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Weltwirtschaft „Keine Erholung vor dem weltweiten Ende der Pandemie“: IWF sieht Delta-Variante als Belastung für die Weltwirtschaft

Die Corona-Mutationen und die ungleiche Impfstoff-Verteilung stellen nach Auffassung des IWF das größte Risiko für die Erholung der Weltwirtschaft dar.  
27.07.2021 - 15:40 Uhr 1 Kommentar
Corona wird das Wachstum der Weltwirtschaft noch lange beeinträchtigen. Quelle: imago images/Chris Emil Jan§en
Hamburger Hafen

Corona wird das Wachstum der Weltwirtschaft noch lange beeinträchtigen.

(Foto: imago images/Chris Emil Jan§en)

Washington, Düsseldorf Auf den ersten Blick wollen die zwei Botschaften des Internationalen Währungsfonds (IWF) nicht so recht zusammenpassen: Auf der einen Seite eine Bestätigung und teilweise sogar Anhebung der bisherigen Wachstumsprognosen, auf der anderen Seite eine überraschend deutliche Warnung. „Aggressive Covid-Mutationen wie die Delta-Variante könnten die Weltwirtschaft über Jahre belasten“, stellt der Fonds in seinem aktualisierten World Economic Outlook (WEO) fest. Selbst Industrienationen mit guter Impfquote können nicht aufatmen, solange die Pandemie in anderen Ländern wütet. 

Ergo: „Eine dauerhafte Erholung ist nicht gesichert, bis die Pandemie weltweit bekämpft wurde“ – so formulierte es Gita Gopinath, Chefökonomin des IWF, am Dienstag in Washington.

Die Einschätzung des IWF teilt auch das Münchener Ifo-Institut. „Die zunehmenden Infektionen mit der Delta-Variante belasten die wirtschaftliche Erholung. Auch in Deutschland revidieren viele Unternehmen ihre Einschätzungen über den weiteren Verlauf der wirtschaftlichen Erholung, der Optimismus ist gedämpft“, sagt Fuest. Insofern bestehe ein „erhebliches gemeinsames Interesse an weltweitem Fortschritt bei den Impfungen“.

Dabei zeichnen die reinen Wachstumszahlen, die der IWF errechnet hat, zunächst ein positives Bild – zumindest teilweise. So soll die Weltwirtschaft im laufenden Jahr 2021 um 6,0 Prozent steigen,. Das ist der höchste Wert in den vergangenen 50 Jahren.. Diese Prognose Zahl bleibt unverändert im Vergleich zur letzten Konjunkturprognose, die der Fonds im April vorgelegt hatte. Im kommenden Jahr, also 2022, soll das globale Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 4,9 Prozent wachsen. Im Vergleich zur letzten Prognose ist das ein Plus von einem halben Prozent.

Allerdings stellt der IWF große Unterschiede zwischen Volkswirtschaften sowie Schwellen- und Entwicklungsländern fest, insbesondere in Asien. Viele Länder, unter anderem Deutschland und andere europäische Staaten, erholen sich allmählich vom Abschwung der Pandemie, weil die Wirtschaft öffnet und mehr Impfstoff zur Verfügung steht. In der EU sind 70 Prozent der Erwachsenen mindestens einmal geimpft, teilte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Dienstag mit und nannte die Entwicklung einen „Meilenstein“.

Auch „beispiellose fiskalische Anreize, insbesondere in den Vereinigten Staaten“, tragen laut IWF zum Aufschwung bei. Die USA hatten im März ein knapp zwei Billionen schweres Covid-Nothilfepaket auf den Weg gebracht. Die Wirtschaft in den USA soll in diesem Jahr um sieben Prozent wachsen, der IWF korrigierte die Prognose für 2021 um 0,6 Prozentpunkte nach oben. 

IWF: Deutschlands Wirtschaft wächst in diesem Jahr um 3,6 Prozent

Die guten Aussichten für 2022 stützen sich unter anderem auf die Annahme, dass die USA zusätzliche Konjunkturpakete verabschieden könnten. Anreize aus dem EU-Wiederaufbaufonds sorgten ebenfalls für eine Stabilisierung, so der IWF. Auch Japans Wachstumsprognose für das kommende Jahr habe sich verbessert, weil die Wirtschaft auf dem Weg zur vollständigen Wiedereröffnung sei. „In Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien wird im Laufe dieses Jahres eine ähnlich starke Dynamik erwartet, die sich bis 2022 fortsetzt“, heißt es im Report. 

