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AuktionsnachberichtEin glänzendes Ergebnis

Der Versteigerer Kornfeld verkauft 15 Kunstwerke über der Schwelle von 1 Million Schweizer Franken – und sieht sich doch mit dem Geschmackswandel und sehr wählerischen Bietern konfrontiert.Susanne Schreiber 18.09.2025 - 12:05 Uhr Artikel anhören
Das extrem großformatige (257 x 391 cm) fotorealistische Frauenporträt „Tabea“ von Franz Gertsch aus dem Jahr 1981 spielte 5,4 Millionen Schweizer Franken ein. Foto: Galerie Kornfeld

Zürich. So ein Angebot kommt nie wieder auf den Markt: 247 Katalognummern an Druckgrafik von Edvard Munch, zusammengetragen noch zu Lebzeiten des Künstlers von dem Bankier und Rechtsanwalt Arnold Budczies. Kornfeld in Bern widmete dieser in der Familie bewahrten Munch-Sammlung einen eigenen Katalog, der nicht nur die erlesensten Vorbesitzer angibt, sondern auch die für den Kenner wichtigen Drucker der Blätter. Das Berner Versteigerungshaus setzte damit am 11. September nach eigenen Angaben knapp 17 Millionen um, von insgesamt gut 80 Millionen Schweizer Franken Gesamtergebnis.

Im Vorfeld geregelt waren die Ansprüche der Nachfahren des von den Nationalsozialisten verfolgten und entlassenen Direktors der Berliner Kunstbibliothek, Curt Glaser. Aus dessen berühmter Privatsammlung hatte Budczies allein 42 Blätter erworben. Von den vier Millionenzuschlägen bei Munch entfielen gleich zwei auf Raritäten mit Glaser-Provenienz: Bei dem Farbholzschnitt „Melancholie II“ sauste der Hammer bei einer Million Franken nieder zugunsten eines Telefonbieters (Taxe 450.000 Franken).

Bei Edvard Munchs Farbholzschnitt „Melancholie II“ aus der Sammlung Curt Glaser sauste der Hammer bei einer Million Franken nieder zugunsten eines Telefonbieters. Foto: Galerie Kornfeld

Für das Schabkunstblatt „Nächtliche Straße“ investierte ein Großkunde mit 1.455.000 Franken das Doppelte der Taxe. Derselbe Kunde im Saal setzte sich auch beim Farbholzschnitt „Kuss  II“ gegen Telefonkonkurrenz durch. Die von ihm bewilligten 3.535.000 Franken erneuern und erhöhen den 2019 bei Kornfeld eingefahrenen Weltrekord für eine Munch-Grafik. Ebenfalls aus der Sammlung Heinrich Stinnes ersteigerte sich dieser finanzstarke Kenner das Schabkunstblatt „Junge Frau am Strand“ für 1.915.000 Franken. Aus der Glaser-Sammlung übernahm er ferner die in wunderbar samtigem Ton dargestellten „Badenden Knaben“ für 230.000 Franken.

So brillant diese Ergebnisse sind, sie treffen auf ein schwieriges Umfeld, das geprägt ist von geopolitischen und ökonomischen Unsicherheiten auf der einen Seite und einem tiefgreifenden Geschmackswandel auf der anderen. Denn so tief, wie einst Arnold Budczies Munch-Blätter sammelte – viele Porträts von Zeitgenossen oder auch harmlose, weniger existenzielle Themen –, sehr vieles, auch Erschwingliches, wurde zurückgewiesen. Bei dem 43. Rückgang haben wir aufgehört zu zählen.

Diego Giacomettis mächtiger, fünfarmiger Kerzenständer „Candélabre navigateur“ erzielte mit dem Ergebnis von 1.455.000 Franken das Dreifache der Schätzung. Foto: Galerie Kornfeld; VG Bild-Kunst

Der Befund selektives Bieterverhalten gilt auch für die zweite bedeutende Einlieferung von rund 500 Kunstwerken mit „EWK“-Provenienz. Der 2023 verstorbene Patron Eberhard Walter Kornfeld hatte selbst die Versteigerung seiner Privatsammlung angeregt. Von sechs Katalogen waren ihm zwei gewidmet, in den anderen fanden sich immer wieder seine Lieblinge eingestreut. Zwar gab es auch hier etliche Millionenlose, aber so wissenschaftlich genau, wie Eberhard Kornfeld die Grafik des 19. Jahrhunderts, Zeichnungen von Alberto Giacometti oder Bilder von Sam Francis zusammentrug, sammelt heute keiner mehr.

