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WirtschaftspolitikHört auf die Unternehmen und vertraut den Märkten!

Die deutsche Wirtschaftspolitik muss zukunftsfähig werden. Dafür bedarf es dringend einer Kurskorrektur, mahnt die Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller und gibt drei Handlungsempfehlungen. 10.10.2024 - 17:00 Uhr Artikel anhören
Nicola Leibinger-Kammüller: Die Managerin ist Vorstandsvorsitzende und Anteilseignerin des Laserspezialisten Trumpf. Foto: Skizzomat, Trumpf

Düsseldorf. Es sind keine leichten Zeiten für die deutsche Wirtschaft, erst recht nicht für den Maschinenbau. Die Eintrübung der Weltkonjunktur ist dabei nur die eine Seite der Medaille – und sie ist nicht das Ergebnis schlechter Politik.

Die Politik in Deutschland macht es den Unternehmen durch neue Gesetze allerdings auch nicht leichter, sondern entfernt sich zunehmend von marktwirtschaftlichen Grundsätzen, wie sie gerade dem Mittelstand zu eigen sind. So erleben wir seit der Großen Koalition eine Rolle rückwärts hin zu mehr Staat, Bürgschaften, Subventionen. Das Vertrauen in die Selbstentfaltungskräfte der Unternehmen und ihr Gespür für Märkte ist im selben Zeitraum geschwunden.

>> Dieser Gastkommentar ist ein Beitrag zur großen Handelsblatt-Aktion „Zukunftsplan Deutschland“. Alle Texte finden Sie hier.

Als Argument für immer neue Eingriffe der öffentlichen Hand werden neuerdings gern die üppigen Staatshilfen in China oder den USA angeführt, mit denen Deutschland mithalten müsse. Aber sie sind nur ein Teil der Wahrheit: In dem Maße, in dem der Staat einspringt, dirigiert er eben auch die Wirtschaft. Und mit ihr die Art und Weise, wie wir zukünftig leben werden.

Strenge Vorgaben auch für Importe

Was gerade der Mittelstand angesichts der Dynamik der Märkte daher braucht, ist eine Politik, die zweierlei vermag: Sie darf zum einen nicht an den Menschen vorbeiregieren, stets behauptend, es sei im Sinne der Firmen, wenn diese mehr Lasten und Nachweispflichten, aber auch konkrete Technologievorgaben erhielten. Dass dieser Ansatz gescheitert ist, sieht man anhand diverser Beispiele im Bereich der Antriebstechnologien oder der sogenannten Wärmewende, die beim Endverbraucher buchstäblich nicht zünden.

Zum Zweiten muss der Staat, wenn er die eigenen Firmen schon stärker zu Nachweispflichten in der Lieferkette oder beim ökologischen Fußabdruck zwingt, mindestens dieselben Maßstäbe und vor allem deren Durchsetzung auch für ausländische Konkurrenten anlegen. Doch dies geschieht im europäischen Maßstab nach meiner Beobachtung viel zu wenig: Wir vertrauen fast blindlings darauf, dass importierte Rohstoffe unseren Umwelt- und Arbeitsschutzstandards entsprechen. Das gilt auch für die zahllosen Batterien, Photovoltaik- oder Windkraftanlagen, die wir aus China beziehen. Und seit einiger Zeit auch Maschinen, die mit unseren zu unfairen Bedingungen konkurrieren.

» Lesen Sie auch: Trumpf-Chefin Leibinger-Kammüller: „Ich bin eine große Anhängerin des Schweizer Steuermodells“

Dass die Unternehmensteuern und Energiekosten in Deutschland zu hoch sind, um global mithalten zu können, dass das Design der Stromproduktion einen schweren Geburtsfehler durch die einseitige Förderung der Erneuerbaren aufweist, bedarf kaum mehr der Erwähnung. Ähnliches gilt für Bürokratie und Arbeitszeitgesetze – und nicht zuletzt die Anspruchshaltung der Gewerkschaften, weniger Arbeit und mehr Freizeit bei vollem Lohnausgleich als gesellschaftliches Ziel zu unterstützen. Dergleichen an dieser Stelle erneut herauszustellen käme dem sprichwörtlichen Rufen in der Wüste gleich. Oder einem Appell an „taube Ohren der Geschlechter“, wie es der Lyriker Peter Huchel zur Zeit des Mauerbaus sprachgewaltig formulierte.

Die Ampel treibt das Misstrauen auf die Spitze

Drei spezifische Vorschläge unter vielen anderen Zukunftsideen lassen sich allerdings wie folgt zusammenfassen: die Exportfähigkeit der deutschen Wirtschaft wieder verbessern – und umgekehrt dafür sorgen, dass unfaire Wettbewerber keinen Zugang mehr zum europäischen Markt erhalten. Ich könnte auch pointieren: „Wenn schon mehr Regulierung, dann bitte dort, wo sie Sinn macht!“ Meine drei konkreten Vorschläge finden Sie am Ende des Textes.

Vorab aber ein noch wichtigerer, gewissermaßen übergeordneter Wunsch: Ich wünsche mir mehr Vertrauen in die große Mehrheit der Unternehmen in Deutschland, dass diese ihre Sache gut und anständig machen. Die Wirtschaftspolitik der Ampel hat das Misstrauen in Gestalt immer neuer Vorgaben indes auf die Spitze getrieben – und leider auch die Vorstellung, der Wirtschaft nicht nur die Rahmenziele wie Emissionsreduktion vorzugeben, sondern auch konkrete Technologien. Der Staat war in meinem Verständnis noch nie der bessere Unternehmer, wenn er über das Schaffen von Rahmenbedingungen wie Rechtssicherheit, Bildung, Infrastrukturen usw. hinausging und direkt ins Marktgeschehen eingriff.

Also: Hört auf die Unternehmen, und vertraut den Märkten! Denn Zukunft beginnt mit dem Grundlegendsten, das zugleich das Schwierigste ist: der Bereitschaft, das Handeln nicht nach weltanschaulichen Grundsätzen auszurichten, sondern nach den Kundenbedürfnissen. Und den Menschen hierzulande reinen Wein einzuschenken, was wir gemeinsam leisten müssen, um auch morgen noch wettbewerbsfähig zu sein.

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Die konkreten Handlungsempfehlungen

    Schnellere Ausfuhrgenehmigungen bei der Exportkontrolle durch mehr (gern auch auditierte) Eigenverantwortlichkeit der Unternehmen – zum Beispiel durch Allgemeingenehmigungen für Wiederholanträge an einen gleichen Empfänger.Nicht CE-konforme Maschinen aus dem nicht-europäischen Ausland, die nicht unseren Sicherheits- und Lieferkettensorgfaltsregeln entsprechen, sind vom Markt auszuschließen. Deutschland muss seine Industrie schützen, indem die Konformitätserklärung überprüft wird, ohne ein komplettes Kontrollsystem zu etablieren oder weitere Einfuhrzölle zu erheben. Hier kann man beliebig weit in die Lieferketten der Zulieferer schauen – bis hin zur Prüfung der Einhaltung von EU-Arbeitsschutzgesetzen im Herstellungsland.Mit Blick auf den Schutz geistigen Eigentums wäre eine größere Sensibilität bei der Ansiedlung von Unternehmen in Deutschland wünschenswert. Wenn das primäre Ziel das Absaugen von Technologie, Wissen und Fachkräften ist, schadet es unserem Wirtschaftsstandort und unserer technologischen Souveränität.

Mehr: „Unternehmen arbeiten noch immer wie im 19. Jahrhundert“

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