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Salzburger FestspieleGroße Kunst in der kleinen Form

Georg Baselitz triumphiert bei den Salzburger Festspielen mit seinem Debüt im Marionettentheater.Regine Müller 31.07.2025 - 17:42 Uhr Artikel anhören
Igor Strawinskys Musiktheater-Werk „Die Geschichte vom Soldaten" wird noch bis zum 3. August vom Salzburger Marionettentheater während der Salzburger Festspiele aufgeführt. Die Marionetten und das Bühnenbild stammen von Georg Baselitz. Foto: © SF/ Bernhard Müller

Salzburg. In Salzburg kann man derzeit ein Theaterwunder erleben, das beweist, dass in der Kunst Größenverhältnisse sehr relativ sind. Denn die Bühne im Salzburger Marionettentheater ist winzig, aber der Effekt von Georg Baselitz‘ Arbeit für Igor Strawinskys „Die Geschichte vom Soldaten“ ist so grandios, dass er den kleinen Bühnenkasten zu einem universellen Kunstraum weitet. 87 Jahre alt musste der im aktuellen Kunst-Kompass auf Platz drei der wichtigsten Künstler rangierende Baselitz werden, um noch einmal etwas ganz Neues anzufangen. Denn bei den Salzburger Festspielen hat er im Marionettentheater nicht nur die auf weißen Laken gestrichelten Hintergründe, sondern auch die äußerst gelenkigen Marionetten gestaltet.

Baselitz arbeitet mit einfachsten Mitteln. Die überlangen Glieder der Marionetten hat er aus Papprollen gebaut, sie tragen klobige Schuhe, bleiben aber nackte Gerippe, die rudimentären Köpfe sind aus bizarr verknautschtem Blech. Baselitz hat jeder Rolle eine Farbe zugeteilt: Braun ist der Schädel des Soldaten, blau der der Prinzessin, rot der des Teufels mit langem Dinosaurier-Schwanz. Die Figurinen sind roh, doch aufgeladen mit elektrisierender Energie, die durch die Künstlichkeit der puppenhaften Bewegungen noch erhöht wird.

Igor Strawinsky schuf sein Musiktheater für einen Sprecher und kleines Instrumentalensemble vor dem Hintergrund des Ersten Weltkriegs nach einem Libretto von Charles Ferdinand Ramuz. Die Figuren stammen aus dem Repertoire des Puppen- und Jahrmarkttheaters, es sollte ein Wandertheater mit sparsamen Mitteln sein, leicht zu realisieren nach den Verheerungen des Weltkriegs.

Das Ensemble 2025 des Marionettentheaters Salzburg. Foto: © SF/ Bernhard Müller

Die Partitur ist so wild gezackt und schrundig wie Baselitz‘ Kunst, die kleine Besetzung ist in Salzburg festspielreif: Isabelle Faust spielt den Violinpart und führt ein All-Star-Kammerensemble an. Dominique Horwitz übernimmt den Sprechpart und damit alle Rollen, die er in Sekundenschnelle wechselt. Er säuselt als Teufel in Gestalt einer alten Frau, er brummt und schreit, skandiert wie ein Bänkelsänger auf dem Jahrmarkt, immer synchron mit Strawinskys scharfen Rhythmen. Meist spricht er mit dem Rücken zum Publikum, den Puppen auf der Bühne zugewandt, nur ab und zu dreht er sich zum Publikum, als wolle er eine Lektion erteilen.

Inszeniert hat Matthias Bundschuh, hin und wieder zeigt er poetische Schattenspiele, einmal eine Stichflamme, und manchmal führt er auch die Puppenspieler sichtbar auf die Bühne. Es gibt keinerlei Aktualisierungen, einzig ein Stahlhelm auf der Bühne verweist auf die zeitlose Aktualität des Stoffs, die Allgegenwart des Kriegs und die Verführbarkeit des Menschen durch den Teufel, der Geld und Macht verspricht.

Pures Theater, bei dem Baselitz‘ Kunst ganz bei sich selbst ankommt, denn seine Bildsprache wirkt wie geschaffen für das archaische Medium des Marionettentheaters. Großer Jubel für einen Überraschungserfolg der Festspiele.

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