Nicht Vollständigkeit und Nähe zum Künstler sind entscheidend, sondern die „wallpower“ eines Motivs sowie – preissteigernd – eine noble Provenienz. Befreundet mit Alberto Giacometti hatte sich Eberhard Kornfeld stets auch für den Designer Diego Giacometti eingesetzt, der lange Zeit „nur“ als Assistent des berühmten Bruders abgetan wurde. Insofern war es ein Triumph bei Kornfeld, dass Diegos mächtiger, fünfarmiger Kerzenständer „Candélabre navigateur“ mit dem Ergebnis von 1.455.000 Franken das Dreifache der Schätzung einbrachte. Während Diegos Sofatisch und dazu passende Hocker in luftige Höhen getrieben wurden, wollte niemand eine Gipsbüste und einen kleinen Bronzekopf bei jeweils siebenstelliger Taxe vom berühmteren Alberto haben.

Motiv und erstklassige Provenienz als Preistreiber

Dennoch: Fünfzehn Millionenwerke in einer Saison – das schafft kein Auktionshaus hierzulande. Und dazu noch 100 Werke über der Schwelle von 100.000 Franken. Ein glänzendes Ergebnis. Die Kombination von Motiv und erstklassiger Provenienz war hier immer wieder Preistreiber. Exemplarisch lässt sich das nachvollziehen bei einer Einlieferung von den Nachfahren des Jenaer Philosophieprofessors Eberhard Grisebach, der sich noch vor seinem Engagement für Ernst Ludwig Kirchner für Edvard Munch einsetzte. Bei dem Stadtbild des Norwegers „Kirche in Travemünde“ von 1903 fiel der Hammer bei 350.000 Franken. Kirchners majestätischer „Münsterplatz in Bern“ von 1935 kostete am Ende mit Kommission 1.282.500 Franken.

Ein internationaler Sammler bewilligte für Claude Monets Ölgemälde einer winddurchfurchten Küstenlandschaft mit Aufgeld 5,9 Millionen Franken. Foto: Galerie Kornfeld

Ein Vorreiter des Geschmacks war Eberhard Kornfeld nicht nur bei Diego Giacometti. Auch in den Bildern, die Ernst Ludwig Kirchner in seiner Davoser Zeit von den Damen Spengler und Gujer sticken ließ, erkannte er ihren künstlerischen Wert, als Gesticktes und Gewebtes nur als Gedöns galt. Letzte Woche kämpften die Bieter um Kirchners moderat auf 5000 und 35.000 Franken geschätzten Textilarbeiten. Ein Kissen vervierfachte seine Taxe, bei dem teureren Bildteppich fiel der Hammer bei 48.000 Franken.

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Durch zahlreiche Vorgebote abgesichert war das Ölgemälde einer winddurchfurchten Küstenlandschaft von Claude Monet. Es kam zügig auf einen Hammerpreis von 5,1 Millionen, mit Aufgeld bewilligte ein internationaler Sammler 5,9 Millionen Schweizer Franken. Der zweite Weltrekordpreis nach Munch fiel bei Franz Gertschs XXL-Format „Tabea“. Ein anderer internationaler Bieter konnte sich das so präzise wie eine Fotografie gemalte Mädchenbildnis des Schweizer Künstlers erst für 5,4 Millionen Franken sichern, hoch über der Schätzung. Damit hat sich der Top-Preis für ein Gemälde von Gertsch fast verdoppelt. Allen ist klar: Werke des 2022 verstorbenen Künstlers sind auf der Überholspur. Wir werden bald mehr von Franz Gertsch auf dem Auktionsblock sehen.

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