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BundestagswahlMerz muss sich im Kanzlerduell mit Scholz was trauen

Das Schlimmste, was Olaf Scholz und Friedrich Merz im TV-Duell am Sonntag passieren kann, ist, Langweile zu verbreiten. Womit sie sich gegenseitig ausstechen können, weiß Meinungsforscherin Janina Mütze. Ein Gastkommentar. 08.02.2025 - 10:03 Uhr Artikel anhören
Die Autorin Janina Mütze ist Gründerin und CEO des digitalen Markt- und Meinungsforschungsunternehmens Civey. Foto: IMAGO/Photothek [M]

Eine Inflation von TV-Duellen läutet die letzte Etappe des Bundestagswahlkampfs ein. Den Auftakt machen SPD-Bundeskanzler Olaf Scholz und CDU-Oppositionsführer Friedrich Merz am 9. Februar in ARD und ZDF. Fernsehdebatten der Spitzenkandidaten gelten als Herzstück des Wahlkampfs – doch wie relevant ist das Traditionsduell noch in einer zunehmend digitalen Medienlandschaft voller Filterblasen?

Eine Civey-Studie zeigt, dass das Fernsehen für rund zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger im Vorfeld der Wahlen die wichtigste Informationsquelle ist. Insbesondere ältere Wählerinnen und Wähler beziehen ihre Informationen vorrangig aus klassischen Medienformaten.

Da über 40 Prozent der Wahlberechtigten älter als 60 Jahre sind, stellen sie somit die entscheidende Zielgruppe dar. Für sie kann das Duell eine relevante Entscheidungshilfe sein.

Quadrell

Statt TV-Duell gibt es jetzt ein Quadrell: Viererrunde mit Scholz, Merz, Weidel und Habeck bei RTL

Gleichzeitig ist der Einfluss solcher Debatten auf jüngere Generationen kein Automatismus mehr. Sie treffen ihre Entscheidungen tendenziell kurzfristig, sind parteipolitisch weniger gebunden und beziehen ihre Informationen zu einem großen Teil von Plattformen wie Instagram, Youtube oder X. Auch dort findet der Wahlkampf statt, allerdings nach neuen Regeln.

Online dominieren kurze, pointierte und oft polarisierende Inhalte. Zudem gibt es dort keinen Kanzlerbonus: Robert Habeck, Alice Weidel und Markus Söder sind in den sozialen Medien deutlich präsenter als etwa Olaf Scholz.

Und gerade Alice Weidel sticht bei den unter 30-Jährigen heraus: Kein Spitzenkandidat wird in dieser Altersgruppe so häufig wahrgenommen wie sie. Dass Teile dieser Generation besonders anfällig für die AfD sind, haben wir 2024 bereits bei der Europawahl und den Landtagswahlen gesehen.

Scholz und Merz können sich die Logik der sozialen Medien aber auch im linearen Fernsehen zunutze machen: Prägnante Aussagen finden häufig als kleine Videoschnipsel ihren Weg in die digitale Sphäre, wo sie eine viel größere Zielgruppe erreichen können. Da kann ein starker Auftritt im TV-Duell – aber eben auch ein Patzer – entscheidend sein.

Wie schnell sich die öffentliche Wahrnehmung zu Kandidaten drehen kann, haben wir bei der vergangenen Bundestagswahl gesehen: Im Laufe des Wahlkampfs lagen sowohl Armin Laschet als auch Annalena Baerbock und Olaf Scholz zu unterschiedlichen Zeiten vorn.

Merz profitiert von seinen klaren Positionen bei relevanten Themen wie Wirtschaft und Migration

Zwei Wochen vor der Wahl kommen die Fernsehbühnen genau richtig: Viele Bürgerinnen und Bürger haben ihre Wahlentscheidung noch nicht getroffen. Gleichzeitig wünschen sie sich förmlich mehr klare Aussagen von Friedrich Merz und Olaf Scholz in diesem Wahlkampf. Diesen Raum sollten sie nutzen.

Kanzler Olaf Scholz (rechts) und CDU-Chef Friedrich Merz treffen am Sonntag im TV-Duell aufeinander. Foto: IMAGO/photothek

Merz profitiert von seinen klaren Positionen, gerade bei Themen, die aktuell wahlrelevant sind: Wirtschaft und Migration. Zudem wird er nicht erst seit seinen Vorstößen in der Migrationspolitik als konfliktbereit angesehen. Das birgt Chancen im Duell. Ganz nach dem Motto: Er traut sich was!

Im TV-Duell mit Scholz kann Merz auf diesem Thema sachpolitisch punkten, doch spätestens im Vierkampf mit Alice Weidel und Robert Habeck wenige Tage später sollte er wieder auf Wirtschaftspolitik setzen. Denn hier trauen die Wähler der CDU mit Abstand am meisten zu, wohingegen in Migrationsfragen die Wähler der AfD mehr Kompetenz zusprechen.

Gastkommentar

Bei einem rot-grün eingefärbten Kanzler Friedrich Merz wird sich nicht viel ändern

Olaf Scholz wird in beiden wahlentscheidenden Themen deutlich weniger zugetraut. Anders als 2021 sehen die Menschen in ihm auch keinen führungsstarken Kandidaten mehr. Er erreicht vor allem bei sozialer Gerechtigkeit und Sozialpolitik solide Werte. Das sind klassische SPD-Themen, die jedoch aktuell nur wenige Wähler an die Urne treiben.

Seine einzige Chance liegt darin, Zweifel an der Glaubwürdigkeit von Friedrich Merz zu säen und sich in puncto Besonnenheit und Erfahrung von seinem Kontrahenten abzugrenzen. Doch lässt sich Friedrich Merz provozieren?

Fehler in TV-Duellen bleiben häufiger in den Köpfen als eine gute Leistung.
Janina Mütze

Fest steht, dass Fehler in TV-Duellen häufiger in den Köpfen bleiben als eine gute Leistung. Erinnern wir uns daran, wie Joe Biden zum Rücktritt von seiner Kandidatur gebracht wurde aufgrund seines desaströsen Auftritts. Kandidaten sind deshalb geschult, Fehler zu vermeiden. Wenn beide Seiten auf Sicherheit spielen, führt das allerdings wie bei einem defensiven Fußballspiel nicht unbedingt zur besten Leistungsschau der einzelnen Spieler. Zum Leid der Zuschauenden.

Zumindest in diesem Punkt könnte die Vielzahl der TV-Debatten in diesem Jahr helfen: Ein Patzer kann schnell in der nächsten Runde ausgeglichen werden. Das sollte Merz und Scholz Mut machen: Seien Sie klar in den Positionen und langweilen Sie die Zuschauer nicht.

Verwandte Themen Friedrich Merz Olaf Scholz Alice Weidel CDU Robert Habeck SPD

Die Autorin: Janina Mütze ist Gründerin und CEO des digitalen Markt- und Meinungsforschungsunternehmens Civey.

Mehr: Von GroKo bis AfD-Tolerierung – welche Koalitionen denkbar und wie wahrscheinlich sie sind

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