Flugtaxi-Start-up Volocopter sammelt weitere 200 Millionen Euro bei Investoren ein

Volocopter entwickelt ebenso wie der deutsche Konkurrent Lilium elektrisch angetriebene Flugtaxis, mit denen Passagiere Staus auf den Straßen ausweichen und so schnell ihr Ziel erreichen sollen.
Frankfurt, Berlin Das deutsche Flugtaxi-Start-up Volocopter hat weitere 200 Millionen Euro bei Investoren eingesammelt. Mit dem frischen Geld solle die Zulassung des VoloCity, des elektrischen Flugtaxis für Städte, beschleunigt werden, kündigte das Unternehmen aus Bruchsal bei Karlsruhe am Mittwoch an.
„Durch unsere Partnerschaften können wir auf die notwendige Expertise zurückgreifen, um in den nächsten Jahren die ersten Strecken zu eröffnen“, sagte Firmenchef Florian Reuter. Angaben zur Firmenbewertung wurden nicht gemacht. Der Flugtaxi-Entwickler Lilium aus München wird inzwischen mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet.
Bisher war Volocopter mit insgesamt 122 Millionen Euro finanziert. Alle bestehenden Investoren wie unter anderem die Logistiktochter der Deutschen Bahn, Intel, Daimler und Geely beteiligten sich an der neuen Finanzierungsrunde.
Neu an Bord sind Continental AG, der Vermögensverwalter Blackrock, Avala Capital, Atlantia, NTT und Tokyo Century. „Unsere Gesellschafterstruktur bleibt mit einer weltweiten Mischung aus strategischen und Finanzinvestoren ausgewogen und damit ein Abbild unserer globalen Ambitionen“, sagte Finanzchef Rene Griemens.
Volocopter entwickelt ebenso wie der deutsche Konkurrent Lilium elektrisch angetriebene Flugtaxis, mit denen Passagiere Staus auf den Straßen ausweichen und so schnell ihr Ziel erreichen sollen. Das zehn Jahre alte Unternehmen gilt als Vorreiter und will innerhalb der nächsten zwei Jahre die ersten kommerziellen Flugtaxistrecken bestreiten. Auch eine Logistikdrohne ist in der Entwicklung.
Inzwischen liefern sich Firmen rund um den Globus ein kostspieliges Rennen um das erste kommerzielle Flugtaxi-Angebot. Dabei wetteifern neben Volocopter, Joby Aviation oder Lilium auch bekannte Namen wie Airbus oder Volkswagen miteinander. Inzwischen hält auch die europäische Flugsicherheitsbehörde EASA den Einsatz von Drohnen und Flugtaxis bis Mitte des Jahrzehnts für realistisch.
Das hat auch bei Risikokapitalgebern einen regelrechten Hype ausgelöst. In der vergangenen Woche war die US-Firma Joby Aviation über einen sogenannten SPAC an die Börse gegangen. Dabei übernimmt eine börsennotierte Mantelgesellschaft (SPAC) ein Technologieunternehmen. Der Vorteil: Der Aufwand für einen IPO reduziert sich deutlich, weil die Mantelgesellschaft bereits notiert ist.
Joby erreichte durch die Transaktion eine beeindruckende Bewertung von rund 6,6 Milliarden Euro. Gleichzeitig flossen dem Unternehmen Bruttoerlöse in Höhe von 1,6 Milliarden Euro zu. Auch beim deutschen Start-up Lilium gibt es Gerüchte, dass die Firma an einer ähnlichen Transaktion arbeitet. Eine Bestätigung dafür gibt es bisher allerdings nicht.
Das Potenzial der Flugtaxis schätzen die Analysten von Morgan Stanley als riesig ein. Demnach könnte der Markt für elektronische Flugtaxis, die Waren ausliefern und Passagiere transportieren, 2040 mehr als 1,5 Billionen Dollar wert sein.
Firmen arbeiten mit unterschiedlichen Konzepten
Die Konzepte der einzelnen Anbieter sind durchaus verschieden. Volocopter baut einen sogenannten Multikopter, der vor allem für kürzere Distanzen und Strecken im Gebiet einer Metropole ausgelegt ist. Über dem Flugkörper sind mehrere elektrisch betriebene Rotoren großflächig angeordnet. Lilium und Joby wollen dagegen Strecken zwischen 200 und 300 Kilometern zurücklegen. Deshalb haben ihre Flugvehikel Flügel für einen effizienten Gleitflug.
Lilium hat sich für das mit Abstand komplexeste Modell entschieden, weil die Gründer davon überzeugt sind, dass der Lilium-Jet damit am Ende effizient weite Strecken bewältigen kann. Die elektrisch betriebenen Rotoren sind in den Flügeln integriert. Für den Senkrechtstart sind sie nach unten gerichtet. Zum Übergang in den Gleitflug werden sie dann sukzessive nach hinten ausgerichtet.
Doch die gewaltigen Summen, die in die Jungunternehmen fließen, wecken auch Zweifel. Kritiker sehen für solche neuen Flugvehikel nur in engen Nischen einen Markt. Fragen wie Lärmbelastung in den Metropolen, der teure Aufbau und Betrieb der Infrastruktur oder eine hohe Regulierung seitens der Behörden bei der kommerziellen Nutzung der Geräte sind noch weitgehend unbeantwortet.
Andererseits hat etwa Volocopter bereits erste namhafte Kunden für sein VoloCity. Der ADAC hat zwei davon geordert. Ab 2023 sollen sie dort fliegen, zunächst im Testbetrieb. „Wir werden dem ADAC möglichst schnell zwei zugelassene VoloCitys zukommen lassen“, hatte Volocopter-Chef Reuter dem Handelsblatt vor einigen Tagen gesagt.
Beim ADAC müsse diese völlig neue Form der Mobilität erst einmal in den operativen Betrieb integriert werden. „Aber dass der ADAC, als Betreiber der größten Helikopterflotte Europas, sich für uns entschieden hat, ist für Volocopter natürlich ein enormer Vertrauensbeweis“, sagte Reuter.
Mit Agenturmaterial
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