Kommentar: Banken müssen auf das Misstrauen reagieren


Die Banken haben es schwer. Seit der großen Finanzkrise ab 2008, wo nur die Staaten den Zusammenbruch der Branche verhindert haben, ist ihr Ruf als Hort finanzieller Weisheit angeschlagen. Dass unter Bankern Millionengehälter weiter verbreitet sind als in anderen Branchen, erweckt Neid – und das Misstrauen der Kunden, mit deren Geld diese Gehälter bezahlt werden. Tricksereien wie die, die unter dem Namen „Cum-Ex“ bekannt geworden sind, werden längst nicht mehr als smarte Optimierungsmodelle behandelt, sondern als das, was sie tatsächlich sind: milliardenschwerer Betrug.
Zum Glück gab es in Deutschland wenigstens keinen Skandal wie den in den USA bei Wells Fargo, der einst weltweit wertvollsten Bank: Dort hatten provisionsgetriebene Vertriebler für ihre Kunden neue Produkte besorgt und berechnet, ohne sie zu fragen und zu informieren; 2020 musste die Bank dann sieben Milliarden Dollar Strafe zahlen.
Aber die Kunden sind gerade auch in Deutschland unzufrieden und misstrauisch, wie eine neue Studie der Beratungsgesellschaft Edelman Smithfield belegt. Die Angebote seien zu wenig transparent, zum Teil auch unverständlich, heißt es, und die Sorge ist groß, durch versteckte Gebühren abgezockt zu werden. Besonders schlecht schneidet der Sektor der Finanzbranche ab, wo Vertrauen besonders wichtig ist: die Vermögensberatung. Wie können die Banken überzeugender werden?
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Die Branche muss umdenken. Vorbei ist die Zeit, mit Werbung um Vertrauen und netter Ansprache in den Filialen die Kunden so an sich zu binden, dass man ihnen dann alle möglichen Produkte, am liebsten gleich gebündelt, verkaufen kann. Der Weg läuft umgekehrt: mit attraktiven und transparenten Produkten und einem zielgenauen Service dieses Vertrauen schaffen und so die Kunden an sich binden. Der Erfolg der preiswerten und leicht verständlichen börsennotierten Fonds (ETFs) zeigt, wohin die Reise geht. Gerade bei jüngeren Leuten sind die Begriffe „Geldanlage“ und „ETF“ zum Teil fast schon gleichbedeutend.
Das Geschäft mit den Reichen als Vorbild
Im Wealth Management, dem Geschäft mit den sehr reichen Privatkunden, haben sich schon längst wichtige Trends durchgesetzt. Dort lässt sich niemand mehr gefallen, nur hauseigene Produkte angeboten zu bekommen. Dort spielt die persönliche Beratung in schwierigen Fragen immer noch eine wichtige Rolle. Aber zunehmend auch die Digitalisierung: Die jüngeren Reichen wollen jederzeit live den Überblick haben, wo sie mit ihrem Vermögen stehen.




Genau das wird auch im breiten Geschäft an Bedeutung gewinnen. Der moderne Kunde will jederzeit leicht den Überblick über seine Finanzen behalten. Er möchte die Produkte so präsentiert bekommen, dass er sie sofort versteht. Zugleich ist es aber wichtig, bei Bedarf einen Ansprechpartner zu finden. Ewiges Gedudel seichter Musik am Telefon oder halbintelligente Bots im Chat reichen nicht mehr aus. Je besser die Information im Vorfeld, desto weniger Nachfragen gibt es, aber für die muss auch schnell jemand erreicht werden und weiterhelfen.
Wenn die traditionellen Banken diese Modernisierung nicht schaffen, verlieren sie das Geschäft an Onlinebroker, die dann vielleicht in weitere Geschäftsbereiche vorstoßen. Der deutsche Bankenmarkt ist überbesetzt, aber zugleich schaffen ausländische Adressen wie die ING aus den Niederlanden es, hier Geld zu verdienen. Das zeigt zweierlei: dass hiesige Banken sich schneller bewegen müssen und dass die Zersplitterung des Markts hier keine Entschuldigung für niedrige Börsenbewertungen ist. Modernisierung heißt eben auch, intern effiziente Strukturen zu schaffen. Das ist die Basis für Investitionen ins Kundengeschäft.
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