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Gastkommentar Wie Deutschland klimaneutral werden kann

Die nächste Bundesregierung muss die notwendige Transformation als Chance für Wirtschaft und Gesellschaft begreifen, fordern Maja Göpel und Martin R. Stuchtey.
28.09.2021 - 16:28 Uhr 2 Kommentare
Prof. Maja Göpel ist Politökonomin, Expertin für Nachhaltigkeitstransformationen und Mitbegründerin der Scientists4Future. Ihr Buch „Unsere Welt neu denken“ wurde zum Bestseller. Martin R. Stuchtey ist Gründer und Managing Partner des Unternehmens SYSTEMIQ, das den Wandel zu einem nachhaltigen Wirtschaftssystem beschleunigen will. Er ist Professor für Ressourcenstrategie an der Universität Innsbruck. Quelle: imago images/Future Image, SystemIQ
Martin R. Stuchtey und Maja Göpel

Prof. Maja Göpel ist Politökonomin, Expertin für Nachhaltigkeitstransformationen und Mitbegründerin der Scientists4Future. Ihr Buch „Unsere Welt neu denken“ wurde zum Bestseller. Martin R. Stuchtey ist Gründer und Managing Partner des Unternehmens SYSTEMIQ, das den Wandel zu einem nachhaltigen Wirtschaftssystem beschleunigen will. Er ist Professor für Ressourcenstrategie an der Universität Innsbruck.

(Foto: imago images/Future Image, SystemIQ)

Ein Blick in die abendlichen Nachrichten zeigt die globalen Folgen des fortschreitenden Klimawandels. Angesichts von immer häufigeren verheerenden Stürmen, Flut- und Dürrekatastrophen ist das Verlangen ausgeprägt, möglichst nachhaltig zu wirtschaften. So sind gut 80 Prozent der Deutschen überzeugt, dass es einen sehr großen oder zumindest großen Handlungsbedarf gibt, um den Klimakollaps noch abzuwenden. In diesem Zusammenhang wird häufig die Meinung vertreten, „die Wirtschaft“ stemme sich gegen den Wandel zur Nachhaltigkeit.

In der Tat warnen einige Wirtschaftsexperten vor hohen Kosten, Verzicht und Wettbewerbsnachteilen. Manche Verbände stimmen in den Chor ein, oft artikulieren sie jedoch nur den kleinsten gemeinsamen Branchennenner. In Wirklichkeit macht sich in den Führungsetagen der deutschen Industrie, vom Mittelstand bis zu den Dax-Vorständen, eine ganz andere Sichtweise breit. Längst dominiert dort die wissenschaftlich fundierte Einsicht, dass die Kosten durch den Klimawandel viel höher ausfallen werden als Investitionen in den Klimaschutz.

Statt Verzicht geben uns neue Geschäftsmodelle die Möglichkeit, Bedürfnisse ressourcensparend und klimaschonend zu erfüllen. Denn viele Führungskräfte wissen: Rechtzeitige Investitionen in eine umweltgerechte Zukunft schaffen die Arbeitsplätze und Märkte von morgen. Zukunftsorientierte Politik ist nicht nur in unserem gesellschaftlichen, sondern auch in unserem wirtschaftlichen Interesse.

Was Deutschland nach der Bundestagswahl braucht, ist keine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners, sondern eine neue Regierung, die die notwendige Transformation nicht als Gefahr wahrnimmt, sondern als Chance, Deutschland zukunftsfähig zu machen. Statt isolierter Ansätze und defensiver Kompromisse brauchen wir eine neue Herangehensweise, die unsere Probleme – von Klimawandel und Artensterben bis zu sozialer Spaltung und Polarisierung – in ihrer Gesamtheit und ihren Zusammenhängen erkennt.

Topmanager stellen das große Ganze in den Mittelpunkt

Eine Gruppe deutscher Topmanagerinnen und -manager hat sich mit Unterstützung der Wissenschaft im Rahmen der Initiative „Deutschlands Zukunftsweisen“ zusammengeschlossen, um jenseits von Partikularinteressen das große Ganze in den Mittelpunkt zu stellen. Die Gruppe will der neuen Bundesregierung notwendige Impulse geben, um die entscheidenden Systemhebel zu aktivieren: transparente Wirkungsmessung, politische Kohärenz und effektives demokratisches Regieren.

