Das teuerste Bild der Welt: „Salvator Mundi“ und die Vision von der Rentabilität

Christie's vermarktete das Bildnis nach allen Regeln der Kunst rund um den Globus.
Paris. Vergangene Woche wurde das Gemälde „Salvator Mundi“ für unvorstellbar hohe 450 Millionen Dollar versteigert. Das teuerste Bild der Welt ist ausgerechnet ein Alter Meister, bei dem nur wenig von Leonardo da Vincis eigener Hand stammen dürfte. Der vom Auktionshaus Christie’s geschürte Leonardo-Wahn sei „die größte Spekulationsblase aller Zeiten“, meint der französische Wirtschaftsjournalist François Lenglet. „Der Kunstmarkt schlägt gerade hohe Wellen, aber dieser Höhenflug hat nichts Rationales an sich.“ Weil dieser Rekordpreis logisch schwer erklärbar ist, vermuten viele Marktbeobachter und Museumsleute hinter dem oder den anonymen Käufern Geldwäscher.
Es gibt aber noch eine andere Theorie, wer die Käufer sein könnten. Thierry Ehrmann ist Gründer und Generaldirektor der Datenbank Artprice. Der Franzose ist für seine expansiven Ambitionen und seine Zaubereien mit Statistiken seit gut 20 Jahren bekannt. In der französischen Sonntagszeitung „Le Journal du Dimanche“ und in einer Artprice-Mitteilung gab Ehrmann zu verstehen, zwei Investmentfonds hätten den „Salvator Mundi“ von Leonardo da Vinci gemeinsam mit bedeutenden internationalen Museen gekauft. Unter Anführung eines „Market Makers“ hätten sie den Auktionspreis von 450,3 Millionen Dollar (381 Millionen Euro) bewilligt.
Gelegentlich platzt die Blase
Ehrmann behauptet, er habe selbst die statistisch-theoretische Basis geschaffen, die es dem „Market Maker“ ermöglichte, die Investmentfonds und die Museen rasch zu vereinen, um das Gemälde zu erwerben. Ehrmann verkündet weiter, dass er den Preis von einer halben Milliarde Dollar für das teuerste Kunstwerk bereits vorhergesagt habe und dass man bis 2020 sicher mit einem weiteren Preissprung auf eine Milliarde Dollar rechnen könne. Aber selbst er kennt vorläufig weder den Namen des offiziellen Käufers, noch die Namen der Investmentfonds und eingebundenen Museen.
Ehrmanns Analyse dieser extremen Preisentwicklung auf dem Kunstmarkt basiert seiner Beobachtung nach auf zwei Säulen. Erstens expandiert seit den 1980er-Jahren weltweit der Museumsbau, der nach dem Jahr 2000 insbesondere in Asien einen neuen Schub bekam. Zweitens boomt der Kunstmarkt. Dabei lässt Ehrmann allerdings bewusst außer Acht, dass stets nur wenige Top-Werke Höchstpreise in schwindelerregenden Höhen realisieren. Und dass gelegentlich eine „Blase“ platzt, wie etwa 1991, als der Impressionisten-Markt einbrach und ganze Nachfrageländer – damals Japan – wegfielen.
Selbstbewusst verkündet Thierry Ehrmann die „industrielle Vision der Rentabilität“ der (von ihm beratenen) Museen. Entscheidend dafür ist die Rechnung, wie lange es dauern kann, bis das Kapital, das für den Museumsbau und den Aufbau der Sammlung investiert wurde, rentabel wird. Leonardos „Salvator Mundi“, der Retter der Welt, könnte in verschiedenen Museen gezeigt werden, beziehungsweise ließe sich an andere Museen vermieten. Das würde die Menschenmassen anziehen wie es Christie’s vormachte mit seiner Leonardo-Werbetour in London, Hongkong, San Francisco und New York. Nach sieben bis neun Jahren Ausstellung in Asien und den Ländern am Golf hätte sich, so die Kalkulation, die Investition von 450,3 Millionen Dollar gelohnt.
Eindeutig schwebt Ehrmann das Modell des Louvre in Paris vor, wo man zuletzt mehr als sechs Millionen Menschen pro Jahr zählte. Davon bezahlen rund zwei Drittel den Eintritt von 15 Euro. Das ergibt rund 60 Millionen Euro jährlich und könnte grob dem Rentabilitäts-Kalkül von Artprice entsprechen. Aber weltweit gibt es nur einen Louvre (trotz seiner Zweigstellen in Lens im Norden Frankreichs und neuerdings in Abu Dhabi), der Besucherzahlen zwischen sechs bis neun Millionen generiert. So gesehen, erscheint Ehrmanns Berechnungsbasis doch ziemlich optimistisch.

Um eine Stellungnahme zu Thierry Ehrmanns Äußerungen gebeten, antwortete Christie’s-CEO Guillaume Cerutti umgehend: „Was das Bild von da Vinci betrifft, haben wir eine sehr klare Linie, die darin besteht, keinen Kommentar zu geben.“ Das Rätselraten um die Käufer geht weiter.





