Frankreich Drei Tote in Straßburg – Regierung ruft höchste Warnstufe aus

Einsatzkräfte der Polizei sichern einen Eingang zur Altstadt und damit zum Weihnachtsmarkt.
Paris Frankreich wird erneut von einem schweren Terroranschlag erschüttert. Bei einem Angriff am Straßburger Weihnachtsmarkt sind drei Menschen getötet worden, wie das französische Innenministerium in der Nacht zu Mittwoch bestätigte. Zwölf Menschen seien verletzt worden.
In der Folge des Anschlags habe Frankreich die nationale Sicherheitswarnstufe erhöht, sagte der französische Innenminister Christophe Castaner am Mittwochmorgen in Straßburg. Das bedeute etwa verstärkte Kontrollen an den Grenzen und auf Weihnachtsmärkten im ganzen Land.
Die Polizei in Straßburg teilte mit, dass sie von einem terroristischen Hintergrund ausgehe. Der mutmaßliche Täter war auch am frühen Mittwochmorgen noch auf der Flucht. Die Menschen wurden dazu aufgerufen, die Innenstadt Richtung Norden zu verlassen, sie sollten nicht in Richtung des südöstlich gelegenen Stadtteils Neudorf gehen, weil dort nach dem Flüchtigen gefahndet worden war. Der Täter war nach Angaben von Castaner der Polizei bekannt, er wurde sogar wegen Delikten in Frankreich und auch in Deutschland verurteilt.
Castaner traf in der Nacht in Straßburg ein. Staatspräsident Emmanuel Macron berief in Paris eine Krisensitzung ein. Er beriet sich am frühen Mittwochmorgen unter anderen mit Premierminister Édouard Philippe und Verteidigungsministerin Florence Parly.
In seiner ersten Wortmeldung nach dem tödlichen Anschlag sicherte er den Betroffenen die Solidarität des ganzen Landes zu. „Solidarität der gesamten Nation für Straßburg, unsere Opfer und ihre Familien“, schrieb Macron in der Nacht zum Mittwoch auf Twitter.
Frankreich wird seit Jahren von einer islamistischen Terrorserie erschüttert. Dabei wurden bislang fast 250 Menschen aus dem Leben gerissen.
Der mutmaßliche Täter hätte einem Medienbericht zufolge eigentlich am Dienstagmorgen verhaftet werden sollen. Wie der Sender France Info unter Berufung auf Polizeiquellen berichtete, war er jedoch nicht zu Hause. Dem 29-Jährigen wird demnach versuchter Mord vorgeworfen. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung Stunden vor den Schüssen sollen Granaten gefunden worden sein, wie der Sender und die Zeitung „Le Parisien“ am Dienstagabend berichteten. Der vermutlich radikalisierte Mann sei vor seiner Flucht von patrouillierenden Soldaten verletzt worden, meldete die Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf die Polizei.
Anti-Terror-Spezialisten der Pariser Staatsanwaltschaft übernahmen die Ermittlungen. Die Untersuchung wurde unter anderem dem Inlandsgeheimdienst DGSI übergeben, wie Justizkreise der Deutschen Presse-Agentur in Paris bestätigten.
Bei dem Zwischenfall waren am Abend Schüsse abgegeben worden. Die Polizei riegelte Teile der Innenstadt ab. Das Innenministerium in Paris sprach ohne weitere Details von einem „schwerwiegenden Ereignis der öffentlichen Sicherheit“. Bewohner sollten zu Hause bleiben.
Der tödliche Anschlag brachte auch die Abgeordneten des EU-Parlaments in eine Ausnahmesituation. Über Stunden hinweg saßen die Volksvertreter in dem Parlamentsgebäude in der Stadt im Elsass fest. Am frühen Mittwochmorgen teilte Parlamentspräsident Antonio Tajani seinen im Plenarsaal versammelten Kollegen dann mit, sie dürften das Parlamentsgebäude abseits des Stadtzentrums verlassen - allerdings nur auf eigenes Risiko.
Wer ins Stadtzentrum hinein wolle, dürfe dies ausschließlich in einem von der Polizei gesicherten Konvoi, betonte Tajani. „Es ist unmöglich, ohne solch einen Konvoi ins Zentrum zu gelangen“, fügte er hinzu.
Der CDU-Europaabgeordnete Sven Schulze hatte der „Bild“-Zeitung gegen Mitternacht die beklemmende Lage am Telefon geschildert - zu einer Zeit, als noch niemand in das Parlamentsgebäude hinein und auch niemand hinaus durfte: „Es sind immer noch mehrere hundert Menschen im Parlament. Abgeordnete, Mitarbeiter - als das Gebäude abgeriegelt wurde, herrschte Hochbetrieb. Die Stimmung ist sehr bedrückt. Viele fühlten sich an den Brüsseler Anschlag von 2016 erinnert.“
„Meine Gedanken sind bei den Opfern der Schießerei in Straßburg, die ich mit großer Entschiedenheit verurteile“, schrieb EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker im Kurznachrichtendienst Twitter. Straßburg sei eine symbolische Stadt für den Frieden und die europäische Demokratie. „Werte, die wir immer verteidigen werden.“ Die EU-Kommission stehe an der Seite Frankreichs.
Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert äußerte sich auf Twitter „erschüttert über die schreckliche Nachricht“ aus Straßburg. „Welches Motiv auch immer hinter den Schüssen steckt: Wir trauern um die Getöteten und sind mit unseren Gedanken und Wünschen bei den Verletzten. Hoffentlich gerät niemand mehr in Gefahr.“
„Schreckliche Bilder aus Straßburg. Im Herzen unserer europäischen Demokratie“, schrieb SPD-Chefin Andreas Nahles zu den Ereignissen. „Meine Gedanken sind bei den Opfern und Angehörigen. Ich hoffe der Täter wird schnell gefasst.“
Am deutsch-französischen Grenzübergang kontrollierte die Polizei am Abend Autos, die von Deutschland nach Frankreich fuhren. „Wir verstärken (...) aktuell die Kontrollen an der deutsch-französischen Grenze in diesem Bereich“, teilte die Bundespolizei Baden-Württemberg auf Twitter mit. Später twitterte sie, dass der Verkehr einer grenzüberschreitenden Straßenbahn eingestellt worden sei. „Sofern möglich vermeiden Sie bitte aktuell den Grenzübertritt im Bereich #Kehl“, hieß es weiter.
In Straßburg selbst war Sirenengeheul zu hören. Eine Straße südlich der Innenstadt war abgesperrt. Ein Mann, der sich der Absperrung näherte, wurde angewiesen, kehrtzumachen. Als er der Aufforderung nicht nachkam, richteten mehrere Sicherheitskräfte ihre Waffen auf ihn. Schließlich kehrte er um. Die Polizei bat auf Twitter darum, keine falschen Informationen zu verbreiten.
Der Straßburger Markt sollte schon einmal Ziel eines Attentats sein: Im Jahr 2000 wurde ein geplanter Sprengstoffanschlag einer algerischen Gruppe rechtzeitig verhindert.
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