Unser „Kompass für Deutschland“ identifiziert sieben Handlungsfelder, die eine neue Bundesregierung – egal in welcher Zusammensetzung – angehen muss. In jedem Bereich zeigt die Gruppe konkrete Handlungsempfehlungen auf, samt Beispielen, wie andere Regierungen ähnliche Ansätze bereits erfolgreich umsetzen. Die wichtigste Aufgabe ist, Wirkungsmessung, Anreize und Rahmenbedingungen so zu überarbeiten, dass sich nachhaltiges und gesellschaftlich wünschenswertes Handeln lohnt.

So empfiehlt die Gruppe, ganzheitliche Leitindikatoren jenseits des Bruttosozialprodukts einzuführen und politisches Handeln darauf auszurichten. Neben produziertem Kapital muss Deutschland auch sein natürliches, menschliches und soziales Vermögen messen und durch Investitionen steigern. Nur dann können die notwendigen Sektortransformationen erfolgreich sein, von der Energiewende über die Verkehrswende bis hin zur Bauwende.

So wie staatliche Erfolgsmessung neu ausgerichtet werden muss, so muss auch der Beitrag von Unternehmen ganzheitlich erfasst und im Sinne gesellschaftlicher Ziele belohnt werden. Dazu gehören neue Formen der Rechnungslegung. Aus der Auflistung wirtschaftlicher Erträge sollte der gesellschaftliche Beitrag gerade in Sachen Nachhaltigkeit detailliert und transparent hervorgehen. Um echte Transparenz zu schaffen, kann beispielsweise auch eine Orientierung der variablen Managervergütungen an Etappenzielen auf dem Weg zur Klimaneutralität viel bewirken.

Marktkräfte mit politischen Anreizen kombinieren

Die Empfehlungen der Gruppe kombinieren bestehende Marktkräfte mit geeigneten politischen Anreizen. Weltweit entstehen neue Märkte, etwa für Sekundärrohstoffe, Negativemissionen oder Ökosystemdienstleistungen. Um Deutschland in diesen neuen Märkten erfolgreich zu positionieren, ist ein Paradigmenwechsel im Steuer- und Abgabensystem unverzichtbar – beispielsweise durch die steuerliche Belastung des Ressourcenverbrauchs, gekoppelt mit Entlastungen beim Arbeitseinkommen.

Schädliche Anreizsysteme wie das Dieselprivileg, die Pendlerpauschale oder die Steuerbefreiung von Kerosin, die den deutschen und zum Teil auch den europäischen Markt bislang verzerren, sollten möglichst schnell beseitigt werden.

Um die Marktreife von Schlüsseltechnologien zu beschleunigen, braucht es auf nationaler wie internationaler Ebene auch gezielte politische Interventionen, etwa um einen fairen Datenzugang der Unternehmen und öffentlichen Hand sicherzustellen. Zu einem gut geführten Staatshaushalt gehört es nicht zuletzt, den nationalen Ressourcenverbrauch innerhalb des verfügbaren Limits zu halten. Konkret bedeutet das: eine Industriewende weg von einer Produkt- und hin zu einer Leistungsökonomie.

Nur dann kann es zu einer Reduktion des Ressourcenverbrauchs kommen, untermauert von klaren Reduktionszielen. Die Notwendigkeit hierfür lässt sich an einer Zahl gut ablesen: Aktuell summieren sich in Deutschland die Umwelt- und Gesundheitsschäden, die jährlich als externe Kosten des Wirtschaftens von der Allgemeinheit getragen werden, auf bis zu 19 Prozent des Bruttoinlandprodukts.

Von europäischen Nachbarn lernen

Auf diesem Weg können wir gerade von unseren europäischen Nachbarn lernen. So hat Finnland sich das Ziel verordnet, dass der Verbrauch von Primärrohstoffen im Jahr 2035 nicht über dem Niveau von 2015 liegen darf. In Dänemark sind kommunale Beteiligungen an Festland-Windparks besonders verbreitet – das sichert nicht nur eine hohe lokale Zustimmung, es stärkt auch die Finanzen von Städten und Gemeinden. Schweden hat sich bereits 2017 entschieden, den Mehrwertsteuersatz für Reparaturleistungen zu halbieren, um die Lebensdauer von Produkten zu verlängern.

