Autoindustrie Nissan will noch stärker sparen

Der japanische Autohersteller muss sein Sparprogramm verschärfen.
Tokio Der japanische Autohersteller Nissan will sich mit einem neuen Sanierungsprogramm aus der Krise befreien. Mindestens 4600 Bürojobs in Europa und den USA sollen gestrichen werden, zwei Werken droht die Schließung, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. Mit diesen Maßnahmen will Nissan bis 2023 Kosten in Höhe von rund vier Milliarden Euro einsparen.
Das Rettungsprogramm, das der Konzern im Juli beschlossen hatte, reicht offenbar nicht. Damals hatte der Konzern angekündigt, 12.500 Arbeitsplätze und zehn Prozent der 69 Modelle zu streichen. Die Gewinnspanne sollte sich so bis 2023 von drei auf sechs Prozent verdoppeln.
Doch die neue Führung um den Konzernchef Makoto Uchida schätzt die Lage offenbar schlimmer ein als sein im September geschasster Vorgänger Hiroto Saikawa. Tatsächlich verdankt Nissan seine Gewinne derzeit vor allem den Finanzdienstleistungen. Das Autogeschäft ist kaum noch profitabel. In den ersten elf Monaten des Jahres 2019 sackte Nissans weltweiter Absatz um acht Prozent und die Produktion sogar um fast zehn Prozent ab. Nissan fehlen neue Modelle.
Der ehemalige Konzernchef Carlos Ghosn, der sich einer Klage in Japan zuletzt durch eine spektakuläre Flucht in den Libanon entzogen hatte, glaubt nicht mehr an die japanische Marke. Nissan dürfte möglicherweise in zwei bis drei Jahren pleite sein, zitierte ihn jüngst der Rechtsanwalt Nobuo Gohara, der den einstigen Übervater der Allianz vor dessen Flucht für ein Buchprojekt interviewt hatte.
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Bei Nissan sieht das Management die Lage offenbar ähnlich, obwohl der Konzern nach der fast 20-jährigen Ghosn-Ära fast zehn Milliarden Euro Barvermögen bilanziert. Es ginge um Leben und Tod, zitiert Reuters eine Person aus dem Umkreis der Nissan-Führung.
Probleme in den USA und China
Die Probleme sind zahlreich: Im US-Markt, der lange als Gewinnbringer galt, hat Nissan mit hohen Rabatten die Marge ruiniert. Im wichtigen chinesischen Markt sank der Absatz zuletzt. Der Ausbruch des Coronavirus beschleunigt den Abwärtstrend.
Zu allem Überfluss befindet sich auch die trilaterale Allianz aus Renault, Nissan und Mitsubishi Motors seit der Verhaftung von Ghosn im November 2018 in der Sinnkrise. Der Manager hatte die Interessenkonflikte der Partner als faktischer Chef der drei Unternehmen in seiner Person gelöst. Doch bei seiner ersten Pressekonferenz im Libanon hatte er den Bund bitter als „Maskerade einer Allianz“ kritisiert.
Die drei Autobauer sehen das allerdings anders. Sie wollen schwierige Entscheidungen mit einem neu geschaffenen Allianzrat im Konsens lösen. Doch tatsächlich ist bisher wenig passiert, auch weil sich Renault ebenfalls in einer Führungskrise befindet. Ghosns Nachfolger Thierry Bolloré wurde im Oktober gefeuert.
Diese Woche präsentierte Renaults Verwaltungsrat einen Nachfolger, den ehemaligen Volkswagen-Manager Luca de Meo. Der 52-jährige Italiener hatte zuletzt Seat geleitet. Aber noch ist nicht klar, ob das Gremium sich mit ihm und Nissan-Chef Uchida schnell genug auf drastische Schritte einigen kann. Ghosn äußerte sich in seiner libanesischen Fluchtburg skeptisch: „Konsens funktioniert nicht.“ Man müsse die Leute zwingen, Synergien zu erzeugen. Die Krise könnte die Entscheidungen in der Allianz nun aber beschleunigen.
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