Auktionen: Prominenz sorgt für guten Preis

München. Mehrspartenhäuser mit einem Auktionsangebot von Alten Meistern bis zur Venini-Glas-Lampe aus den 1980er-Jahren sind für Kenner nicht selten ein Ort versteckter Perlen der Kunstgeschichte. In Neumeisters Herbstauktion haben Gemälde der Gotik diesen Part übernommen.
Durch ergreifende Sachlichkeit bestach die spröde, aber qualitätvolle Malerei einer gotischen Beweinungsszene Christi. Die kleine Holztafel vom Anfang des 16. Jahrhunderts, die laut Katalog im Umkreis des Brügger Malers Gerard David entstand, machte einen Satz von taxierten 5000 Euro auf einen Erlös von 23.400 Euro. Alle hier aufgeführten Preise enthalten das Käuferaufgeld.
Derselbe Käufer sicherte sich auch das darauffolgende Los. Für 71.500 Euro übernahm er die 20 cm hohen Bildnisse Martin Luthers und Philipp Melanchthons von Lucas Cranach dem Älteren und Werkstatt. Der Preis erscheint auf den ersten Blick nicht hoch. Aber Cranach hat die Porträts der beiden großen Persönlichkeiten der Reformation relativ häufig gefertigt, die früheste Version entstand 1532.
Neumeisters Angebot spiegelt ein anhaltendes Interesse an frühen Werken, die nicht unbedingt aus den Palästen der Medici stammen müssen. Es zählt die Ausdruckskraft. Ein weiteres langes Ringen im Saal und an den Telefonen kam auf, als eine entrückt wirkende Madonna mit Kind für 8000 Euro aufgerufen wurde. Ein Andachtsbild aus der Zeit um 1490 wurde häufig mit Bellini in Zusammenhang gebracht, jetzt aber dem Meister Dormitio Verginis Massari aus Ferrara zugeordnet. Das Madonnenbild war einem Franzosen letztlich 28.600 Euro wert.
Zu Lebzeiten wie auch im Auktionssaal begehrt war die Primaballerina Barbara Campanini. Im Stil von galanten Adelsporträts malte Barbara Rosina Lisiewska um 1746 die in ganz Europa berühmte italienische Tänzerin. Zu dieser Zeit trat sie in der Berliner Hofoper auf. Das attraktive Rokokoporträt machte deutlich: Auch bei Alten Meistern zahlt sich Prominenz aus. Für 62.400 Euro übernahm eine öffentliche Sammlung im Rheinland das Porträt, das die Tänzerin im Kostüm der Meeresnymphe Thetis zeigt. Porträts weniger berühmter Adelsdamen von der Hand Lisiewskas liegen preislich weit darunter.

Neumeisters gute Ergebnisse können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Markt für Alte Meister und für das 19. Jahrhundert äußerst selektiv ist. Rund zwei Drittel dieses Bereichs wurden nicht zugeschlagen.
Bei Jugendstil- und Art-Déco-Sammlern hatten die Namen Tiffany und Demétre Chiparus Zugkraft. Die aufreizende, auf Revue-Shows anspielende Figur „Etoile de Mer“ mit ihrem enganliegenden, an Taucheranzüge erinnernden Kostüm von 1928 zeigte, dass die besten Entwürfe des Pariser Bildhauers die Marktüberschwemmung mit Chiparus-Tischskulpturen überstanden haben. 67.600 Euro kostete die mit Sockel 78 cm hohe Tänzerin, was in etwa der Taxe plus Aufgeld entspricht.
Der als stilisiertes Blütenfeld angelegte Glas-Lampenschirm aus den New Yorker Tiffany-Studios von 1915 brachte mehrere Bieter auf den Plan. Mit 41.600 Euro zahlte ein Interessent das Doppelte der Taxe. Einsteigern in Sachen Künstlerkeramik boten Stücke mit Bemalungen von Jean Cocteau eine gute Gelegenheit. Wie sein Zeitgenosse Picasso suchte auch der Maler und Schriftsteller Cocteau permanent nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten und bemalte in den 1950er-Jahren Keramik.


Cocteaus signierter Teller „Astrologie“, gefertigt im Atelier Madeline Jolly in einer Auflage von 50 Exemplaren, ging für 4290 Euro weit unter den Preisen für Picasso-Keramik in neue Hände. Die Chancen in einem Mehrspartenhaus sind eben vielfältig.





