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Kolumne: Asia TechonomicsSingapur will nicht mehr bei Kryptowährungen mitmischen – aber an der Blockchain festhalten

Zu viele Skandale, zu viel Geld verbrannt: Der asiatische Finanzplatz wandelt sich vom Kryptoförderer zum Gegner. Aus der Regulierung ergibt sich aber ein spannendes Feldexperiment.Mathias Peer 23.11.2022 - 11:28 Uhr Artikel anhören

In der wöchentlichen Kolumne schreiben Handelsblatt-Korrespondenten im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in Asien.

Foto: Klawe Rzeczy

Bangkok. Die Kryptowelt schlittert von einer Krise in die nächste. Und ein Stadtstaat in Südostasien spielt dabei auffällig oft eine entscheidende Rolle. Die Finanzmetropole Singapur war etwa Hauptsitz von Terraform Labs. Deren Kryptomünze Terra USD brach im Mai zusammen, obwohl sie an reale Währungen gebunden war – eine sogenannte Stablecoin.

Auch der früher milliardenschwere und inzwischen insolvente Krypto-Hedgefonds Three Arrows Capital operierte aus der Tropenstadt, zudem eine Reihe von Handelsplattformen, die in den vergangenen Monaten ins Straucheln gerieten.

Beim Absturz der Pleitebörse FTX, die Gläubigern mehr als drei Milliarden Dollar schuldet, ist Singapur wieder mit von der Partie, dieses Mal als Investor. Die staatliche Investmentgesellschaft Temasek – die das Ziel verfolgt, die Rücklagen der wohlhabenden Steueroase zu mehren – verbucht ihre 275-Millionen-Dollar-Investition in die Kryptobörse nun als Totalverlust. „Unser Vertrauen in die Handlungen, das Urteilsvermögen und die Führungsqualitäten von FTX-Gründer Sam Bankman-Fried war offenbar unangebracht“, teilte der Staatsinvestor mit.

Singapurs Vernetzung in der Kryptoszene ist kein Zufall. Das Land am Äquator ist in der Vergangenheit mit seiner Offenheit für die Finanzindustrie zu einem der reichsten der Welt aufgestiegen. Die Regierung träumte davon, den Erfolg in der Kryptobranche zu wiederholen, und zeigte sich nach eigenen Angaben „begeistert von dem Potenzial, eine Krypto- oder Token-Wirtschaft aufzubauen“.

Kryptowährungen: nein danke, Blockchain-Technologie: ja bitte

Der Absturz großer Teile der Kryptowirtschaft, die Singapur in den vergangenen Jahren angelockt hat, bringt die Behörden in Erklärungsnot. Es geht nicht nur um den Verlust der staatlichen Investitionen und das Geld der Kleinanleger, sondern auch um Singapurs Reputation als einer der führenden Finanzplätze Asiens.

Zur Schadensbegrenzung haben die Verantwortlichen ihre Tonalität verändert. Spekulationen mit Kryptowährungen lehne man ab, während man Innovationen mithilfe der Blockchain-Technologie weiterhin begrüße, heißt nun die Sprachregelung der Zentralbank, die für die Regulierung zuständig ist.

Der Wandel ist bereits zu sehen: Statt intransparente Kryptobörsen nahezu unbehelligt auf Kundenfang gehen zu lassen, hat Singapur in diesem Jahr bereits ein Werbeverbot eingeführt. Weitere Einschränkungen werden derzeit diskutiert.

Die Finanzmetropole konnte ihre vergangenen Erfolge im Kryptomarkt nicht wiederholen.

Foto: Reuters

So wird es Privatkunden in Singapur künftig womöglich verboten, Kryptowährungen mit geliehenem Geld zu kaufen. Die Warnungen sind deutlich: Man betrachte Kryptowährungen als ungeeignet für die Verwendung als Zahlungsmittel und als „äußerst gefährlich für Kleinanleger“, teilt die Finanzaufsicht mit. Gleichzeitig wolle man aber an der Vision von einem Ökosystem innovativer Kryptotechnologien festhalten.

Auf den ersten Blick mag diese Art von Spagat zwischen Kryptomarkt und Blockchain zwar einigermaßen sinnvoll erscheinen. Doch für die Technologie hinter dem Bitcoin wurden auch nach knapp anderthalb Jahrzehnten bisher so gut wie keine massentauglichen Anwendungsfelder gefunden, die über die Schaffung riesiger Spekulationsblasen hinausgehen.

>> Lesen Sie auch: Krypto, Bitcoin, Blockchain – war’s das jetzt?

Selbst ranghohe Vertreter der Kryptobranche fragen sich, ob von ihrem Geschäft überhaupt noch etwas übrig bleibt, wenn man auf das Gezocke mit den Coins verzichtet. Vitalik Buterin, Mitgründer des Blockchain-Netzwerks Ethereum, bezeichnete Singapurs Unterscheidung zwischen der Nutzung von Blockchains und Kryptowährungen als seltsam.

„Die Realität ist, dass sich ohne Kryptowährung niemand für die Blockchains interessieren wird.“ Auch Brian Armstrong, Chef der Handelsplattform Coinbase, äußerte sich skeptisch. „Wenn Singapur ein Web-3-Hub sein will und gleichzeitig den privaten Handel einschränkt, passt das nicht wirklich zusammen“, sagte er mit Blick auf mögliche weitere Beschränkungen.

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Für den Rest der Welt dürfte Singapurs neuer Umgang mit der Kryptoindustrie aber in jedem Fall eine wertvolle Lektion bieten: In dem Inselstaat könnte sich bald zeigen, wie viel von der vermeintlichen Zukunftsbranche noch übrig bleibt, wenn das Wetten auf steigende Kurse und die Sehnsucht nach schnellem Reichtum plötzlich nicht mehr im Mittelpunkt stehen. Eine Entwicklung, der auch die Branche nur mit dem Prinzip Hoffnung entgegentreten kann.

Mehr: Luxus-Immobilien, unübersichtliche Bankkonten, Kryptowährungen: Was vom FTX-Imperium übrig bleibt

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