Kredite Unternehmen suchen in der Coronakrise frisches Geld

Die Geldhäuser fürchten sich vor faulen Krediten im Herbst und im Winter.
Frankfurt Bislang haben sich die meisten deutschen Banken in der Coronakrise achtbar geschlagen: „Wir können mit einem gewissen Stolz sagen: Wir sind in dieser Krise Teil der Lösung,“ so brachte Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing auf der Hauptversammlung des größten heimischen Geldhauses Mitte Mai die Stimmung in der gesamten Branche auf den Punkt. Doch die Pandemie entwickelt sich zum Marathon für die deutsche Wirtschaft, und damit wachsen die Herausforderungen für die Unternehmen und für die Banken.
In einer neuen Umfrage des Münchner Ifo-Instituts gaben 34,4 Prozent der Firmen an, im zweiten Quartal 2020 Kreditverhandlungen mit Banken geführt zu haben. Das liegt nur knapp unter dem bisherigen Höchstwert, der im ersten Quartal 2017 registriert wurde. Anfang 2020 waren es noch 29,3 Prozent. Inzwischen zeigen sich die Kreditgeber vorsichtiger. „Von denen, die verhandelten, berichteten 19,4 Prozent von einem eher zurückhaltenden Verhalten der Banken“, erläutert Klaus Wohlrabe, Leiter der Befragungen beim Ifo-Institut. „Dies ist der Höchststand seit 2017.“
Historisch betrachtet sind die Probleme der Unternehmen bei der Kreditbeschaffung allerdings nach wie vor eher gering. Während der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 berichteten um die 50 Prozent der Unternehmen von einer sogenannten Kredithürde.
Im Rahmen seiner Konjunkturumfragen befragt das Ifo Institut die teilnehmenden Unternehmen viermal im Jahr auch zu Kreditverhandlungen und zur Kreditvergabepolitik der Banken. Viele Unternehmen versuchen während der Rezessionsphase durch Kredite ihre Liquidität zu sichern und die wirtschaftlich schwierige Phase finanziell zu überstehen.
Bei der aktuellen Umfrage konzentrierte sich die Nachfrage nach neuen Krediten vor allem auf die Branchen, die von der Pandemie besonders hart getroffen wurden. In der Gastronomie gaben 68,7 Prozent der Betriebe an, Kreditverhandlungen geführt zu haben. Bei Hotels (60,7 Prozent) und in der der Reisebranche (50,7 Prozent) waren es ebenfalls überdurchschnittlich viele Unternehmen.
Im Einzelhandel wurde mit 37,6 Prozent ein Rekord für die Branche erreicht. Gleiches gilt für die Industrie mit 34,6 Prozent und den Großhandel mit 31,1 Prozent. Hingegen berichteten in der Baubranche unterdurchschnittlich viele Unternehmen von laufenden Kreditverhandlungen (23,8 Prozent). Über eine Zurückhaltung der Banken klagten vor allem Industriebetriebe: Hier lag der Anteil mit 22,1 Prozent klar über dem Durchschnitt.
Ein Grund für die wachsende Zurückhaltung der Banken dürfte die Furcht vor Kreditausfällen sein. Die meisten Experten rechnen für den Herbst und Winter mit einer Welle von Unternehmenspleiten, die sich auch in den Bilanzen der Banken niederschlagen dürfte. Nach Prognosen der Unternehmensberatung Bain könnte die Kreditrisikovorsorge im Firmenkundengeschäft in diesem Jahr um bis zu 150 Prozent steigen und damit ein neues Rekordniveau erreichen. Die Ausfälle wären dann noch höher als während der Finanzkrise vor zwölf Jahren.
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