa in Ostdeutschland.
Mal sind es elf oder mehr Kilometer, dann wieder sechs oder fünf, bevor die Fahrer erleben, dass auf den Baustellen so gut wie gähnende Leere herrscht. „Es fehlt das Personal und Rechnungen sind nicht bezahlt“, berichten Insider der Autobahngesellschaft. In anderen Landesteilen berichten Betriebsräte, es herrsche „immer noch Ausnahmezustand“.
Die alten Probleme sind auch die neuen
Bauunternehmen blieben auf ihren Rechnungen sitzen und haben deswegen schon die Arbeiten auf Baustellen eingestellt. Dabei hatte die Autobahngesellschaft seit ihrem offiziellen Start im Januar längst Besserung gelobt.

Es müssen häufig zusätzliche Fahrzeuge eingesetzt werden, um den Warenverkehr aufrechtzuerhalten, was aber wieder mehr Verkehr bedeutet.
Das Bundesverkehrsministerium, das die Reform in viel zu kurzer Zeit umsetzen wollte und deshalb verantwortlich für das Chaos ist, hat auf eine Anfrage der FDP im Bundestag erklärt, die Verzögerungen bei der Rechnungsbearbeitung seien „sehr weitgehend behoben“. Sicherheitshalber muss die Gesellschaft dem Ministerium indes „bis auf Weiteres wöchentlich“ berichten.
Auch bei der Genehmigung von Schwertransporten hakt es. „Die Anträge stapeln sich weiter“, berichtet Wolfgang Draaf, Hauptgeschäftsführer der Bundesfachgruppe Schwertransporte und Kranarbeiten (BSK).
Es dauere immer noch „drei bis vier Wochen“, bis die Transportgenehmigung erteilt werden könne. Und anstatt dass wie früher ein Polizeifahrzeug den Transport begleite, seien es heute drei Fahrzeuge der Autobahn. Entsprechend seien die Nebenkosten für Schwertransporte von 100 bis 150 Euro auf 1300 bis 1400 Euro gestiegen.
Transporteur Plaß hat sich gemeinsam mit den Chefs des Unternehmensverbands Hafen Hamburg und dem Verein Hamburger Spediteure bei Hamburgs Erstem Bürgermeister, Peter Tschentscher (SPD), beschwert. „Für Hamburg als Wirtschaftsmetropole mit einem Welthafen ist es kein positives Aushängeschild, wenn der Straßenverkehr komplett zum Erliegen kommt“, warnen sie und errechnen allein für das Beispiel Mehrkosten von 17.000 Euro im Monat. „Die Ursache hierfür könnte in diesem Fall eine nicht optimal abgestimmte Baustellenkoordination zwischen Hamburg und dem Bund sein.“

