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  4. Steuerberater dämpft Hoffnungen auf eine baldige Rückkehr zur ermäßigten Mehrwertsteuer

Deutscher KunsthandelBesteuerung von Galerien: Bauchweh bei Bescheid

Einmal im Jahr veranstaltet der Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler einen Praxistag, auf dem Fachleute die Branche auf den neuesten Stand bringen.Christiane Fricke 29.09.2022 - 11:32 Uhr aktualisiert Artikel anhören

Die Geschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Galerien und Kunsthändler (BVDG) und ihre Mitstreiterin setzen sich seit zehn Jahren für die Rückkehr zum ermäßigten Mehrwertsteuersatz ein.

Foto: Raphael Hingst, Galerie Frank Schlag & Cie.

Köln. „Sieben statt 19!“ Seit zehn Jahren kämpft der Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler (BVDG) für die Wiedereinführung des ermäßigten Steuersatzes für Kunst und Antiquitäten. Nun fühlt man sich so nah am Ziel wie noch nie. Die Hoffnung inspirierten unerwartete Bewegungen in der deutschen Politik, aber vor allem eine Steilvorlage von Seiten der EU Ende 2021, die Ende März 2022 ihren Entwurf zur Änderung der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie absegnete.

"Die Mitgliedsländer haben nun die Möglichkeit, ihre jeweilige nationale Gesetzgebung zu korrigieren", berichten Birgit Maria Sturm, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Galerien und Kunsthändler (BVDG) und ihre Mitstreiterin Silvia Zörner. Auch das Kulturstaatsministerium (BKM) – das uns ja unterstütze – könne sich nun darauf berufen und uns beim Finanzminister unterstützen, dass wirklich etwas getan werde.

Auf dem alljährlichen „Praxistag für Galerien“ gehörte die im Duett vorgetragene Rückschau auf eine Dekade Kampf für die Rückkehr zur ermäßigten Mehrwertsteuer sicher zu den kurzweiligsten Beiträgen. Florian Greiner, Partner der DELTAX Contemporary Steuerberatung (Köln, Berlin und Dresden), teilt ihren Optimismus.

„Der Ball liegt jetzt tatsächlich im Feld des deutschen Gesetzgebers“, sagte der Kölner Steuerberater im Nachgang zur Veranstaltung. Es solle nun bald in nationales Recht umgesetzt werden, was die EU erlaube. Deutschland könne mit der Wiedereinführung der Steuerermäßigung im Kunstmarkt einen Fehler beheben, der in den letzten Jahren dazu geführt habe, dass bildende Künstler und Galerien unterschiedlich besteuert würden.

Für den Kunsthandel ist der alljährliche Praxistag die Chance, sich von Fachleuten über ein breites Spektrum aktueller, den Galeriebetrieb berührender Themen auf den neuesten Stand bringen zu lassen. Beispielsweise was bei der Nutzung fremder Bildvorlagen durch Künstler rechtmäßig ist, wie Galerien vom Kulturgutschutzgesetz betroffen sind und welche Neuregelungen es im Steuerrecht gibt. Auch Kunstlogistik in Zeiten des Klimawandels, Nachlasspflege und digitale Lösungen im Umgang mit Blockchain und NFTs standen auf der Agenda.

Der Steuerberater und Rechtsanwalt, Partner der DELTAX Contemporary Steuerberatung, referierte über Neuregelungen im Steuerrecht.

Foto: Raphael Hingst, Galerie Frank Schlag & Cie.

Dabei dürften die Steuern angesichts geballter Krisen für den Fortbestand der Unternehmen ein zentrales Thema sein. Was im letzten dreiviertel Jahr bei größeren Betriebsprüfungen auf dem Tisch von Florian Greiner landete, sorgt in der Branche durchaus für Bauchweh, zumal die Finanzämter inzwischen über detaillierte Branchenkenntnis verfügen und auch Einzelsachverhalte prüfen.

Drei Themen rückte der Kölner Steuerberater in seinen Fokus: die Rechtsfolgen und Vorgehensweise beim meldepflichtigen Fernverkauf in ein EU-Mitgliedsland, die Inventarkontrolle sowie der Umgang der Finanzbehörden mit defizitär arbeitenden Galerien.

Betriebsprüfungen bis in die Details

Hochkomplex mit paradoxen Zügen – diesen Eindruck hinterlassen Greiners Ausführungen zur steuerlichen Behandlung im Auslands- und Kommissionsgeschäft auf die Beobachterin. Dabei darf sich ein Jeder darauf einstellen, dass Abläufe und Warenbewegungen im Detail geprüft werden.

Probleme können sich bei der Anerkennung des Vorsteuerabzugs ergeben, wenn etwa ein deutscher Künstler der Galerie Werke zur Verfügung stellt, die im Drittland, zum Beispiel auf einer Messe, veräußert werden.

Tücken beim Privatverkauf von Kunst

Doppelte Steuerschulden, sowohl die EU-Mehrwertsteuer als auch die deutsche Steuer, können auflaufen, wenn ein „privater“ Kunde aus der EU bei einer deutschen Galerie erwirbt und die Rechnung mit deutschem Steuerausweis erfolgt. Allerdings kann laut Greiner die „falsche“ Rechnung korrigiert werden. „Dann passt das wieder“, hat jedoch Ärger, Arbeit und Kosten verursacht.

Konfliktpotenzial auch beim Kommissionsgeschäft zwischen deutscher Galerie und einem Künstler aus einem Drittland. Oder wenn eine Galerie Werke eines Künstlers einführt und EU-Steuer geltend macht. Tücken birgt auch der Verkauf privater Werke durch die Galerie. Hier geht es nicht zuletzt um sorgfältige Dokumentation, damit das Finanzamt die private Herkunft nicht nachträglich in Frage stellen kann.

Folgerecht und Künstlersozialkasse

Abgaben-Cocktail mit tödlicher Wirkung

Schließlich hat es Greiner vermehrt mit Fällen zu tun, in denen Marktteilnehmer über einen längeren Zeitraum defizitär gearbeitet haben und sich nun mit der Finanzverwaltung auseinandersetzen. Sie haben ihre Verluste oft mit Überschüssen aus anderen Einkünften verrechnet, um so die Steuerbelastung zu senken. Das aber kommt als Bumerang zurück, wenn die Finanzämter zu der Auffassung gelangen, hier würde nur ein Hobby betrieben.

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Eine „sehr hohe Nachversteuerung“ droht, so Greiner. Denn klassischerweise erfolge die Aberkennung dieser Verluste rückwirkend und für mehrere Jahre.

Selbstredend betrifft das vor allem die kleineren Galerien. Die aber dominieren Deutschlands Galerienlandschaft bekanntlich zu gut 70 Prozent. Es ist eine Frage der Zeit, wann Inflation, Energiekrise, Krieg und Klimakrise ihren Tribut fordern.

Mehr: Deutscher Kunsthandel: Zu viele Galerien machen zu wenig Umsatz

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