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Qualcomm gegen Magna Bietergefecht um Veoneer – Autoindustrie steht im Visier von Hightech

Chipriese Qualcomm bietet 4,6 Milliarden Dollar für die schwedische Firma. Der Zulieferer Magna hat wohl das Nachsehen – kein Einzelfall in der Autoindustrie.
08.08.2021 Update: 09.08.2021 - 16:00 Uhr Kommentieren
Der Konzern verfügte Ende Juni über 7,3 Milliarden Dollar an flüssigen Mitteln. Quelle: Bloomberg
Qualcomm-Prozessor

Der Konzern verfügte Ende Juni über 7,3 Milliarden Dollar an flüssigen Mitteln.

(Foto: Bloomberg)

München, Düsseldorf Eine Ertragsperle ist Veoneer gewiss nicht: Mit jedem Dollar Umsatz hat die schwedische Elektronikfirma im abgelaufenen Quartal 23 Cent verloren. Trotzdem bietet der US-Chipkonzern Qualcomm für das Unternehmen aus Stockholm jetzt 4,6 Milliarden Dollar, umgerechnet 3,9 Milliarden Euro.

Das ist fast ein Fünftel mehr, als Magna zu zahlen bereit ist. Der kanadisch-österreichische Autozulieferer hatte sich mit den Skandinaviern Ende Juli auf eine Übernahme verständigt. Nun aber sieht es so aus, als käme Qualcomm zum Zug. Veoneer erklärte am Sonntag, das Unternehmen sei offen für das Angebot des Konzerns aus San Diego und werde mit diesem Gespräche führen.

Der Vorstoß von Qualcomm ist längst kein Einzelfall mehr. Traditionelle Autozulieferer wie Magna konkurrieren im Bieterkampf um Software- und Sensorik-Zulieferer wie Veoneer immer häufiger nicht mehr nur mit anderen Autozulieferern. Sie stehen im Wettbewerb mit Unternehmen, die deutlich finanzkräftiger sind – und teilweise strategisch auch besser zueinander passen.

So hat Intel, der größte Chipkonzern der Welt, schon vor vier Jahren Mobileye aus Israel geschluckt, einen Spezialisten für Kameratechnik für das autonome Fahren. Der Preis: 15,3 Milliarden Dollar.

Veoneer ist 2018 aus einer Abspaltung des schwedischen Autozulieferers Autoliv hervorgegangen. Das Unternehmen hat sich spezialisiert auf die Entwicklung von Fahrassistenzsystemen, kurz ADAS. Zu den Produkten zählen neben der entsprechenden Software auch die dafür notwendige Sensorik, zum Beispiel Kameras oder Radar.

Qualcomm wittert einen riesigen neuen Markt

Mit den immer komplexer werdenden ADAS-Systemen steigt die benötigte Rechenpower. Leistungsfähige Halbleiter werden für Zulieferer wie Veoneer daher immer wichtiger. Auf der anderen Seite gerät dadurch die Autoindustrie immer stärker in den Fokus von Tech-Konzernen und Chipherstellern. Für sie eröffnet sich ein neuer Markt.

„Fahrzeuge faszinieren uns“, sagte Qualcomm-Europachef Enrico Salvatori kürzlich im Gespräch mit dem Handelsblatt. Der Manager sieht bei den Autos größeres Potenzial als im derzeitigen Kerngeschäft mit Handys. „Ein Smartphone enthält ein Chipset, ein Auto dagegen viele“, erläuterte der Manager. Ein Chipset ist die Kombination zahlreicher elektronischer Komponenten rund um einen Chip.

Eine Übernahme in der Größenordnung von Veoneer kann sich Qualcomm problemlos leisten. Der Konzern verfügte Ende Juni über 7,3 Milliarden Dollar an flüssigen Mitteln.

Qualcomm ist dazu hochprofitabel: Im jüngsten Quartal erzielte das Unternehmen rund acht Milliarden Dollar Umsatz, 43 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Gewinn hat sich auf 2,2 Milliarden Dollar mehr als verdoppelt. Die Erlöse aus dem Autogeschäft waren mit 253 Millionen Dollar allerdings eher gering.