Zuständig für die Autobahnen ist seit Jahresbeginn nicht mehr das Land, sondern der Bund.
In der Tat: Zuständig für die Autobahnen ist seit Jahresbeginn nicht mehr das Land, sondern der Bund. Die Autobahngesellschaft soll als zentrale Behörde, organisiert als GmbH, Betrieb, Bau und Erhalt der Autobahnen besser steuern als jahrzehntelang zuvor die Länder, die sich auch um die Landes- und Kreisstraßen kümmern. Weil beim Baustellenmanagement aber nun zwei Instanzen zuständig sind, das Land mit den Ausweichstrecken und der Bund für die Autobahn, gibt es neuen Abstimmungsbedarf.
Bund und Länder müssen sich nun abstimmen
In Hamburg fehlt die Koordination zwischen der Autobahngesellschaft des Bundes und dem Land. Der einstige Baustellenkoordinator der Hanseaten ist zum Bund gewechselt, wie Plaß berichtet. Während die Gesellschaft baut, baut der Senat auf den Ausweichstrecken – mit fatalen Folgen.
„Wenn jeder macht, was er will, dann kommt es zu diesem Chaos“, resümiert Plaß. „Es wird den einen oder anderen Unternehmer die Existenz kosten.“ Das scheint indes die Verantwortlichen nicht zu stören, auch nicht Hamburgs Bürgermeister. „Unser Brandbrief ist unbeantwortet geblieben“, berichtet Plaß. Er sei „mehr als enttäuscht“.
Seine Fahrer berichten ihm täglich von Baustellen, die zwar aufgebaut, aber nicht in Betrieb sind, oder von Teilstrecken, die fertiggestellt, aber nicht freigegeben sind – und von viel zu langen Baustellen. In der Zentrale der Autobahngesellschaft heißt es offiziell: „Das Ziel ist stets die Vermeidung und Verringerung baustellenverursachter Beeinträchtigungen für den Verkehr.“
Nach eigenem Bekunden plant die Gesellschaft ein bundesweites Baustellenmanagement. Dabei sollen die Baustellen nicht nur regional, sondern auch auf den großen Korridoren abgestimmt werden.
So sollen „stets leistungsfähige Alternativrouten im Autobahnnetz zur Verfügung stehen.“ Im besten Fall soll der Autobahnnutzer nicht mehr im Stau stecken bleiben oder sich während der Durchfahrt fragen, warum auf der Baustelle nichts los ist.
Bei Tagesbaustellen sollen künftig IT-Managementsysteme zum Einsatz kommen und generell Straßen und Fahrzeuge vernetzt kommunizieren (C-ITS). Es geht um die „Einführung einheitlicher und verbindlicher Regelungen sowie den Einsatz moderner Planungs- und Verkehrsbeeinflussungssysteme für das Baustellenmanagement“.
Auch Lkw-Parkplätze verbessern
Den Transporteuren wäre dies nur recht. „Die Idee ist gut“, sagt Transportexperte Draaf. Und er hat noch eine weitere: „Obendrein wäre noch ein Parkplatzmanagementsystem gut.“ So könnten Lkw-Fahrer frühzeitig einen Parkplatz auf einer Anlage des Betreibers Tank & Rast reservieren.

Häufig mangelt es an Parkplätzen für die Lkws.
Das Problem ist seit Langem virulent, müssen die Fahrer doch die Rast- und Ruhezeiten einhalten und dann notfalls mit ihren Lastwagen im Bereich von Raststätteneinfahrten parken, wenn es sonst keinen Platz mehr gibt. „Es ist mehr als nur einiges im Argen“, sagt Unternehmer und Speditionslobbyist Plaß.
Vergangenen Freitag haben die Geschäftsführer der Autobahn erst einmal ihr Sommerfest gefeiert, zentral und chic im Kronprinzenpalais an Berlins Prachtboulevard Unter den Linden. Im Vorfeld hatte es indes auch bei dieser Aufgabe eine Panne gegeben: Ein Mitarbeiter hatte versehentlich die gesamten mehr als 10.000 Mitarbeiter eingeladen. Als sich die ersten Straßenwärter freudig anmeldeten, intervenierte die Geschäftsführung: Es durften doch nur die rund 700 Mitarbeiter der Zentrale teilnehmen.
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"Das Chaos wird den einen oder anderen Unternehmer die Existenz kosten." Warum kostet es nicht Herrn Scheuer die Existenz? Da werden einfach Rechnungen nicht bezahlt, Existenzen vernichtet und Zehntausende stehen täglich in völlig überflüssigen Staus, aber der Scheuer ist immer noch im Amt. Hier könnte der Söder Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen. Immer nur dem Laschet ans Bein zu pinkeln bringt für die Union wahrscheinlich nicht viel.
Der Transport könnte doch mit Lasten Fahrräder gemacht werden.. Ist doch ein Vorschlag der Grünen. Dann würden wir die Autobahn nicht mehr benötigen und hätten die Baustellen nicht. 2 Fliegen mit eine Klappe. Wenn das kein Wahlkampfthema für Grün ist.