VW-Chef Diess im ZDF China ist das große Vorbild in der Coronakrise

Zur aktuellen Politik der Bundesregierung sah Herbert Diess keine Alternative. Die Ausbreitung des Coronavirus sei nur durch die aktuell verhängten scharfen Eingriffe im Alltagsleben zu stoppen.
Düsseldorf Volkswagen muss jede Woche zwei Milliarden Euro an Fixkosten decken – ohne dass im Moment in größerer Zahl Autos produziert und verkauft werden können. Diese Zahl nannte VW-Vorstandschef Herbert Diess am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung „Markus Lanz“. Doch der Wolfsburger Vorstandsvorsitzende verbreitete Zuversicht: Mit einem guten Vorjahresergebnis im Rücken und einem hohen Liquiditätsbestand könne der Konzern die Coronakrise überstehen.
Die Last der hohen Fixkosten versucht Volkswagen zu reduzieren. „Da hilft natürlich auch das Kurzarbeitergeld in Deutschland und vergleichbare Programme in anderen Ländern“, sagte der Volkswagen-Konzernchef. Zugleich werden weniger wichtige Projekte im Moment bei Volkswagen einfach angehalten, um den Liquiditätsabfluss zu begrenzen. Von der aktuellen Krise seien alle Autohersteller betroffen. VW stehe besser da als so mancher Konkurrent.
Zudem profitiert Volkswagen in ersten Ansätzen auch wieder vom China-Geschäft. Dort, wo zu Jahresbeginn die weltweite Coronakrise ihren Ursprung genommen hatte. „Die Wirtschaft startet wieder“, betonte der Volkswagen-Chef. Auch bei der Zahl der verkauften Autos gehe es wieder langsam nach oben.
China ist für den Wolfsburger Autokonzern extrem wichtig. Volkswagen verkauft dort fast 40 Prozent seiner Fahrzeuge und verdient jedes Jahr im China-Geschäft mehr als drei Milliarden Euro. Trotz der durch die Coronakrise ausgelösten Verkaufseinbrüche zu Jahresbeginn könne es in China durchaus noch „ein ordentliches Jahr geben“, betonte Diess. Ein Verlust von Arbeitsplätzen sei dort nicht zu erwarten.
Die Volksrepublik ist aus Sicht des VW-Vorstandsvorsitzenden noch aus anderer Sicht ein gutes Vorbild. China habe es geschafft, die Gesundheitsprobleme im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen und zugleich die Wirtschaft wieder anzukurbeln. „In China können wir viel lernen“, sagte der Volkswagen-Chef.
Von China lernen: Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Mitarbeiter
Diess wünschte sich in der ZDF-Talkshow, dass sich Deutschland an den chinesischen Erfahrungen orientiert. „Die Disziplin hierzulande haben wir noch nicht“, betonte der VW-Chef. Aber die aktuelle Ruhepause in den eigenen Werken wolle er dazu nutzen, beispielsweise zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Mitarbeiter vor dem Coronavirus einzuführen, wie sie es in China längst gebe.
Wenn in einigen Wochen die Produktion in Deutschland wieder beginne, könnten beispielsweise Gesichtsmasken in Teilbereichen zur Standardausrüstung gehören. Die Produktion lasse sich mit den bereits in China gemachten Erfahrungen so umstellen, dass keine Ansteckungsgefahr für die Mitarbeiter bestehe.
Zur aktuellen Politik der Bundesregierung sah der VW-Chef keine Alternative. Die Ausbreitung des Coronavirus sei nur durch die aktuell verhängten scharfen Eingriffe im Alltagsleben zu stoppen. „Das sind die einzig zielführenden Maßnahmen“, so Diess weiter, „auch aus wirtschaftlicher Sicht.“
Diess verbreitete in der ZDF-Sendung Optimismus, Volkswagen könne den aktuellen Produktionsstopp überstehen. Doch er machte zugleich auch eine Einschränkung: Das gelte „nicht unendlich“. Die Rücklagen des Wolfsburger Autokonzerns reichten für einige Wochen und Monate.
Eine Garantie dafür, dass in Deutschland am Ende der Krise tatsächlich alle Arbeitsplätze bei Volkswagen erhalten bleiben, wollte Herbert Diess nicht aussprechen – weil sich Negativszenarien derzeit nicht völlig ausschließen ließen. Etwa, dass sich die Verbreitung des Coronavirus trotz der starken Einschnitte im öffentlichen Leben nicht eindämmen lasse.
Volkswagen hat für dieses Jahr eine umfassende Elektrooffensive angekündigt. Im Mittelpunkt steht dabei die Markteinführung des neuen Elektroautos ID.3, ein E-Modell im Golf-Format. In den Entwicklungsabteilungen wird nach den Worten des VW-Chefs normal gearbeitet. VW halte deshalb an seinem Plan fest, dass die ersten Autos im Sommer ausgeliefert werden. „Da bin ich sehr zuversichtlich“, betonte Diess.
Der Konzern kündigt zudem an, ohne staatliche Finanzhilfen auskommen. „Aus heutiger Sicht schließe ich das aus“, sagte Finanzvorstand Frank Witter der „Börsen-Zeitung“. Der Konzern verfüge „im Autobereich über einen starken Cashflow und eine ordentliche Nettoliquidität“. Dafür sei im vergangenen Jahr die Basis gelegt worden.
Trotz der Reserven geht es VW in der Krise darum, das Geld zusammenzuhalten. Dazu gehört laut Witter, Auszahlungen zu reduzieren, sämtliche Programme, Investitionen, Beraterleistungen und anderes einer sehr kritischen Überprüfung zu unterziehen. Neue Beteiligungsverkäufe sind demnach aber bisher nicht geplant.
„Der Einzahlungsstrom hat sich im Zuge der fehlenden Fahrzeugverkäufe stark verengt, daher müssen wir auch den Auszahlungsstrom auf das begrenzen, was aktuell wirklich wichtig ist“, sagte der Finanzchef. Wichtige Themen wie der Ausbau der Software-Kompetenz und die Elektromobilität würden nicht vom Tisch fallen, andere Projekte jedoch hinterfragt.
An der Dividendenerhöhung will Witter hingegen nicht rütteln. Der Vorschlag, den Aktionären für das Geschäftsjahr 2019 eine um 35 Prozent steigende Ausschüttung zu zahlen, sei „im Moment“ angemessen.
Mit Agenturmaterial
Mehr: Kurzarbeit im Autoland: Daimler, Opel und VW schicken Zehntausende in Zwangsurlaub.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.