Suchmaschine Burda stellt die Google-Alternative Cliqz ein

Der Burda-Chef hat vergeblich auf politische Unterstützung für Cliqz gehofft.
Hamburg Das Projekt war ambitioniert – und wohl doch eine Nummer zu groß. Der Münchener Burda-Verlag gibt den Versuch auf, ein europäisches Gegenmodell zur Suchmaschine Google zu etablieren. 45 Mitarbeiter beim Start-up Cliqz sind davon betroffen.
Cliqz hat eine Mischung aus Browser und Suchmaschine entwickelt mit dem Versprechen, weniger Nutzerdaten zu sammeln als Google. Auf seiner Website gibt sich das Unternehmen kämpferisch und wettert gegen „US-Konzerne“, die Europa ihre Regeln aufzwingen wollten und Monopole schafften. „Mit unserer eigenständigen Suchmaschine leisten wir bei Cliqz unseren Beitrag zur Sicherung der digitalen Souveränität Europas“, verspricht das Unternehmen. Damit ist es nun vorbei.
Noch im Januar gab es ein großes Update, doch wirklich weite Verbreitung fand Cliqz nicht. Jetzt zieht Burda-Chef Paul Bernhard Kallen Konsequenzen. Er sei zwar weiterhin davon überzeugt, dass Europa eigene digitale Infrastrukturen brauche, teilte er mit: „Ohne die hierfür notwendigen politischen Strukturen auf europäischer Ebene kommen wir gegen die Übermacht der Tech-Riesen aus den USA und China jedoch nicht an.“
Er nennt die Coronakrise als konkreten Anlass. Ein „weitreichendes Innovationsprogramm in Europa“ sei wegen der Epidemie-Folgen auf absehbare Zeit nicht zu erwarten, erklärte Kallen. Allerdings ist noch nicht klar, wie das angekündigte Konjunkturpaket der EU aussieht, das hohe Zusatzausgaben vorsieht.
Kallens Verlag ist seit 2013 mehrheitlich an Cliqz beteiligt, das der ehemalige Burda-Digital-Chef Jean-Paul Schmetz fünf Jahre zuvor gegründet hatte. Sein Team habe „eine vollkommen unabhängige Suchmaschine entwickelt und betrieben, mit der wir uns klar von vielen anderen abgesetzt haben, deren Produkte nicht auf eigenen Technologien aufbauen“, sagte Schmetz. „Wir haben jedoch gegen einen übermächtigen Gegner wie Google, der den Markt in jeglicher Hinsicht dominiert und abschottet, langfristig keine Chance.“
Konkurrierende Projekte wie die Suchmaschine DuckDuckGo nutzen etwa Ergebnisse von Google, geben aber die Nutzerdaten nicht direkt weiter. Ein Vorteil gegenüber Cliqz sind damit vollständigere Suchergebnisse. DuckDuckGo meldete zuletzt eine deutlich steigende Zahl von Suchanfragen. Mit weitem Abstand dominiert aber in Europa Google. Cliqz kann auch gesehen werden als Teil der Versuche deutscher Verlage, sich gegen Google zu behaupten – etwa über die Lobbyarbeit für das umstrittene europäische Leistungsschutzrecht.
Einige Bereiche von Cliqz sollen bestehen bleiben. Die Anti-Tracking-Tochter Ghostery will eigenständig weitermachen. Die Marketingtechnik MyOffrz könnte in den Burda-Verlag eingegliedert werden. Burda kam 2018 auf 2,66 Milliarden Euro Umsatz. Google schrieb 2019 knapp 161 Milliarden Dollar Umsatz.
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