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BörseFlucht vor dem Showdown

Die Hauptversammlung der Berliner Artnet AG begann mit einer großen Überraschung. Die Aufarbeitung der Vorfälle der turbulenten letzten Hauptversammlung fiel aufgrund der Abwesenheit des Managements allerdings extrem dürftig aus.Stefan Kobel 30.09.2025 - 17:14 Uhr Artikel anhören
Jacob Pabst, Vorstandsvorsitzender der Berliner Artnet AG, hat sein Amt am Vorabend der Hauptversammlung mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Foto: Artnet AG, Karin Kohlberg

Berlin. Die voraussichtlich letzte live abgehaltene Hauptversammlung der bereits nicht mehr börsennotierten Berliner Artnet AG am 29. September begann mit einem Paukenschlag. Der Aufsichtsratsvorsitzende Pascal Decker, Anwalt in Berlin, gab bekannt, dass der Vorstandsvorsitzende Jacob Pabst am Abend zuvor sein Amt mit sofortiger Wirkung niedergelegt habe. Dessen Vertrag war allerdings bereits Ende August ausgelaufen. Als Begründung für den abrupten Rückzug habe er angegeben, dass es keine Einigung über seine weitere Führung des Unternehmens gegeben habe. Andrew E. Wolff, der laut boerse.de bereits 98,93 Prozent der Aktien hält und ebenfalls Eigentümer des Wettbewerbers Artsy ist, übernimmt das Amt interimistisch. Jan Petzel, Geschäftsführer der Leonardo Art Holdings, in der Wolff seine Anteile bündelt, erklärte auf Nachfrage, er sei ebenso überrascht von der Nachricht. Er sei allerdings froh, dass die Hauptversammlung überhaupt habe stattfinden können.

Recht einseitige Veranstaltung

Rüdiger K. Weng, CEO der Weng Fine Art AG (WFA) und mit 30 Prozent ehemaliger Hauptaktionär von Artnet, sprach von einem „Weglaufen“ Pabsts. Was ein Showdown zwischen den ehemaligen Kontrahenten Weng und der Familie Neuendorf hätte werden können, deren Patriarch Hans das Unternehmen 1998 an die Börse gebracht und dessen Sohn Jacob Pabst die letzten zwölf Jahre als CEO gedient hatte, geriet so zu einer recht einseitigen Veranstaltung.

Die Aufarbeitung der Vorfälle der turbulenten letzten Hauptversammlung fiel aufgrund der Abwesenheit des Artnet-Managements extrem dürftig aus. Fragen zum Geschäftsjahr 2025 wurden nicht beantwortet, obwohl gerade dieser Zeitraum wegen der Übernahme von Interesse gewesen wäre. Auch zu den Plänen für die Zukunft des Unternehmens war weder vom neuen Eigentümer noch von den Aufsichtsräten etwas zu hören.

Abwesenheit der gesamten Führungsebene

Dirk Hagemann von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hätte sich angesichts der Abwesenheit der gesamten Führungsebene die Absage der HV gewünscht. Allerdings gestand er ein, dass die Übernahme durch Beowulff die einzige gangbare Option gewesen sei, da ansonsten in diesem, spätestens im nächsten Jahr „die Lichter ausgegangen wären“. Er benannte auch ganz klar die Gründe, die seiner Meinung nach zu der desolaten Finanzsituation von Artnet geführt hatten: „Hauptverantwortlich dafür war natürlich die Familie Neuendorf. Diese vielen Millionen, die hier über die Jahre mit überhöhten Vorstandsvergütungen, Beratungsdienstleistungen und so weiter aus dem Unternehmen geflossen sind, haben das Aktionärsvermögen ganz erheblich geschmälert.“

Die Zahlungen in Form von Honoraren und Reisekosten an Hans Neuendorf allein seit 2018 beliefen sich auf 1,8 Millionen Euro. Die angefragten Angaben für die Jahre ab 2012, als er den Vorstandsposten an seinen Sohn abgetreten hatte und selbst in den Aufsichtsrat gewechselt war, wurden auch diesmal nicht genannt.

Klagen angekündigt

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Weng kündigte im Rahmen der Generaldebatte straf- und zivilrechtliche Schritte gegen Mitglieder der Familie Neuendorf und aktuelle wie ehemalige Aufsichtsräte an. Aufsichtsratsvorsitzender Decker hält die angekündigten Klagen nach eigenen Worten für gegenstandslos: „Die Vorwürfe sind absurd.“ Er sehe weder bei sich noch bei anderen Organmitgliedern straf- oder zivilrechtlich relevante Verstöße. Dem absehbaren Ende seines Engagements an der Spitze des Aufsichtsgremiums sieht er ruhig entgegen. „Ich hab das Gefühl, hier etwas Positives bewirkt zu haben. Der gordische Knoten, der das Unternehmen seit Jahren blockiert hat, ist endlich aufgelöst.“

Vorstand und Aufsichtsrat wurden erwartungsgemäß vom neuen Eigentümer entlastet. Ebenso wurde der Möglichkeit zur Kapitalerhöhung zugestimmt. Damit kann frisches Geld im Umfang von knapp 50 Prozent des Grundkapitals zugeschossen werden. Wann die allerletzte Hauptversammlung der Artnet AG, die voraussichtlich virtuell durchgeführt wird, stattfinden soll, um den Squeeze-out zu beschließen, der die verbliebenen gut 800 Aktionäre aus dem Unternehmen drängt, sei noch nicht klar.

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