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Grundsätzlich hebt der IWF seine Prognosen für die Euro-Zone leicht an – von 4,4 auf 4,6 Prozent (2021) beziehungsweise von 3,8 auf 4,3 Prozent (2022). In Deutschland sieht der Fonds für dieses Jahr keine Korrektur nach unten oder oben vor, das Wachstum bleibt demnach bei 3,6 Prozent. Für das kommende Jahr allerdings könnte das Wachstum auf 4,1 Prozent anziehen. Im April hatte der IWF noch ein Wachstum von 3,4 Prozent für 2022 vorhergesagt. 

Allerdings klafft die wirtschaftliche Entwicklung zwischen Industrieländern sowie Schwellen- und Entwicklungsländern immer weiter auseinander, so der IWF – was wiederum das globale Wachstum perspektivisch dämpfen könnte. Während fast alle großen Volkswirtschaften schneller wachsen, musste der IWF für Schwellen- und Entwicklungsländer eine Abwärtsrevision vornehmen.

Eine zentrale Rolle dabei spielt das unterschiedliche Impftempo und der Vormarsch der Delta-Variante. „Fast 40 Prozent der Bevölkerung in den Industrieländern sind vollständig geimpft, in den Schwellenländern sind es elf Prozent, in Entwicklungsländern nur ein Bruchteil“, heißt es im WEO. Der Zugang zu Impfstoffen sei „die wichtigste Bruchlinie, entlang derer sich die globale Erholung in zwei Blöcke aufspaltet“, erklärte der IWF.

Besonders asiatische Schwellen- und Entwicklungsländer werden im globalen Rennen um wirtschaftliche Erholung gebremst: Im April hatte der IWF ein Wachstum von 8,6 (2021) beziehungsweise 6,8 (2022) hervorgesagt, diese Prognose wurde nun auf 7,5 Prozent und 6,4 Prozent gesenkt. Indiens Wachstumsaussichten für 2021 korrigierte der Fonds nach einer neuen schweren Covid-Welle von 12,5 auf 9,5 Prozent. Chinas Prognose sinkt für das laufende Jahr leicht um 0,3 Prozentpunkte und wird nun bei 8,1 Prozent veranschlagt. 

Impfskeptiker werden in den USA zum Problem

IWF-Chefin Kristalina Georgiewa bekräftigte das Ziel von IWF und Weltbank, mindestens 50 Milliarden Dollar für weltweite Impfprogramme bereit zu stellen. Jedoch deutete sie an, dass der tatsächliche Bedarf an Impfungen – der bislang auf rund elf Milliarden Dosen geschätzt wurde – steigen werde. Grund seien die Nachfrage nach Auffrischungsimpfungen, sogenannten „Booster Shots“, sowie Pannen in der Logistik: In einigen Entwicklungsländern mangelt es an Kühlhäusern, um die Vakzine zu lagern.

Bis Ende Juni dieses Jahres wurden weltweit rund drei Milliarden Dosen verabreicht, fast 75 Prozent davon in Industrieländern und China. „Subsahara-Afrika wird nun von einer dritten Welle erfasst, in Teilen Lateinamerikas gibt es weiterhin hohe Zahlen an neuen Todesfällen, und die Situation in Teilen Süd- und Südostasiens bleibt besorgniserregend“, warnt der IWF.  

Neue Covid-Wellen seien nicht nur ein Problem für Länder mit niedrigen Impfquoten, sondern „auch für viele Industriestaaten, in denen sich das Impftempo verlangsamt“. So haben sich in einigen Regionen der USA nur ein Drittel der Menschen impfen lassen, die Zahl der Neuinfektionen und Todesfälle klettert. Die Delta-Variante ist auf dem Vormarsch. „Neue, infektiösere Varianten“ seien ein Risiko für alle Länder, warnt der Fonds.

In mehreren Szenarien errechnete der Fonds die Folgen der anhaltenden Seuche auf die globale Wirtschaft. Eine bessere Zusammenarbeit bei der Verteilung der Impfstoffe „könnte die Gesundheitskrise früher als angenommen beenden“, heißt es im Bericht. Andernfalls drohe jedoch „die Verbreitung neuer Varianten“, verbunden mit einem höheren Risiko sogenannter „Breakthrough-Infektionen“. Gemeint sind Ansteckungen in durchgeimpften Bevölkerungsgruppen. Bislang infizieren sich in den allermeisten Fällen Menschen, die ungeimpft sind. Dennoch erkranken in vielen Ländern auch Geimpfte an dem Virus

Eine schnellere globale Kooperation in der Pandemiebekämpfung „würde unzählige Leben retten, das Entstehen neuer Varianten verhindern und Billionen Dollar zum globalen Wirtschaftswachstum hinzufügen“, so Gopinath. Verbreiten sich hingegen „hochinfektiöse Virusvarianten“ wie Delta, könnte der globale Aufschwung „zunichte gemacht werden und bis 2025 kumulativ 4,5 Billionen US-Dollar vom globalen BIP auslöschen“, so der IWF. 

