1. Startseite
  2. Meinung
  3. Kolumnen
  4. Asia Techonomics: Wie Asien mit KI & Desaster-Bots gegen Fluten kämpft

Kolumne – Asia TechonomicsWie Asien mit Künstlicher Intelligenz und „Desaster-Bots“ gegen Überflutungen kämpft

Der deutsche Katastrophenschutz steht seit den jüngsten Überschwemmungen in der Kritik. Wie es besser geht, zeigen technologische Innovationen in Asiens Schwellenländern.Mathias Peer 04.08.2021 - 11:26 Uhr Artikel anhören

In der wöchentlichen Kolumne schreiben Handelsblatt-Korrespondenten im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in Asien.

Foto: Klawe Rzeczy

Bangkok. Wenn in der Regenzeit das Wasser über die Flussufer steigt und die Straßen von Jakarta flutet, hat der „Desaster-Bot“ seinen großen Einsatz. Die Software durchforstet soziale Medien wie Twitter und Facebook nach Nachrichten über das Hochwasser – und sendet automatisch Nachrichten an mögliche Betroffene mit der Bitte um einen detaillierten Bericht. Binnen weniger Minuten füllt sich so eine digitale Stadtkarte der indonesischen Hauptstadt mit Hinweisen, die zeigen, welcher Straßenabschnitt wie stark betroffen ist – und wo Hilfe am dringendsten benötigt wird.

Die digitale Unterstützung im Katastrophenschutz hat auch für Deutschland Vorbildcharakter: Während der Sturzfluten und Überschwemmungen, die Mitte Juli Teile des Landes trafen, kämpften die Behörden in den ersten Stunden mit lückenhaften Warnsystemen und unklaren Schadenslagen.

Angesichts der Gefahr einer Zunahme extremer Wetterereignisse lohnt sich ein Blick auf die technologischen Innovationen in Asiens Schwellenländern, in denen der Umgang mit regelmäßigen Naturkatastrophen längst zum Alltag gehört.

Indonesien ist dabei von besonderem Interesse: Kaum ein Land wird so sehr von den Naturgewalten durchgeschüttelt wie der mehr als 270 Millionen Einwohner zählende Inselstaat. Südostasiens größte Volkswirtschaft leidet an häufigen Überschwemmungen, Vulkanausbrüchen, tropischen Stürmen, Erdbeben und der Gefahr von Tsunamis – der bisher schwerste tötete im Jahr 2004 mehr als 130.000 Menschen. Die Hauptstadt Jakarta ist laut einer Rangliste der Beratungsfirma Verisk Maplecroft weltweit am stärksten durch Umwelt- und Klimarisiken bedroht.

Weil die Bewohner der Stadt gleichzeitig zu den eifrigsten Social-Media-Nutzern der Welt zählen, sahen die Gründer der Plattform Petabencana – indonesisch für „Katastrophenkarte“ – die Metropole als idealen Startpunkt für ihre Desaster-Bot-Anwendung. Seit vergangenem Jahr ist das System landesweit verfügbar und kann inzwischen auch genutzt werden, um etwa vor gefährlichem Smog oder Waldbränden zu warnen.

Google sagt Hochwasser in Indien voraus

Die Informationen können im Ernstfall Leben retten: „Wenn Anwohner Informationen teilen, können die Hilfskräfte ihre Ressourcen dort einsetzen, wo sie am meisten gebraucht werden“, erklärt Nashin Mahtani, die Direktorin von Petabencana, einer Non-Profit-Organisation, die unter anderem von indonesischen Finanz- und Energiekonzernen finanziert wird.

Die Daten von Petabencana sind in Notfällen nun für viele Indonesier die erste Anlaufstelle. Als Teile Jakartas Anfang des Jahres metertief unter Wasser standen, nutzten Lokalmedien die Informationen der Katastrophenkarte als schnellste Quelle für Flut-Updates. Auch das Kontrollzentrum des nationalen Katastrophenschutzzentrums in Jakarta lässt die Warnungen von Petabencana auf einem Monitor einlaufen. Ableger des Systems gibt es inzwischen auch in Vietnam und auf den Philippinen.

Asia Techonomics In der wöchentlichen Kolumne schreiben Nicole Bastian, Dana Heide, Martin Kölling und Mathias Peer im Wechsel über Innovations- und Wirtschaftstrends in der dynamischsten Region der Welt. Hier finden Sie alle bisherigen Folgen. Foto: Klawe Rzeczy

In Indien und Bangladesch setzt Google auf Künstliche Intelligenz (KI), um die Bewohner der beiden dicht besiedelten Länder frühzeitig vor Überschwemmungen zu warnen. Zum Einsatz kommen dabei Modelle, die mithilfe von historischen Flutdaten Hochwasserprognosen für beliebige Flussläufe erstellen können. 

Die Leistungsfähigkeit des Systems wurde nach Unternehmensangaben zuletzt deutlich gesteigert. Seit vergangenem Jahr kann es in allen indischen Landesteilen angewendet werden. Die Vorwarnzeit sei verdoppelt worden. Außerdem könne man nun genauer über die Schwere des Hochwassers informieren, teilte Google im vergangenen Jahr mit. 30 Millionen Warnungen seien damals schon über Smartphones verschickt worden.

Verwandte Themen Asien Indien Microsoft Facebook

Stabilität von Häusern wird aus der Luft bewertet

Auch Microsoft engagiert sich bei der Katastrophenvorsorge in Asien mit KI-Systemen. In Partnerschaft mit einer lokalen Entwicklungsorganisation analysiert der Softwarekonzern dabei Luftaufnahmen einzelner Gemeinden und bewertet mithilfe maschinellen Lernens die Stabilität von Häusern. Die Erkenntnisse wurden im vergangenen Jahr für gezielte Schutzmaßnahmen bei einem Zyklon verwendet.

Welches Potenzial beim Bevölkerungsschutz in technologischen Fortschritten steckt, hat auch die politische Führung in den Schwellenländern erkannt. Indonesiens Präsident Joko Widodo forderte kürzlich die zuständigen Behörden in seiner Heimat auf, den Einsatz neuer Technologien bei Frühwarnsystemen künftig noch stärker zu berücksichtigen. Das Staatsoberhaupt gab sich überzeugt: Eine Chance gegen die wachsenden Naturgewalten hat der Katastrophenschutz nur, wenn er innovativer wird.

Mehr: Asiens übersehener IPO-Boom: Chinas Tech-Konkurrenten gehen auf Milliardenjagd

Mehr zum Thema
Unsere Partner
Anzeige
remind.me
Jetziges Strom-/Gaspreistief nutzen, bevor die Preise wieder steigen
Anzeige
Homeday
Immobilienbewertung von Homeday - kostenlos, unverbindlich & schnell
Anzeige
IT Boltwise
Fachmagazin in Deutschland mit Fokus auf Künstliche Intelligenz und Robotik
Anzeige
Presseportal
Direkt hier lesen!
Anzeige
STELLENMARKT
Mit unserem Karriere-Portal den Traumjob finden
Anzeige
Expertentesten.de
Produktvergleich - schnell zum besten Produkt