Auktionshaus Dr. Fischer: Das Schlösschen ist zu eng geworden

Aus einer hessischen Sammlung: Palisanderkommode mit Architekturkulissen auf der Front, Taxe 15.000 bis 20.000 Euro.
Heilbronn. Mehr als eine halbe Million Euro (inkl. 27 Prozent Aufgeld) hat das Auktionshaus Dr. Fischer Heilbronn Mitte März mit Glas von Barock bis Jugendstil sowie Studioglas umgesetzt. Die kommende Auktion mit Kunst und Antiquitäten findet in der neuen Niederlassung im Westen der Neckarstadt statt.
Seit fast drei Jahrzehnten versteigert das Auktionshaus Dr. Fischer im malerischen Trappenseeschlösschen bei Heilbronn barocke Glaspokale, Jugendstilgläser und Studioglas, seit einigen Jahren auch russische Kunst, Antiquitäten und Asiatika. Doch nun ist das barocke Architekturjuwel zu eng geworden. Wenn am kommenden Freitag, den 28. März 2014 mehr als 1.000 Gemälde und Antiquitäten einer hessischen Privatsammlung aufgerufen werden, findet zum ersten Mal eine Auktion in der Zweitdependance in der Elbinger Straße in Heilbronns Westen statt.
Ehemalige Bankfiliale
Das Auktionshaus Dr. Fischer will sein Angebot erweitern und expandieren. Im Gespräch mit dem Handelsblatt sagte Firmeninhaber Jürgen Fischer: „Aus Platzgründen mussten wir uns auf einigen Gebieten bisher sehr einschränken, wie beispielsweise bei Möbeln, großen Gemälden, Tapisserien und auch Bronzen.“ Jetzt steht dem Wachstum des Unternehmens vonseiten der Logistik nichts mehr im Wege. Die ehemalige Bankfiliale in einem Gebäude aus den 1980er-Jahren bietet nicht nur einen Versteigerungssaal und großzügige Lager- und Schauräume. Mit eingebautem Aufzug und großem Tresorraum entspricht man heutigen Standards.

Diese Milchglas-Schnapsflasche aus dem 18. Jahrhundert wurde für brutto 5.700 Euro versteigert. (Ausschnitt)
Das Trappenseeschlösschen aber bleibt als Versteigerungsort den handlicheren Antiquitäten vorbehalten wie Silber, Fayencen und Schmuck und natürlich dem Glas. „Diese Sparte ist nach wie vor unser Zugpferd“, sagt der erfahrene Auktionator. 6,5 Millionen Euro Umsatz inklusive Aufgeld hat man im vergangenen Jahr eingefahren. Gut ein Drittel davon wurde mit Glas realisiert.

Wie ein Raumschiff: Vasenobjekt von Joel Philips Myers. Es erzielte 6.600 Euro (inkl. Aufgeld).

Mit bester Provenienz: Rokoko-Tabatiere aus dem ehemaligen Besitz des Prinzen Albrecht von Preußen, Taxe: 10.000 bis 15.000 Euro.
Der Trend geht eindeutig zu Arbeiten nach 1945. Das unterstreichen auch die Ergebnisse der Glasauktion vom 15. März diesen Jahres. Mit einem Erlös von 12.700 Euro (inkl. Aufgeld) wurde eine sogenannte „Millepiedi-Vase“ aus Murano nach einem Entwurf von Ermanno Toso von 1955 eines der teuersten Objekte. Ein flaches, weichgeformtes Vasenobjekt mit bildhaft-abstrakten Einschmelzungen des Amerikaners Joel Philip Myers kostete einem Liebhaber aus Deutschland mit 6.600 Euro mehr als das Doppelte der Taxe. Die Arbeit aus dem späten 20. Jahrhundert war Teil einer umfangreichen Privatsammlung von Studioglas. Auf diesem speziellen Gebiet hat sich das Auktionshaus eine führende Stellung erobert.
Schnaps aus weißer Milchglasflasche
14.000 Euro erzielte eine skulpturale Kreation der tschechischen Altstars Stanislaw Libensky und Jaroslava Brychtova. Einen Einsatz von 9.500 Euro erforderte das „Seeform set“ des allseits gefragten Dale Chihuly. Ein dynamischer Wachstumsmarkt aber sind weder das Glas des 20. Jahrhunderts noch ältere Sammlerstücke. Von insgesamt 922 aufgerufenen Losen konnten während der Auktion 591 zugeschlagen werden. Das entspricht einer losbezogenen Quote von 65 Prozent. Doch nur knapp 60 Mal konnte der Hammerpreis von 1.000 Euro überschritten werden.
„Auf dem Glassektor gibt es nur ganz wenige wirkliche Top-Sachen, Zuschläge über 20.000 Euro sind die große Ausnahme.“, analysierte Dr. Jürgen Fischer die Marktlage. Aber das Besondere, das Ausgefallene stachelt die Bieterlaune an. Einen Sprung von geschätzten 1.500 Euro auf 5.700 Euro (inkl. Aufgeld) machte eine alpenländische, blau getupfte Schnapsflasche aus weißem Milchglas. Ein seltenes venezianisches Flügelglas aus der Zeit um 1600 wechselte nach kurzem Bietergefecht bei 4.800 Euro mit Aufgeld den Besitzer.

Am kommenden Freitag in der Eröffnungsauktion der Zweigstelle steht nicht das Glas im Mittelpunkt. Die Hauptlose der hessischen Privatsammlung sind eine elegante französische Palisander-Kommode von 1765 sowie das kleinformatige Gemälde „Jesus und die weinenden Frauen von Jerusalem“ von Franz Francken II von ca. 1604/05. Die Schätzungen belaufen sich jeweils auf 15.000 bis 20.000 Euro. Bei den Porzellanen fallen vor allem zwei Meissen-Figuren eines Mohren und eines Orientalen als Pferdebändiger von 1750 auf. Die Kaendler-Entwürfe sind zusammen mit 10.000 bis 15.000 Euro taxiert.
Vorbesichtigung: bis 28. März, täglich von 9 bis 17 Uhr, am 28. März bis 12 Uhr