Das alles sollte uns Ansporn und Inspiration sein. Ähnlich wie beim Wiederaufbau nach dem Krieg und dem damaligen „Wirtschaftswunder“ ist der Umbau zu einer besseren, zukunftsfähigen Wirtschaft für das 21. Jahrhundert ein Gemeinschaftswerk. Durch eine effektive Zusammenarbeit von Forschung, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Staat in den zentralen Bereichen Energie, Gebäude, Industrie, Landwirtschaft und Verkehr können wir die erforderlichen strukturverändernden Fortschritte, Sprung- und Systeminnovationen erreichen.

Dabei steht Deutschland – schon wegen seiner industriellen Führungsrolle – auch in der europäischen Verantwortung. Um den European Green Deal der Europäischen Union umzusetzen, brauchen wir Deutschen dringend einen fundamentalen Mentalitätswandel – weg vom Zaudern und Zerreden, hin zu Zuversicht und Gestaltungswillen.

Die Autoren: Prof. Maja Göpel ist Politökonomin, Expertin für Nachhaltigkeitstransformationen und Mitbegründerin der Scientists4Future. Ihr Buch „Unsere Welt neu denken“ wurde zum Bestseller.

Martin R. Stuchtey ist Gründer und Managing Partner des Unternehmens SYSTEMIQ, das den Wandel zu einem nachhaltigen Wirtschaftssystem beschleunigen will. Er ist Professor für Ressourcenstrategie an der Universität Innsbruck.


Mehr: Alnatura-Gründer Rehn fordert radikale Maßnahmen für den Klimaschutz.

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Mehr zu: Gastkommentar - Wie Deutschland klimaneutral werden kann
2 Kommentare zu "Gastkommentar : Wie Deutschland klimaneutral werden kann"

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  • Deutschland hat das Potential, denn die Patente für die revolutionärste, Emissionsfreie Energienutzung mit der innovativen Neutrino Technologie stammen aus Deutschland. Der einstige BundesVerkehrsminister a.D., Prof. KRAUSE veröffentlichte dazu kürzlich: "Das ewige Licht - Der Beginn eines neuen Zeitalters"  Er begründet eindringlich, die günstigste und sauberste Variante der Energienutzung basiert auf Neutrino Technologie. Eine mobile und dezentrale Energienutzung über die Neutrinovoltaic kann jetzt möglich werden, denn sie wird die Photovoltaik ergänzen und ablösen, denn sie kann auch in vollkommener Dunkelheit Energie wandeln. Die Patente der Berliner Neutrino Energy Group sind bereit. Die Einführung der Neutrinovoltaik zur Gewinnung von elektrischem Strom unter dem Einfluss verschiedener elektromagnetischer Strahlung, einschließlich hochenergetischer kosmischer Neutrinos basiert auf neueste Forschungsergebnisse. Die auf Neutrinovoltaik-Technologie basierenden DC-Neutrinoquellen sind sehr kompakt und wetterunabhängig, erzeugen in einem Grundmodus 24h x 365 Tage Strom und können in Gerätegehäuse oder sogar in Elektroautos eingebaut werden. Mobile, dezentrale Haushaltsenergie und unendliche Reichweite für die Elektromobilität. Die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften hatte bereits im Januar 2021 in einer  von Daimler Benz beauftragten Studie die Effizienz der Technologie und  die im Patent deklarierten Eigenschaften der "Neutrino-Voltaik" bestätigt. Die Deutsche Politik und Wirtschaft sollten endlich ihre Strategien neu definieren, um neue Industrien der Herstellung von Neutrinovoltaic zu fördern.

     

     

  • Permanter Unsinn ohne Ende. Wer bezahlt die Herrschaften dafür kontinuierlich diesen Mist zu verbreiten? Alleine das Wort "Klimaneutral" isz in sich schon Schwachsinn. Aber Denken ist offensichtlich abgeschafft.

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