Kommentar: Bei der Schuldenbremse droht der Super-GAU


Wenn du nicht mehr weiterweißt, bilde einen Arbeitskreis. So ist es üblich in der Politik. Wenn du dir nicht einig wirst, bilde einen Arbeitskreis. Das macht nun die Bundesregierung.
Die Kommission zur Reform der Schuldenbremse hat ihre Arbeit aufgenommen. Darin treffen höchst unterschiedliche Interessen aufeinander: Die SPD will die Gelegenheit nutzen, die Schuldenbremse noch weiter zu schleifen. Die CDU/CSU will das Gegenteil erreichen.
Die Gefahr ist nicht zu verkennen, dass die Union klein beigibt. In den nächsten Jahren weist der Bundeshaushalt gigantische Löcher auf, die Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) schließen muss. Die Versuchung, das mit vielen weiteren Schulden zu übertünchen, ist groß. Der unabhängige Beirat des Finanzministeriums warnte deshalb am Freitag zu Recht vor weiteren Lockerungsübungen.
Schon das im Frühjahr beschlossene 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz sowie die Schuldenbremse-Ausnahme für Verteidigungsausgaben haben gezeigt: Die Koalition nutzt die Schulden auch für längst geplantes Konsumtives und nicht nur für sinnvoll Investives.
Das ist brandgefährlich, weil die von Kanzler Friedrich Merz (CDU) angekündigten Strukturreformen bei Bürokratie, Sozialsystemen und Energie bislang nicht im ausreichenden Maße auf den Weg gebracht wurden. Bleibt das so, stärken die erhöhten Schulden nicht das Potenzial der deutschen Wirtschaft, sondern hinterlassen wegen ihrer Tilgung irgendwann nur kommenden Generationen kaum lösbare Probleme, was schon für die Maßnahmen aus dem Frühjahr gilt. Bleibt das so, wäre es der Super-GAU.
Auch darauf weist der Beirat hin: Die Regierung bekommt ihre expansiven Pläne zwar mit den EU-Schuldenregeln vereinbart. Aber das reale Problem, dass Deutschland seine wichtige Aufgabe als Stabilitätsanker für die ganze Euro-Zone aufs Spiel setzt, ist nicht gebannt.
Kommission hätte eine wichtige Aufgabe zu erfüllen
Die Kommission sollte sich aber nicht einfach nur als Sparkommissar aufspielen. Denn es braucht durchaus eine weitere Reform der Schuldenbremse. Das Sondervermögen wird in zwölf Jahren aufgebraucht sein. Und am Grundproblem wird sich dann nichts geändert haben: Die Regel behandelt Investition und Konsum gleich, und Politiker neigen immer zu konsumtiven Wahlgeschenken.
Die Schuldenbremse speziell für Investitionen zu öffnen, scheiterte in der Vergangenheit immer daran, dass es keine entpolitisierte Abgrenzung von Investition und Konsum gibt. Bei den Reformen im Frühjahr hat man sich darum nicht geschert und die Folgen in Kauf genommen.






Die Kommission könnte jetzt versuchen, eine klare Abgrenzung zu definieren. Das würde sofort beim Sondervermögen helfen. Und es könnte einen zukunftsfähigen Weg für die Schuldenbremse in der Zeit nach dem Sondervermögen sicherstellen.
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