Kommentar: Die Mindestlohn-Politik wird zum Totengräber der Tarifautonomie


Respekt. Olaf Scholz konnte im vergangenen Wahlkampf mit dem Thema Mindestlohn punkten. Der Kanzler und seine Koalition setzten nach dem Wahlsieg an der dafür zuständigen Mindestlohnkommission vorbei die Höhe auf zwölf Euro fest. Eine einmalige Sache sollte dieser Vorgang sein, so lautete das Versprechen der Politik an die Sozialpartner damals.
Heute kann davon keine Rede mehr sein. Derzeit beträgt der Mindestlohn 12,41 Euro und soll 2025 auf 12,82 Euro steigen. Im Wochenrhythmus gibt es aber bereits Forderungen aus der SPD und von den Grünen, kräftig draufzusatteln.
„Darf es noch etwas mehr sein?“, lautet die Devise. Unter 14 Euro muss man sich gar nicht mehr zu Wort melden, um nicht vom Bündnis Sahra Wagenknecht von hinten aufgerollt zu werden.
Das alles könnte man jetzt vor der anstehenden Europawahl und den Landtagswahlen in Ostdeutschland als nicht wirklich ernst zu nehmendes Ritual abtun. Doch diesmal könnten die Co-SPD-Chefin Saskia Esken oder die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang zu Totengräberinnen der bewährten Sozialpartnerschaft von Arbeitgebern und Gewerkschaften werden.
Wenn die Politik sich derart intensiv einmischt, dann wird bald aus einem optimalen ein reiner politischer Mindestlohn. Es geht dann nicht mehr darum, eine fein austarierte Entgelthöhe zu finden, die den Lebensunterhalt garantiert und gleichzeitig die Unternehmen in Zeiten wirtschaftlicher Stagnation nicht überfordert.
Der Standort Deutschland steuert damit auf die ökonomisch schlechteste Lösung zu, die sich rein nach politischen Erwägungen ausrichtet und zu einem reinen Überbietungswettbewerb verkommt. Der Mindestlohn wird dann an den höchsten Bieter versteigert.
Verlierer sind die Verbraucher
Die Folgen dieser bedrohlichen Entwicklung tragen am Ende die Verbraucher. Die Unternehmen geben die Verteuerung der Ware Arbeitskraft in kleinen Dosen weiter. Die Produkte verteuern sich und der höhere Mindestlohn ist dann wiederum der Inflationstreiber, der vor allem die Geringverdiener belastet.
Wie ernst es Esken und Co diesmal ist, zeigt auch ihr Vorschlag, die Mindestlohnkommission zu reformieren. Die unabhängige Kommissionsvorsitzende soll nicht mehr die entscheidende Stimme haben, wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften keine Einigung erzielen. Ohne Konsens geht damit nichts mehr, was in vielen Fällen zu einer Blockade des Gremiums führen würde und ein Einfallstor für die Politik wäre.





Die könnte dann den Retter geben, um die verfahrene Situation aufzulösen. Sollte das so kommen, kann man sich kaum vorstellen, dass sich die Arbeitgeber diese „kalte Enteignung“ durch die Hintertür lange anschauen.
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