Gastbeitrag: Europa muss seine China-Politik ändern

Reinhard Bütikofer und Nathalie Loiseau gehören zu den Unterzeichnern des China-Papiers.
Europa muss seine Politik gegenüber Taiwan und der Volksrepublik China neu ausrichten. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich Europa darauf konzentriert, das Recht auf Selbstbestimmung und die friedliche Beilegung der Differenzen zwischen Peking und Taipeh mit dem chinesischen „Ein-China-Prinzip“ und dem Vereinigungsmodell „Ein Land, zwei Systeme“ auszutarieren. Das Verhalten der Volksrepublik China in jüngster Zeit macht diese Politik unhaltbar. Sie bedarf deshalb der Revision.
Die bisherige Politik Europas lässt sich in vier Worten zusammenfassen: den Status quo erhalten. Die EU hat Peking davor gewarnt, Gewalt anzuwenden, sie hat zugleich aber das Ziel der Unabhängigkeit Taiwans niemals unterstützt. Sie hat zudem darauf verzichtet, mit Taipeh über ein Freihandelsabkommen zu verhandeln, und sie hat die Mitwirkung Taipehs in internationalen Organisationen wie der WHO nur verhalten unterstützt. Ansonsten behandelte Europa Taiwan in praktischen Fragen wie Visa-Bestimmungen sowie in den Handels- und Wirtschaftsbeziehungen als eigenständiges Gemeinwesen.
Dieser Status quo wird nun von Peking untergraben und entlegitimiert. Die Volksrepublik hat die Glaubwürdigkeit ihrer Taiwan-Politik in zweierlei Hinsicht zerstört. Erstens ist das von Peking propagierte Modell der Wiedervereinigung nach dem Modell „Ein Land, zwei Systeme“, das in Hongkong erstmals angewendet wurde, gescheitert.





