Arbeitswelt: Kann agiles Arbeiten die Produktivität steigern?

Ich habe noch nie agil gearbeitet und werde es wohl auch nicht mehr tun. Aber offenbar habe ich etwas verpasst.
Agiles Arbeiten soll darauf abzielen, Projekte schneller und effizienter zu erledigen. Man bekommt nicht mehr einen Plan vorgegeben, in dem alle Details festgelegt sind. Stattdessen wird in kleinen Schritten gearbeitet, man nennt sie „Sprints“.
Man trifft den Kunden und bespricht die nächsten Schritte, aus denen dann konkrete Aufgaben formuliert werden. Dann wird gesprintet, und nach jedem Sprint wird das Ergebnis überprüft und angepasst. Damit soll sichergestellt werden, dass das Projekt in die richtige Richtung geht.
So können Änderungen und neue Ideen schnell eingebaut werden. Das wird vor allem von Agenturen in der Softwareentwicklung verwendet.
Erdacht wurde das agile Arbeiten, um die Zeit zu beenden, in der Kunden mit völlig marktfernen Vorstellungen Aufträge platziert haben, die kaum umzusetzen waren oder nachher schlecht funktionierten. Mit dem agilen Arbeiten sollen kleine Teams in enger Abstimmung mit dem Kunden immer bis zur nächsten Weggabelung arbeiten, um dort zu entscheiden, ob das Projekt überhaupt Sinn ergibt oder ob man andere Features in eine Software einbaut.
Man will bessere Ergebnisse erzielen, indem das Team eng zusammenarbeitet, ständig Feedback erhält und sich kontinuierlich verbessert.
Leider hat nun eine Studie ergeben, dass 65 Prozent der Softwareprojekte, die agile Methoden anwenden, nicht termingerecht und nicht innerhalb des Budgets abgeschlossen werden. Und dass die Rate der Projekte, die ganz scheitern, mehr als 200 Prozent höher ist bei agilem Arbeiten als bei klassischen Arbeitsformen.
Wenn man also möchte, dass ein Projektteam scheitert, muss man es offenbar nur zu agilem Arbeiten antreiben.
Ich frage mich, was wohl das Problem am agilen Arbeiten ist. Vielleicht hängt es damit zusammen, dass Menschen eventuell gar nicht so gerne mit anderen Menschen zusammenarbeiten. Vielleicht geben Auftraggeber ja auch ganz gern einfach einen Auftrag aus dem Haus und möchten damit nachher nicht mehr viel zu tun haben.
Vielleicht mögen sie sich gar nicht eng mit einem Team verschachteln, mit dem sie alle zwei Wochen überlegen müssen, ob der Auftrag so, wie er formuliert wurde, überhaupt Sinn ergibt. Denn das würde ja bedeuten, ja, dass man sich mit sich selbst beschäftigen muss. Und nichts ist unangenehmer. Auf keinen Fall möchte man dafür bezahlen.
Es wäre allerdings auch möglich, dass die hohe Rate von Projekten, die bei agilem Arbeiten scheitern, eine gute Nachricht ist. Vielleicht hat sich herausgestellt, dass all diese Aufträge Quatsch waren und die Menschheit vor schlechter Software beschützt wurde. Effizienter wäre es nur gewesen, alle wären gleich zu Hause geblieben.

Erstpublikation: 07.09.2024, 10:59 Uhr.