Inflation soll sinken, doch Risiken bleiben

Weitere Unsicherheitsfaktoren kommen hinzu. So kalkuliert der IWF damit, dass die von US-Regierung versprochenen Billionenpakete noch in diesem Jahr verabschiedet werden. US-Präsident Joe Biden will mehr als vier Billionen Dollar in Sozialprogramm, Infrastruktur und Klimaschutz pumpen. Von den Investitionen würden auch „die Weltwirtschaft und die wichtigsten Handelspartner der USA“, allen voran die EU, profitieren, heißt es im Bericht. Allerdings ringt der US-Kongress, in dem Bidens Demokraten nur knappe Mehrheiten halten, seit Wochen um einen Kompromiss. Im Gespräch ist ein überparteiliches Infrastrukturpaket in Höhe von 1,2 Billionen US-Dollar, noch gibt es aber keine Einigung. 

Auch die auf beiden Seiten des Atlantiks spürbare Inflation wird vom IWF als Risikofaktor eingestuft. In den meisten Ländern werde die Inflation wieder auf das Level vor der Pandemie sinken, prognostiziert der IWF. „Die Unsicherheit bleibt jedoch hoch“, heißt es im WEO-Report, weil künftige Entwicklungen schwer zu berechnen seien. In den USA haben die Preise für Immobilien oder Autos zuletzt stark angezogen.

Auch in einigen Schwellen- und Entwicklungsländern erwartet der IWF eine erhöhte Inflation, die teilweise auf hohe Lebensmittelpreise zurückzuführen ist. „Dauerhafte Störungen in den Lieferketten und stark steigende Immobilienpreise sind einige der Faktoren, die zu einer anhaltend hohen Inflation führen könnten“, heißt es im Bericht. 

Unterm Strich, betont der Fonds, entschieden die nächsten sechs Monate über die Bewegung der Weltwirtschaft. Das Wachstum könne stärker als vermutet ausfallen, sollten sich einzelne Länder schneller erholen und der Kampf gegen die Pandemie erfolgreich sein. „Kurzfristig dominieren aber die Risiken für Abwärtsbewegungen“. 

Mehr: Kassenärztechef fordert Delta-Strategie - „Wenn das so weitergeht, rufen in vier Wochen die ersten nach einem Lockdown“

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  • Das Kind hat heute schon einen Namen und die Politik einen Schuldigen.

    Deutschland gehört schon lange nicht mehr zu den 10 reichsten Länder der Erde.

    Die Deutschen sollte mal zum Test 14 Tage bei unseren Nachbarn in der Schweiz Urlaub machen, dann wissen sie auch, dass die Kaufkraft von einem Euro nur noch bei 67 Cent liegt.

    Und wer sich den Abstieg im Ranking im BIP pro Kopf anschaut, sollte dies auch in 5, 10, 15 und in 20 Jahren genau anschauen.

    Wer will den diese politische Ausrichtung langfistig und fortwährend wirklich unterstützen, wenn andere ins Land strömende Kulturen sofort Hartz IV beantragen können und wir alle dafür zahlen müssen?

    Auch noch in 20 Jahren, wenn 10.000 Afrikaner in einem Land von 100 Millionen Menschen einen Krieg anzetteln und Millionen über die offenen Grenzen ziehen und anstatt das BIP pro Kopf von aktuell um die 40.000 Euro auf 15.000 p.a. weiter abfällt?

    Die Zuwanderer sind ja nur 4000 bis 5000 gewohnt.

    Verlierer werden andere sein. Das ist dann gewiss und die aktuell hier schreienden werden dann das auch hoffentlich ausbaden und auch noch bezahlen wollen und können.

    Das wird dann die Frage sein. Vielleicht schon 2030, 2040, 2050. Also in den nächsten 30 Jahren.

    In Deutschland scheint man sich wirklich keine Gedanken mehr zu machen, auch nicht darüber, das wir als kleine Nation weltweit auf Platz 1 in der Aufnahme von flüchtenden Menschen liegen.

    Menschlich und moralisch ist dagegen nicht zu sagen. Aber sagen sie es auch unserer jungen Generation, die die Folgen auch bedenken sollten.

    Ich weiß, es ist schwer.

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