Das liegt vor allem daran, dass leistungsstarke Prozessoren, wie sie Qualcomm liefert, im Auto bislang gar nicht gefragt waren. Zum Vergleich: Infineon, die Nummer eins auf diesem Feld, erzielte in seiner Autosparte zuletzt einen Quartalsumsatz von 1,2 Milliarden Euro.

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Mit der neuen Fahrzeugarchitektur ändert sich das aber nun. Statt auf Hunderten Steuergeräten beruhen künftige Fahrzeuge auf einer Architektur mit wenigen zentralen Rechnern. Diese übernehmen Vernetzungsfunktionen und verarbeiten die Daten für das automatisierte Fahren. Zulieferer wie Bosch, Continental und ZF entwickeln für Autohersteller solche Zentralrechner.

Um schneller voranzukommen, nehmen Halbleiterkonzerne wie Qualcomm, Nvidia oder Intel viel Geld für Zukäufe in die Hand. Qualcomm selbst hatte bereits vor drei Jahren versucht, NXP zu schlucken. Die 44 Milliarden Dollar schwere Transaktion scheiterte aber an den Behörden in China.

Das Geschäft mit Autochips dominieren derzeit die europäischen Hersteller Infineon, NXP und ST Microelectronics sowie der japanische Wettbewerber Renesas. Sie scheuen aber davor zurück, Chips für die Zentralrechner zu entwickeln.

„Die geplante Übernahme wird unsere branchenführenden Automobillösungen mit Fahrerassistenzsystemen von Veoneer zusammenbringen, um Automobilherstellern und Zulieferern eine wettbewerbsfähige und offene ADAS-Plattform in großem Stil zu bieten“, sagte Qualcomm-Chef Cristiano Amon.

Der Umsatz von Veoneer hat sich im zweiten Quartal auf 398 Millionen Dollar gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Der operative Verlust ist allerdings ebenfalls gewachsen, und zwar um gut ein Drittel auf 92 Millionen Dollar.

Für Veoneer ist Qualcomm der bessere Partner

Veoneer und Qualcomm kennen sich gut: Der Autozulieferer und der Chipgigant haben bereits eine Partnerschaft geschlossen. Ziel ist es, eine Plattform unter dem Namen „Arriver“ für das hochautomatisierte Fahren zu entwickeln. 2024 sollen die ersten Anwendungen auf den Markt kommen.

Qualcomm bringt in Arriver seine Chipexpertise ein, Veoneer wiederum stellt die erforderlichen Sensoren her und entwickelt seit nunmehr 15 Jahren die Software, die bei den automatisierten Systemen die Fahrtentscheidungen trifft. Rund 800 Mitarbeiter arbeiten bei Arriver, ein Großteil davon in Schweden. Sie sollen sicherstellen, dass die Chips von Qualcomm bestmöglich mit der Software von Veoneer zusammenarbeiten.

Für die Skandinavier hätte daher eine Übernahme durch Qualcomm mehr Vorteile als der Kauf durch Magna. Qualcomm sei „der logische alternative Bieter“ für Veoneer, so Analyst Dan Levy von der Credit Suisse.

Der Zulieferer hätte keine Synergieeffekte zu befürchten, die meist mit einem Personalabbau und dem eigenen Bedeutungsverlust einhergehen. Magna hingegen stellt ebenso wie Veoneer Sensoren für das automatisierte Fahren her und entwickelt eine entsprechende Software. Die Produktpaletten der beiden Unternehmen haben zahlreiche Überschneidungen.

Der Kurs der in New York notierten Aktien von Veoneer ist im Jahresverlauf bereits um fast 80 Prozent geklettert. Qualcomm bietet 37 Dollar je Aktie, das sind 18 Prozent mehr als Magna. Am Montag notierte Veoneer im vorbörslichen Handel in New York drei Prozent niedriger als am Freitag bei rund 37,50 Dollar. Die Aktien von Qualcomm lagen bei 147 Dollar leicht im Plus.

Mehr: Chipmangel ohne Ende: Der Ausblick für die Autobauer verdüstert sich

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