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Raubkunst Der beschämende Umgang mit NS-Raubkunst aus dem Besitz des Bundes

Jahrzehnte hing Carl Spitzwegs Gemälde der Göttin Justitia in den Büros der Bundespräsidenten. Jetzt wird das Bild nach 13-jährigem Gezerre bei Neumeister versteigert.
12.03.2020 - 08:01 Uhr 1 Kommentar
Leo Bendel verkaufte das Gemälde „Fiat Justitia“, um seine Flucht aus Nazi-Deutschland zu finanzieren. Quelle: Neumeister
Carl Spitzweg

Leo Bendel verkaufte das Gemälde „Fiat Justitia“, um seine Flucht aus Nazi-Deutschland zu finanzieren.

(Foto: Neumeister)

Berlin Als hätte Carl Spitzweg geahnt, welches Schicksal seine Justitia und ihre Eigentümer erwartet, hat er seiner Göttin diverse Brüche im wörtlichen Sinne und weitere Merkwürdigkeiten mitgegeben. Offensichtlich einmal vom Sockel gestürzt und wiederaufgerichtet, einer Waagschale verlustig gegangen, lugt sie unter ihrer verrutschten Augenbinde hervor, während hinter einer Hausecke schon ein Soldat als Vertreter der Staatsmacht lauert.

Die war es auch, die den ehemaligen Besitzer des Gemäldes, den Berliner Kunstsammler Leo Bendel 1938 unmittelbar nach dem „Anschluss“ Österreichs aus seiner Wiener Wohnung zerrte und ins KZ brachte, wo er ein halbes Jahr später starb. Zuvor hatte Bendel 1937 Spitzwegs „Fiat Justitia“ an die Münchener Galerie Heinemann verkauft, um sich mittels Zahlung der berüchtigten Reichsfluchtsteuer die Ausreise zu erkaufen.

Bei Heinemann erwarb die Einkäuferin der Nazis das Bild des Lieblingsmalers von Adolf Hitler für dessen geplantes Führermuseum in Linz. Nach dem Krieg bemühte sich die Witwe Else Bendel bis zu ihrem Tod 1957 vergeblich um Entschädigung.

Mit Auflösung des Central Collecting Point der Alliierten 1961 ging das Gemälde an die Bundesfinanzbehörde. Von da an schmückte es in der Villa Hammerschmidt den Sitz aller Bundespräsidenten von Heinrich Lübcke bis zu Horst Köhler, der erst 2006 auf öffentlichen Druck die Restitution an die Erben verfügte. 2018 war das Bild sogar noch im Wiener Kunsthistorischen Museum zu sehen, versehen mit dem Hinweis, mögliche Erben sollten sich bitte melden.

Die tatsächliche Rückgabe erfolgte erst Ende 2019. Das Kaufangebot der Erben an den Bund lehnte das Büro von Kulturstaatsministerin Monika Grütters mit der Begründung Geldmangel in einem Brief ab. Geschenkt würde man es aber nehmen, ließ das Ministerium wissen.

Sechsstelliger Schätzwert

Jetzt wird die so arg strapazierte Justitia am 25. März bei Neumeister in München versteigert. Katrin Stoll, die Eigentümerin des Auktionshauses, die sich mit der Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit des von ihrer Familie nach dem Krieg übernommenen Unternehmens einen guten Ruf erworben hat, möchte den Schätzwert nicht beziffern. Zu vielschichtig seien Sujet und Geschichte des Werks. Aufgerufen werde es wohl mit einem hohen sechsstelligen Betrag.

So könnte die Geschichte des Spitzweg-Gemäldes für die Erben der Opfer doch noch einigermaßen versöhnlich enden, nachdem sich die Bundesrepublik über Jahrzehnte hinweg beschämend verhalten hat.

Fehlt nur noch, dass das Werk als schützenswertes Kulturgut keine Exportgenehmigung erhielte. Dann hätte Spitzwegs Justitia noch eine weitere Blessur zu ertragen. „Adding insult to injury“ nennt man so etwas im englischen Sprachgebrauch – der Verletzung noch die Beleidigung folgen lassen.

Mehr: Raubkunst in Schweinfurth: Lesen Sie hier über den Umgang mit Rückgabeforderungen an das Museum Georg Schäfer

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1 Kommentar zu "Raubkunst: Der beschämende Umgang mit NS-Raubkunst aus dem Besitz des Bundes"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Frau Grütters hat sich schon in eine Reihe von Fällen mit "Ruhm" bekleckert - das passt hervorragend in ihr Gesamtbild als Ministerin. Da sollte sich vielleicht Herr Steinmeier einschalten - aber wahrscheinlich nicht zuständig oder hat keine Zeit.

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