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Asia TechonomicsSo schottet sich das digitale China ab

Die Volksrepublik ist durchdigitalisiert wie kaum ein anderer Staat. Doch gerade sein technologischer Fortschritt wird zum Problem für das Land, das jetzt mehr ausländische Touristen anlocken will.Martin Benninghoff 22.02.2024 - 10:59 Uhr
In der wöchentlichen Kolumne schreiben Handelsblatt-Korrespondenten im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in Asien. Foto: Klawe Rzeczy

Shanghai. Handel, Reisen, akademischer Austausch – China öffnet sich wieder der Welt. Das haben Außenminister Wang Yi am vergangenen Wochenende in München und Premierminister Li Qiang neulich in Davos der Welt in Aussicht gestellt.

Und tatsächlich dreht die chinesische Regierung an einigen Stellschrauben: Visafreiheit für Deutsche, Franzosen, Niederländer und andere EU-Staatler, zumindest für 15 Tage. Visafreiheit auch für die Schweiz.

Nie war es einfacher, einen Urlaub in China zu verbringen oder Familienmitglieder und Bekannte, die in Peking studieren oder arbeiten, zu besuchen. Das Reich der Mitte steht wieder in der Mitte des Globus, gut zu erreichen, offen für die Welt.

Für Xi Jinping hat die Öffnung einen anderen Zweck: Der Staatspräsident hat den Tourismus zu den vielen neuen Wachstumsmotoren auserkoren, die die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt nach der Coronakrise wieder beleben sollen.

Doch China verschließt sich selbst – paradoxerweise durch seine eigene Progressivität. Die Volksrepublik ist durchdigitalisiert wie kaum ein anderes Land. Doch gerade sein technologischer Fortschritt wird jetzt zum Problem für China, wenn es ausländische Touristen anlocken will.

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Denn in der weitgehend abgeschotteten Parallel-Internetwelt sind viele westliche Internetdienste nicht erlaubt. Wer Google oder seine Facebook- oder Instagram-App nutzen will, muss sich vorher einen der VPN-Dienste aufs Smartphone laden. Offiziell sind die in China natürlich verboten.

Bargeld ist in den meisten Geschäften in China nutzlos

Auch das Bezahlen ist ein Problem. Während Münzen und Scheine offiziell weiterhin ein anerkanntes Zahlungsmittel sind, sind sie in den meisten Geschäften ein Kuriosum geworden – wie aus der Zeit gefallen. Im Alltag zeigt sich, wer fit für Chinas Bezahllandschaft ist. Denn wer mit Bargeld bezahlt, ist entweder ein Kind, älter als 85 Jahre oder aus dem Ausland – und muss warten, bis der Verkäufer aus dem Nachbargeschäft Wechselgeld holt.

Wechat Pay und Alipay, die Onlinebezahlsysteme der Tech-Riesen Tencent und Alibaba, sind allgegenwärtig in China. Selbst Spenden etwa im Shanghaier Qibao-Tempel nahe der gleichnamigen Wasserstadt werden digital per QR-Code bezahlt, für Wechat in Grün, für Alipay in Blau. Immer wieder taucht in Reiseberichten sogar das Gerücht auf, dass Wohnungslose nur noch bargeldlos betteln.

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Lange Zeit musste ein chinesisches Referenzkonto mit einer der Apps verbunden sein, damit das Geld fließt. Das haben meist nur Ausländer und Expats, die vor Ort leben. Denn ein Bankkonto lässt sich nur eröffnen, wenn man einen längerfristigen Aufenthaltstitel hat. Reisende konnten also bis dato ihre Kreditkarten aus dem Ausland nicht einsetzen.

Doch seit Juli vergangenen Jahres erlaubt die chinesische Regierung Ausländern, ihre Visa- oder Mastercard mit Alipay und Wechat Pay zu verbinden. Eine große Erleichterung, zumindest teilweise. Manchmal zum Beispiel akzeptiert Alipay eine deutsche Visa-Karte anstandslos, Wechat hingegen macht Probleme.

Wechat und Alipay: Wenigstens eine App sollte funktionieren

Über Wechat wickeln Chinesen praktisch ihr vollständiges Leben ab – von der Kommunikation bis zum Einkauf. Manche hingegen schwören auf Alipay, das auch viele Funktionen hat. Zu welchem Team man gehört, wird einem erst der China-Aufenthalt zeigen. Die Erfahrungsberichte darüber sind so zahlreich wie unterschiedlich. Am Ende zählt nur: Wenn wenigstens eine App läuft, ist das Überleben vorerst gesichert.

In China wird alles über die Apps Wechat Pay und Alipay bezahlt – in der Regel per QR-Code. Foto: REUTERS

Eine weitere App erleichtert den Alltag in China: die des Fahrdienstvermittlers Didi. Sie ist ein Wunderwerk der einfachen Bedienung. Aber ein Taxi telefonisch rufen und dann in bar bezahlen? Dann lieber laufen. Wer Lebensmittel im Supermarkt kaufen will, sollte besser die passende App auf dem Handy haben. Das ist sehr komfortabel, aber meist nur, wenn man ein bisschen Chinesisch spricht.

Apropos Chinesisch: In so manchem Lehrbuch werden noch Sätze wie „Haben Sie eine Speisekarte auf Englisch?“ gelehrt. Das Wissen nützt nichts mehr, seit man im Restaurant einen QR-Code auf dem Tisch scannt und direkt in der App bestellt und bezahlt. Auch das ist praktisch für all jene, die sich das digitale China erschlossen haben. Für alle anderen dürften die ersten Tage im Land schwer werden.

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Will die chinesische Regierung den Tourismus nachhaltig unterstützen, wird sie weitere technische Erleichterungen auf den Weg bringen müssen. Aber auch dann ist in China verloren, wer sein Handy verliert.

In der Kolumne Asia Techonomics schreiben Martin Benninghoff, Sabine Gusbeth, Dana Heide, Martin Kölling und Mathias Peer im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in der dynamischsten Region der Welt.

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