Dax-Konzern Aufsichtsratschef Lehner kann auf der Telekom-HV keinen Nachfolger präsentieren

Der Telekom-Chefaufseher muss eilig einen neuen Nachfolger für den Vorsitzenden des Aufsichtsrates finden.
Frankfurt Trotz langer Suche wird Ulrich Lehner den Aktionären der Deutschen Telekom keinen Nachfolger für die Spitze des Aufsichtsrats präsentieren können. Ursprünglich hatte der 74-Jährige auf der Hauptversammlung am Donnerstag erläutern wollen, wie es nach seinem Rückzug im kommenden Jahr weitergehen wird. Als neuer Chefaufseher war eigentlich der frühere BMW-Chef Harald Krüger vorgesehen. Der hatte offenbar fest zugesagt, wollte dann aber Ende vergangenen Jahres überraschend nicht mehr.
Schlimmer hätte es für Lehner kaum kommen können. Krüger war der von allen Seiten akzeptierte Kandidat, der Bund als Großaktionär und die Gewerkschaftsvertreter im Aufsichtsrat hatten inoffiziell zugestimmt. Mit Krügers Rückzug musste Lehner seine Überlegungen neu aufnehmen. Er will die Suche selbst betreiben, erklärte er intern.
An dem Vorgehen regt sich in dem Gremium zwar Kritik. Dies sei schließlich eine Angelegenheit der Aktionäre, letztlich also der Bundesregierung. Deren Vertreter im Aufsichtsrat lassen Lehner aber offenbar gewähren. Bei der Commerzbank, an der Deutschland ebenfalls beteiligt ist, hatte sich der Bund zuletzt noch bei der Neubesetzung des Aufsichtsratsvorsitzes heftig eingemischt und mit Ex-DZ-Bank-Chef Helmut Gottschalk einen ihm gelegenen Kontrolleur durchgesetzt.
Lehner ist ein erfahrener Aufseher. Nach seiner Zeit als Vorstandschef von Henkel hat er unter anderem die Aufsichtsräte von Thyssen-Krupp und Novartis geleitet. Neben der Telekom ist er noch Mitglied im Aufsichtsrat der Porsche Holding und im Gesellschafterausschuss von Henkel.
Das Mandat bei dem Bonner Konzern ist sein wichtigstes. Allzu gern würde er ein geordnetes Haus hinterlassen, wenn er den Posten mit dem Ende der Hauptversammlung 2022 abgibt. Dem Gremium hat er dann 14 Jahren angehört. Es sei dann an der Zeit, Schluss zu machen, auch weil er dann 75 Jahre alt sei, wie es heißt.
Starker Gegenpol für Tim Höttges gesucht
Was ihm nun für eine saubere Übergabe fehlt, ist ein Nachfolger. Im Aufsichtsrat selbst ist seit Krügers Aus kein Aspirant vertreten. Michael Kaschke, Ex-Chef von Carl Zeiss, und der frühere Software-Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Streibich sind zu alt, um längere Zeit den Aufsichtsrat zu leiten.
Lars Hinrichs war mal Chef von Xing und erfüllt damit eine wesentliche Voraussetzung für Lehner: Es helfe, Vorstandsvorsitzender gewesen zu sein, hatte der mal im kleinen Kreis gesagt. Dem Betriebsrat ist Hinrichs aber nicht vermittelbar, da er sich mit Großkonzernen nicht auskennt.
Die Vertreter der Gewerkschaft würden ihrerseits eine Berufung von Margret Suckale begrüßen. Als frühere Vorständin der Bahn und von BASF verfügt sie über reichlich Managementerfahrung. Allerdings war sie in beiden Firmen für das Ressort Personal zuständig, was den Aktionären als Qualifikation nicht ausreicht, wie es heißt.
In den vergangenen Monaten hat Lehner daher extern nach geeigneten Kandidaten gesucht. Eine Lösung werde er am Donnerstag nicht präsentieren können, sagte eine mit den Vorgängen vertraute Person. Im Anschluss soll aber eine Auswahl getroffen und die ausgewählte Person per Gericht in das Gremium berufen werden. Auf der Hauptversammlung 2022 würde dann die Bestätigung durch die Aktionäre folgen.
Der Aufsichtsratsvorsitz der Telekom ist eines der wichtigsten Ämter in der deutschen Wirtschaft. Das Unternehmen hat nicht nur die Umsatzschwelle von über 100 Milliarden Euro durchbrochen, mit der Beteiligung der Bundesregierung ist die Aufgabe auch politisch aufgeladen. Wer immer den Posten übernimmt, wird auf einen selbstbewussten Vorstand treffen.
Vorstandschef Timotheus Höttges hat den Konzern umfassend umgebaut und erfolgreich auf Profit getrimmt. Der künftige Aufsichtsvorsitzende werde daher im Sinne aller ein Gegengewicht zu Höttges bilden müssen.
Ein Name, der in diesem Kontext intern fällt, lautet Dieter Zetsche. Der frühere Vorstandsboss von Daimler ist technikbegeistert und selbstbewusst – mehr noch als sein früherer Vorstandskollege Krüger. Zetsche aber sieht sich dem Vernehmen nach mit seiner Aufgabe als Chefkontrolleur beim Reisekonzern Tui ausgelastet.
Mehr: Ex-BMW-Chef Krüger will doch nicht Telekom-Aufsichtsratschef werden.
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