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KommentarDer große Haushalts-Knall: Jetzt platzt die Schuldenillusion

In den vergangenen Jahren haben die Finanzminister ihre Haushalte aufhübschen können. Für die Zeit einer möglichen Zinswende wurde nicht vorgesorgt. Das rächt sich nun.Jan Hildebrand 12.07.2022 - 17:49 Uhr Artikel anhören

Die Zinsausgaben steigen im Etat drastisch.

Foto: dpa

Die Zinswende trifft Christian Lindner mit voller Wucht. Musste der Bundesfinanzminister im vergangenen Jahr gerade mal vier Milliarden Euro für den Schuldendienst aufwenden, werden es nach seinem Etatentwurf im kommenden Jahr fast 30 Milliarden Euro sein.

Es mag sein, dass die Haushälter im Ministerium sehr vorsichtig rechnen und in der Summe noch einige Sicherheitspuffer einkalkuliert sind. Doch an der grundsätzlichen Diagnose ändert das nichts: Die steigenden Zinsen an den Märkten schlagen auf den Bundesetat viel schneller und härter durch, als das viele Politiker und Ökonomen erwartet hatten.

Das liegt auch an einigen finanziellen Konstrukten, mit denen der Bund in den vergangenen Jahren seine Zinslast besonders drücken konnte. Was sich lange Zeit auszahlte, verkehrt sich nun ins Gegenteil: Statt Aufpreisen bei Anleihen muss der Bund Abschläge hinnehmen. Auch die Ausgaben für die inflationsindexierten Anleihen steigen rasant.

Die goldenen Haushaltszeiten, in denen sich der Etat dank sinkender Zinslasten fast von allein sanierte, sind damit endgültig vorbei. Wolfgang Schäuble (CDU) hatte einst die schwarze Null, also den schuldenfreien Haushalt, schneller geschafft als erwartet. Die fallenden Ausgaben beim Schuldendienst trugen dazu maßgeblich bei. Sie ermöglichten es auch seinem Nachfolger, dem jetzigen Kanzler Olaf Scholz (SPD), trotz Schuldenbremse die Ausgaben deutlich zu steigern.

Jahr für Jahr hieß es aus dem Finanzministerium, weiter würden die Zinsausgaben aber wirklich nicht sinken. Sie taten es doch, bis zu jenen vier Milliarden Euro im Jahr 2021. Man muss den Finanzministern nicht unbedingt vorwerfen, dass sie in der Niedrigzinsphase herausgeholt haben, was irgend möglich war. Kritikwürdig ist jedoch, dass niemand dabei an die Zeit gedacht hat, in denen die Zinsen wieder steigen würden. Eine Art Vorsorge dafür wurde nicht getroffen.

>> Lesen Sie hier: Die Zinsexplosion: Warum sich Lindners Kosten für Schulden fast verachtfachen

Auch in der ökonomischen Debatte verfestigte sich die Sicht, es gehe auf absehbare Zeit immer so weiter mit den Nullzinsen, und Schulden seien deshalb fortan kein Problem mehr. Aus dieser Sorglosigkeit wurde die deutsche Politik, ähnlich wie bei der Energieversorgung, nun sehr unsanft geweckt.

Ein Blick in den Haushalt zeigt, dass Kredite ihren Preis haben. Der Schuldendienst wird wieder zu einem der größeren Ausgabenposten im Etat und tritt damit in Konkurrenz zu anderen zu finanzierenden Aufgaben wie Bildung oder Klimaschutz.

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Insofern sind die steigenden Zinsen eine Mahnung zur richtigen Zeit und ein gutes Argument für den Finanzminister, wenn er darauf drängt, die Schuldenbremse wieder einzuhalten.

Mehr: Lindner plant Neuverschuldung von 17,2 Milliarden Euro

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