Mobilität der Zukunft D3 Technologies will die Flugtaxis sicher durch die Luft leiten

Die Gründer Corvin Huber (sitzend) und Tim Krieglstein wollen das Flugleitsystem für Flugtaxis stellen.
München Wenn all die Flugtaxi-Träume wahr werden, die die Fantasie von Investoren weltweit befeuern, könnte es schnell eng werden am Himmel über den Städten. „Viele sind da sehr naiv“, sagt Corvin Huber, Gründer und Chef des Deep-Tech-Unternehmens D3 Technologies. Die neuen Mobilitätsangebote würden sich nur durchsetzen, wenn es ein zentrales Leitsystem gebe, das die Geräte sicher durch die Luft führe.
Das Münchener Start-up ist mit der Entwicklung des ersten durchgängigen Verkehrsleitsystems für die urbane Luftfahrt schon recht weit gekommen. Es soll weltweit den Einsatz von Drohnen und Flugtaxis in den Städten ermöglichen.
In der Branche gibt es noch unterschiedliche Schulen. Manche glauben, dass die Flugtaxis relativ frei durch die Luft fliegen und unterwegs autonome Entscheidungen treffen können, wo es hingeht. So ist das heute weitgehend bei Hubschraubern, von denen es allerdings vergleichsweise wenige gibt. Erst durch die geplanten elektroangetriebenen Flugtaxis könne die urbane Mobilität in der Luft ein Massenphänomen werden.
Bei D3 sind sie überzeugt davon, dass dafür ein durchgängiges Leitsystem notwendig ist. Ein Simulator im Flixbus-Turm am Münchener Hirschgarten zeigt, wohin die Reise gehen könnte. Der Pilot einer bemannten Drohne gibt vor dem Start sein Ziel ein. Das Leitsystem weist ihm einen sicheren Korridor zu, durch den er fliegen soll. Eine On-Board-Unit hält den Kontakt zur Bodenstation und gibt Anweisungen, falls dieser einmal verloren geht.
„So können Zusammenstöße vermieden und Luftruhezonen wie zum Beispiel über dem Englischen Garten in München gesichert werden“, sagt Mitgründer Tim Krieglstein. D3 habe schon vor drei Jahren mit der Entwicklung eines durchgängigen Leitsystems begonnen und daher nach eigener Einschätzung einen deutlichen zeitlichen Vorsprung vor der Konkurrenz. Derzeit interessiert sich unter anderem Kanada für die Entwicklung aus München.
D3-Gründer Huber glaubt fest an Lufttaxis
Um das Thema Flugtaxis gibt es einen regelrechten Hype. Das deutsche Start-up Lilium hat gerade seinen Börsengang angekündigt. Die Fusion mit dem Börsenmantel Qell bewertet das Unternehmen mit 3,3 Milliarden Dollar.
„2022 wird der erste Flieger in das Testprogramm gehen“, sagte Mitgründer und CEO Daniel Wiegand dem Handelsblatt. „2024 haben wir die Zulassung und beginnen mit dem Geschäftsbetrieb, 2025 werden wir in mehreren Märkten operieren.“ Das US-Start-up Joby Aviation will schon 2024 den Regelbetrieb in Großstädten aufnehmen.
D3-Gründer Huber hat keinerlei Zweifel, dass Lufttaxis kommen werden. Die Entwicklung werde in den nächsten Jahren deutlich Fahrt aufnehmen. Noch in diesem Jahrzehnt würden kommerzielle Transportangebote in der Luft in den Städten zum Alltag gehören. Die Technologie sei kein Zauberwerk, es seien deutlich weniger Hindernisse zu überwinden als beim autonomen Fahren.
Investoren sehen das ähnlich. In zehn bis 15 Jahren werde es so viel Verkehr über den großen Ballungsräumen geben, dass die heute bekannten Lösungen nicht ausreichen, sagte Vector-Venture-Capital-Geschäftsführer und Mitgesellschafter Uwe Gerlinger. „Wir glauben, dass ein hochautomatisiertes Verkehrsmanagement-System, das es den Flugzeugen der Zukunft ermöglicht, einen ziemlich kleinen und überfüllten Luftraum zu teilen, notwendig ist.“
Flugtaxi-Hersteller stehen einem Leitsystem offen gegenüber
Zu großen Herstellern pflegt D3 nach eigenen Angaben gute Kontakte, diese stünden einem Leitsystem offen gegenüber. Bei Volocopter sieht man in der Tat Bedarf für ein UTM-System (Urban Air Traffic Management). „Es wird notwendig sein, dass wir so ein Leitsystem haben“, heißt es bei dem Unternehmen aus Bruchsal. „Wie das Air Traffic System aussehen wird, wird aktuell noch definiert.“
Auch sei noch offen, ob es regional unterschiedliche Betreiber geben werde. Es sei gut möglich, dass man anfangs die traditionellen Leitsysteme mit nutze.
