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Asia TechonomicsLöcher im Halbleiter-Schutzschild? Warum es in Taiwan Kritik an der Expansion von Chipriese TSMC gibt

Die herausragende Stellung der taiwanischen Halbleiterindustrie gilt als Garant gegen einen Angriff Chinas – doch Kritiker sehen den Vorsprung gefährdet. Und damit den „Silicon Shield“.Dana Heide 11.05.2023 - 11:24 Uhr Artikel anhören

In der wöchentlichen Kolumne schreiben Handelsblatt-Korrespondenten im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in Asien.

Foto: Klawe Rzeczy

Taipeh. Wer in Taiwan unterwegs ist, der wird immer wieder daran erinnert, welche Gefahr der Insel seit vielen Jahren droht: An den Stränden sind martialisch anmutende Wellenbrecher aufgebaut, die gleichzeitig Panzer davon abhalten sollen, die Küsten heraufzuklettern. In der Hauptstadt Taipeh weisen Schilder den Weg zu Luftschutzbunkern.

Derzeit finden im ganzen Land Übungen für den Ernstfall statt. Auch wenn es die Einheimischen mitnichten davon abhält, ihr Leben zu leben: Die Gefahr eines Angriffs Chinas auf die Insel ist im Alltag nicht zu übersehen.

Die chinesische Staatsführung betrachtet Taiwan als Teil ihres Territoriums und strebt die vollständige Einverleibung der Insel an. Dabei hat das Land nie zu der 1949 gegründeten Volksrepublik gehört, und Umfragen zeigen immer wieder, dass die Mehrheit der Taiwaner an dem sogenannten Status quo festhalten will. Das heißt, dass Taiwan wie bislang auch über eine eigene Regierung und eigene Gesetze verfügt.

Teil der Abwehrstrategie ist die enorme Expertise der taiwanischen Unternehmen der Halbleiterindustrie, die als so bedeutend für die Sicherheit der Insel angesehen wird, dass sie den Namen „Silicon Shield“ (deutsch: Siliziumschild) bekommen hat. Taiwan, so die Annahme, würde von Ländern wie den USA schon deshalb vor einem Angriff Chinas geschützt werden, weil seine Chipunternehmen von herausragender Bedeutung für die globale Wirtschaft sind.

Schätzungen zufolge werden rund 60 Prozent aller Chips weltweit in Taiwan gefertigt. Bei den technologisch fortschrittlichsten sind es sogar etwa 90 Prozent.

Doch Investoren sind angesichts der drohenden Gefahr für Taiwan zunehmend skeptisch, was die Sicherheit des Standortes angeht. Für Aufsehen sorgte Anfang des Jahres, als US-Starinvestor Warren Buffett ein großes Aktienpaket des taiwanischen Vorzeigeunternehmens TSMC abstieß. In einem Interview mit der japanischen Zeitung „Nikkei“ erklärte Buffett, dass auch die geopolitischen Spannungen dabei eine Rolle gespielt hätten.

Weitere Kolumnen der Reihe Asia Techonomics:

Regierungen weltweit versuchen, insbesondere den Halbleiterhersteller TSMC, der als das weltweit innovativste Unternehmen der Branche gilt, zur Errichtung von Produktionsanlagen in ihren Ländern zu bewegen. Sie wollen sich so gegen geopolitische Risiken absichern.

Im US-Bundesstaat Arizona etwa hat TSMC gerade ein neues Werk gebaut und weitere Investitionen angekündigt. In Japan ist derzeit eine Fabrik des Unternehmens für Chips mit relativ großen sogenannten Strukturgrößen im Bau, die die dortige Elektronik- und Autoindustrie benötigt. Auch in Deutschland gibt es Diskussionen über ein TSMC-Werk in Dresden.

>> Lesen Sie hier: Chiphersteller aus Taiwan plant Milliardeninvestition in Dresden

Allerdings behagt die Auslandexpansion des Halbleiterriesen nicht jedem in Taiwan. Da ist zum einen die Befürchtung, dass es aus Kostengründen wenig Sinn für TSMC ergibt, in Produktionsanlagen im Ausland zu investieren. „Wenn man die Wettbewerbsvorteile Taiwans aufgibt und die Produktion in die Vereinigten Staaten verlagert, werden als Erstes die Kosten steigen, und das ist ja auch schon der Fall“, sagte TSMC-Gründer Morris Chang im März bei dem Halbleiterforum des taiwanischen Magazins „Commonwealth Magazine“.

Taiwanische Unternehmen sind führend in der Industrie.

Foto: Reuters

Zum anderen gibt es jedoch auch die Sorgen, dass Taiwan den „Silicon Shield“ schwächt, wenn es als Standort den Innovationsvorteil verliert. Während in den geplanten Produktionsanlagen in Japan und offenbar auch in Deutschland lediglich große Chips mit großen Strukturgrößen hergestellt werden sollen, sollen in Arizona laut Angaben von TSMC-Gründer Chang 3-Nanometer-Chips hergestellt werden – die innovativste Entwicklung des Unternehmens überhaupt.

Die eher Peking zugewandte taiwanische Oppositionspartei KMT warf der amtierenden Regierungspartei DPP in Taipeh Ende vergangenen Jahres gar vor, TSMC zu ruinieren, indem sie das Unternehmen an die USA „verschenkt“.

Verwandte Themen Warren Buffett USA Nikkei LG Electronics

Im nächsten Jahr sind in Taiwan Wahlen. Die KMT tritt gegen die DPP an – der Ausgang könnte auch Auswirkungen auf die Expansionspläne von TSMC haben.

In der Kolumne Asia Techonomics schreiben Nicole Bastian, Sabine Gusbeth, Dana Heide, Martin Kölling und Mathias Peer im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in der dynamischsten Region der Welt.

Mehr: Chinas Außenminister versucht in Berlin zu beschwichtigen.

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