Kunstmarkt Asien: Die großen Auktionshäuser machen sich fein für Hongkong
Hongkong. Christie’s hat letzte Woche seinen neuen Asien-Pazifik-Hauptsitz im „Henderson“, dem neuesten, teuersten und nobelsten Büroturm in Hongkong eröffnet. Das Auktionshaus mietet vier von 36 Stockwerken im von Zaha Hadid Architects gebauten eleganten, gläsernen Hochhaus für zehn Jahre.
In den Etagen sechs bis neun finden Kunden Galerieräume für Ausstellungen und Vorbesichtigungen, private Besichtigungsräume, Sitzungszimmer und Büros für Spezialisten und andere Mitarbeiter bequem an einem Ort. Die Ausstellungsräume lassen sich nahtlos in Auktionsräume umwandeln. Damit wird das Haus unabhängig von dem saisonalen Auktionskalender des Messezentrums Hongkong, wo bisher die Auktionen stattfanden.
Am 26. September geht es mit einer Auktion von 19 Objekten chinesischen Porzellans des Hongkonger Sammlers Au Bak Ling los, gefolgt von einer Abendauktion zur Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Die Auktionen werden ein erstes Licht darauf werfen, ob sich die Investitionen in einen neuen Ort im Herzen der Stadt im Kontext eines schwächelnden Marktes wirklich lohnen.
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Christie’s Asien-Präsident Francis Belin projiziert im Gespräch mit Journalisten Optimismus. Was bleibt ihm auch anderes übrig. Christie’s hat an dem Projekt als einer der ersten Hauptmieter von Henderson Land seit Jahren gearbeitet und kann trotz eines Rückgangs an Umsätzen keinen Rückzieher machen. Aber hoffentlich konnte das Auktionshaus gute Konditionen aushandeln, da kommerzielle Mietpreise in Hongkong sinken.
Die Eröffnung wird besonders auch von der Presse aus der weiteren Umgebung mit Interesse beobachtet. Regionale Zentren wie Shanghai, Taipeh, Tokyo und Singapur wollen Hongkong den Platz an der Spitze des asiatischen Kunstmarkts streitig machen. Die vielen neuen Kunstmessegründungen bezeugen das.
Aber obwohl einige internationale Galerien wie zum Beispiel Lévy Gorvy Dayan ihre Präsenz aufgaben, halten die großen Häuser an Hongkong fest und demonstrieren dies durch kapitale Investitionen. Hongkong mit seinen Freilagern, einer steuerfreien Einfuhr von Kunst und starken Finanzanbietern bietet weiterhin Standortvorteile.
Phillips war Vorreiter, als es 2023 neben das Hongkonger Museum für Gegenwartskunst M+ in ein neues Gebäude von Herzog & de Meuron einzog. Mittlerweile jedoch scheint der Standort im Kulturdistrikt West Kowloon etwas fragwürdig, da die anderen Häuser und Galerien am zentralen Distrikt auf der Insel selbst festhalten. Sotheby’s bezog Ende Juli eine neue Adresse in Landmark Chater, einen Steinwurf von Christie’s entfernt.
Sotheby’s hat allerdings am neuen Ort eine wesentlich andere Kundenstrategie als Christie’s entwickelt. Christie’s hält an der Tradition fest, dass ein Luxusambiente zum Grundstein der Kundenbetreuung gehört. Auch wenn das Haus zum ersten Mal feste Schaukästen für die Luxussparten Wein, Uhren, Schmuck und Handtaschen installiert, findet man Christie’s nur, wenn man weiß, dass man dorthin will.
Sotheby’s hingegen betreibt zum ersten Mal in der Geschichte des Hauses eigene Verkaufsräume, in denen eine eklektische Mischung angeboten wird. Vier Ladengeschäfte umfassen eine exquisite Luxusabteilung in der Mitte der Fläche. Die insgesamt sieben Salons liegen an einer Passage zwischen Büros und Luxusgeschäften. Die Atmosphäre ist lebendig, in allen Geschäften sind an einem Freitagnachmittag Leute, die interessiert schauen.
Ohne Berührungsängste kann der Kunde zwischen Erstauflagen von Büchern, Filmpostern, Möbeln aus allen Jahrhunderten, Rüstungen, Dinosaurierskeletten und alter und neuer Kunst wählen, was das Auge anspricht. Preise, fast immer klar ausgeschildert, fangen bei wenigen hundert Euro an und gehen in die Millionen. Sogar Banksy’s zerschreddertes „Girl without Balloon“ kann man derzeit dort bewundern. Allerdings steht es laut Aussage des Hauses als einziges Objekt nicht zum Verkauf.
Erst im Untergeschoss findet man eine exklusive Stimmung, mit klassischer Musik unterlegt. Auch hier stellt Sotheby’s ein neues ästhetisches Konzept vor. Man steht nicht in weißen Galerieräumen, sondern in einem Gewölbe aus dunkelgrauem Holz, in dem auch Decken und Böden schwarz erscheinen. Spotlights erleuchten die wenigen exklusiven Kunstwerke.
Nicolas Chow, Asien Chairman und Stratege des Konzepts, ist überzeugt von der Mischung. „Seit Januar haben wir jeden Tag etwas verkauft.“ Das Konzept der sogenannten Salons, die er als Concept Store bezeichnet, geht auf. Der nächste Salon wird im Oktober in Paris im neuen französischen Hauptsitz eröffnet.
Aber nicht nur Sotheby’s ist von der Wichtigkeit eines Ladenlokals überzeugt. Hauser & Wirth, ehemals Mieter im vor Jahren hochgelobten Galerienhaus H Queen‘s Road, wo weiterhin Pace und David Zwirner residieren, beschloss, dass eine Galerie im Erdgeschoss helfen kann, die Öffentlichkeit besser anzusprechen. Die Galerie zog Anfang 2024 in großzügige Eckräume am Beginn der Queens Road Central ein.
Der L-förmige Galerieraum, von Kunstweltliebling Annabelle Selldorf entworfen, bietet die richtige Mischung in Sachen Zugang. Man hat zwar Einblicke von außen, muss aber dennoch in die Galerie hineingehen, um alle Werke zu sehen. Und wer sich Kunst in den privaten Schauräumen ansehen will, der hat dafür eine eigene Etage, separat vom Galeriebereich.
Elaine Kwok, geschäftsführende Partnerin bei Hauser und Wirth, betont beim Rundgang. „Die neuen Räume sind vor allem auch für die Künstler wichtig. Wir haben unser Programm für die nächsten zwei Jahre voll. Sie sind begeistert, hier auszustellen.“ Im Gegensatz zu den Auktionshäusern geht es hier um intensive Beziehungen zum lokalen Ort der Galerie und damit zu Hongkong.
Der amerikanische Künstler Mark Bradford hat gerade eine Ausstellung mit neuen Werken in der Galerie eröffnet, aber vor allem hat er mit Schulkindern ein Projekt in Stadtteil Sham Shui Po entwickelt.
Das Education Lab ist das erste nicht-kommerzielle Projekt der Galerie in Asien. Damit kann die Galerie auch in schwierigen Zeiten Impulse setzen. Und der Einsatz zahlt sich aus – das Museum M+ hat schon 2016 eines der Bilder des Künstlers, das sich auf Hongkong bezieht, angekauft.
Die Wirtschaft mag schwächeln, die politische Lage ist schwierig, aber der Kunsthandel tut sein Bestes, das Interesse an Kunst und Kultur weiter anzuregen.
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