Volocopter hatte vor anderthalb Jahren einen Testflug auf dem Flughafen von Helsinki absolviert. Das Fluggerät war dabei sowohl in das Verkehrsmanagementsystem als auch in das unbemannte Flugverkehrsmanagementsystem integriert. Der Testflug war Teil der Initiative Single European Sky, an der Volocopter sich beteiligt. Das Karlsruher Start-up konnte mit der Bahn-Tochter Schenker und Japan Airlines prominente Investoren gewinnen.

Das deutsche Unternehmen sieht Bedarf für ein Flugverkehrsmanagementsystem.
Einer der großen Konkurrenten von Lilium und Volocopter im Wettlauf um die schnellste und zuverlässigste Lösung ist die US-Firma Kitty Hawk, die von dem Deutschen Sebastian Thrun geführt wird. Auch Airbus entwickelt ein Flugtaxi. Hyundai hat seinen Einstieg in das Urban-Air-Mobility-Geschäft ebenfalls bekannt gegeben.
Die Geldgeber stehen bei den Herstellern derzeit Schlange. Laut einer Roland-Berger-Studie flossen allein in den ersten sechs Monaten 2020 mehr als 900 Millionen Dollar Investitionskapital in die Branche.
D3: Mittelfristig ist ein Börsengang geplant
Die Erwartungen also sind groß. „Wir schätzen, dass im Jahr 2050 bis zu 160.000 kommerzielle Flugtaxis in der Luft sein werden“, sagte Berger-Partner Manfred Hader. Die Branche werde dann Umsätze von fast 90 Milliarden Dollar generieren.
Bei D3 sind sie überzeugt, rechtzeitig zum kommerziellen Start den Kommunen, Fluglinienbetreibern und Geräteherstellern ein funktionierendes Leitsystem zur Verfügung stellen zu können. Mit dem Erlös aus der jüngsten Finanzierungsrunde will das Unternehmen in diesem Jahr die erste Pilotanwendung zum Einsatz bringen. 2022 soll dann die erste Modellregion mit Bodenstation, Kommunikationslösung und der Blue Box für die Fluggefährte ausgestattet werden.
Weiteres Risikokapital könnte dabei helfen. An der Seed-II-Finanzierungsrunde über knapp drei Millionen Euro im vergangenen Jahr beteiligten sich auch Vector Venture als Lead-Investor, EIT KIC Urban Mobility und Mutschler Ventures.
Gegen Ende des Jahres peilt das Start-up die erste Finanzierungsrunde mit einem zweistelligen Millionenbetrag an. „Investoren sind bei uns aber jederzeit willkommen“, sagt Mitgründer Krieglstein. In etwa fünf Jahren sei dann ein Börsengang geplant.
D3 profitiert von Erfahrungen der Flixbus-Gründer
Bislang habe der Fokus von Investoren und Entwicklern auf den Fluggeräten gelegen, sagt Hyundai-UAM-Manager Jannis Töpfer. „Aber um wirklich einen Mehrwert für die Gesellschaft zu erzeugen, braucht es den Aufbau eines komplett neuen und sehr komplexen Ökosystems.“ Mit der Automatisierung des Luftverkehrs über Ballungszentren leiste D3 einen Beitrag, um urbane städtische Mobilität „für viele Menschen zugängig zu machen“.
Dass D3 im neunten Stock des Flixbus-Turms logiert, ist übrigens kein Zufall. Die Flixbus-Gründer sind über das private Anlagevehikel SEK Ventures an dem jungen Unternehmen beteiligt. „Von der Erfahrung profitieren wir“, sagt Gründer Huber.
Bei Flixbus haben sie ja schließlich Erfahrung damit, ein neues Mobilitätsangebot groß auszurollen. „Während wir mit Flixbus und Flixtrain intelligente Technologien für die Bodentransportkontrolle eingeführt haben, sind wir davon überzeugt, dass die Deep-Tech-Flugsicherung von D3 eine Schlüsselrolle bei der Öffnung des städtischen Luftraums für eine ganz neue Transportmodalität einnimmt“, sagt Flixbus-Gründer und CTO Daniel Krauss.
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