Kommentar Ein Rezept für die Marktwirtschaft: Deutsch, Mathe, Gründen

Gründen ist vor allem Bürokratie. Förderanträge, Kreditrichtlinien, Steuerbescheide.
Es hat nur in zwei Fällen Sinn, ein Unternehmen zu gründen: entweder, um etwas anzubieten, was es noch nicht gibt. Oder, um etwas, was es schon gibt, besser zu machen. Für junge Unternehmen ist besonders der erste Fall interessant. Denn wer direkt auf Konkurrenz stößt, begibt sich erst einmal in einen Verdrängungswettbewerb.
Das kostet Geld, das viele Jungunternehmer nicht haben. Erfolgversprechender ist es da, Anwendungen oder Dienstleistungen zu entwickeln, bei denen der Gründer von Tag eins an eine gewisse Marktmacht hat.
Die Gelegenheit dazu war vor allem 2020 da – nicht trotz, sondern wegen der Pandemie. Heimarbeit, geschlossene Schulen und darbender stationärer Einzelhandel ermöglichten eine Vielzahl an neuen Geschäftsmodellen. Dass eine Krise für Start-ups mehr Chance als Gefahr sein kann, bestätigte die Finanzkrise 2008/09. Damals starteten WhatsApp, Uber, Airbnb, Pinterest und Slack.
Umso erschreckender ist, dass die Gründerquote 2020 in Deutschland eingebrochen ist. Zwar ist ein Viertel der Neugründungen auf die Chancen zurückzuführen, die erst die Krise geboten hat. Doch 63 Prozent der Personen mit Gründungsabsicht haben den Start ihres Unternehmens aktuellen Daten zufolge verschoben.
Mangelnde Möglichkeiten zur Finanzierung sind eine der Ursachen. Doch dieses Problem scheint langsam an Bedeutung zu verlieren. Im ersten Halbjahr 2021 haben deutsche Jungunternehmen mit 7,6 Milliarden Euro so viel Geld erhalten wie nie zuvor – auch wenn das noch immer weit von den Sphären etwa in den USA entfernt ist.
Viel Kapital und wenige Gründer, wie passt das zusammen? Die Antwort auf diese Frage findet sich viel früher im Leben potenzieller Unternehmer. Gründen ist vor allem Bürokratie. Förderanträge, Kreditrichtlinien, Steuerbescheide, wenn die Menschen das schon in ihrem privaten Alltag zu überfordern droht, ist die Furcht davor in einem eigenen Unternehmen umso größer.
Investition in eine neue Generation von Gründern
Erste Bundesländer haben inzwischen das Fach Wirtschaft in der Schule eingeführt. Doch ob ein einzelnes Fach reicht, um zeitgleich Ökonomie und Bürokratie zu verstehen, darf bezweifelt werden. Und diverse Länder bieten nicht einmal das an.
Wenn Deutschland sich weiter als Nation der erfolgreichen Ingenieure und Naturwissenschaftler verstehen will, muss sich das ändern. Wird in den Schulen bereits ein ökonomisches Grundverständnis vermittelt, wäre das eine lohnende Investition in eine neue Generation von Gründern – wovon die Marktwirtschaft lebt.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.