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  4. Schulden: Umweg über EU-Schulden zur Umgehung der Schuldengrenze wird teuer

Gastkommentar – Homo oeconomicusWarum Deutschland von einem gemeinsamer Schuldentilgungsfonds der EU profitieren würde

Wenn Deutschland Europas Schuldengrenzen immer weiter mit aufweicht, zahlt es einen zu hohen Preis. Eine andere Schuldenidee wäre lukrativer, argumentiert Daniel Stelter. 27.05.2022 - 15:58 Uhr Artikel anhören

In der EU herrscht keine Einigkeit über eine gemeinsame Schuldenunion.

Foto: dpa

Kreditzyklen laufen nach immer gleichem Muster ab. Nach einer Bereinigung durch Inflation, Währungsreform oder Schuldenschnitt steigt die Verschuldung von einem tiefen Niveau.

Geprägt von den Erlebnissen der Schuldenkrise agieren die Staaten, die Geld aufnehmen wollen, zunächst vorsichtig. Mit dem Verblassen der Erinnerung steigen die Schulden schneller und erreichen im Laufe der Jahre wieder ein problematisches Niveau. Da Sparen unpopulär ist, setzt die Politik auf Finanzierung durch die Notenbank und die Suche nach weiteren Geldquellen.

Dass Schuldner diesen Weg beschreiten, ist normal. Weniger normal ist, dass die Länder, deren Finanzkraft die Schuldner zum eigenen Nutzen mobilisieren wollen, dem Vorgehen zustimmen. Denn damit wird nur Zeit gekauft, das grundlegende Problem aber nicht gelöst.

Die ungewöhnliche deutsche Bereitwilligkeit zur Ausweitung der mit dem sogenannten „Wiederaufbaufonds“ geschaffenen EU-Schuldenunion resultiert einerseits daraus, dass Befürworter hoffen, über das gemeinsame Vorgehen eine politische Union zu erreichen. Dabei lehrt das Beispiel der Gründung der USA, dass es andersherum funktioniert: erst die Union, dann die gemeinsame Fiskalpolitik. Die politische Union bleibt auf absehbare Zeit eine Illusion, sperren sich doch maßgebliche Staaten wie Frankreich dagegen.

Andere Befürworter der Schuldenunion hoffen, über europäische Schulden die Schuldenbremse leichter umgehen zu können. Statt selbst Geld aufzunehmen, würde der deutsche Staat für einen Teil europäischer Schulden haften. Kein Wunder, dass Befürworter einer Schuldenunion in Deutschland gleichzeitig höhere Steuern fordern.

Prominentes Beispiel ist Achim Truger, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Solche Forderungen scheinen zunächst durchaus logisch konsistent, wenn es darum geht, dem Staat zusätzliche Mittel zu beschaffen. Allerdings bleibt die Frage, ob wir nicht angesichts einer seit Jahren steigenden Steuer- und Abgabenquote eher ein Problem der Mittelverwendung und nicht der Mittelbeschaffung haben.

Der Autor: Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „beyond the obvious“, Unternehmensberater und Autor. Jeden Sonntag geht auf www.think-bto.com sein Podcast online.

Foto: Robert Recker/ Berlin

Der Umweg über Brüssel bei der Schuldenaufnahme wäre ein schlechtes Geschäft. Wir haften für mehr, als wir bekommen, für Staaten wie Italien, deren Bürger über deutlich mehr Vermögen verfügen als wir.

Besser wäre es, gemäß der Empfehlung des Sachverständigenrats aus dem Jahr 2011, einen Schuldentilgungsfonds auf EU-Ebene einzurichten. Statt eines Blankoschecks wäre das eine einmalige Aktion und eine Neuordnung nach US-Vorbild.

Verwandte Themen Schuldenbremse Europäische Union Deutschland Finanzpolitik USA Wirtschaftspolitik

>>Lesen Sie hier: Schuldenregeln: EU-Kommissar Gentiloni: „Wir sind noch weit von der Normalität entfernt“

Alle Staaten, auch Deutschland, sollten Staatsschulden bis zu einem Niveau von 80 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in einen solchen Fonds auf EU-Ebene verlagern, verbunden mit einer Regelung, die künftige Rettungsaktionen ausschließt. Nicht nur würden wir unseren Partnern damit helfen, wir würden auch den Spielraum gewinnen, um nachzuholen, was in Sachen Sicherung der Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft in den vergangenen Jahrzehnten versäumt wurde. Ohne Steuererhöhungen.

Mehr: Brüssels „Ausnahmeregel“ ist in Wahrheit längst eine Lizenz zum Schuldenmachen

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