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Kommentar Ein Untersuchungsausschuss zum Afghanistan-Einsatz ist das Mindeste

Der Einsatz am Hindukusch war von Beginn an von Hybris begleitet, beim fluchtartigen Exit übt der Westen sich nun auch noch in Zynismus. Aufarbeitung ist notwendig.
26.08.2021 - 20:23 Uhr Kommentieren
Viele Menschen haben es nicht in die Flugzeuge geschafft. Sie bleiben in Afghanistan zurück. Quelle: AP
Flughafen Kabul

Viele Menschen haben es nicht in die Flugzeuge geschafft. Sie bleiben in Afghanistan zurück.

(Foto: AP)

Man weiß nicht so recht, wo man anfangen oder aufhören soll: Der hektisch einberufene G7-Gipfel, der einmal mehr zeigte: „Den Westen“ gibt es in dieser Form gar nicht – zumindest nicht als Einheit, geschweige denn als handlungsfähigen Block. Die hilflose Regierungserklärung der Bundeskanzlerin, die da besagte: Alle haben geirrt, also dürfen auch wir es tun, und ohnehin sei es man hinterher immer klüger. Zu guter Letzt der unselige Streit über die Aufnahme von Afghanistan-Flüchtlingen – auch hier gilt: Die Diskrepanz zwischen moralischem Anspruch und trister Realität könnte größer nicht sein.

Europa befindet sich in einem beklagenswerten Zustand. Wenn es so etwas wie Glaubwürdigkeit in der europäischen Außenpolitik jemals gegeben hat, spätestens jetzt ist sie dahin. Ein geopolitisch handlungsfähiger Akteur? Nie war die Europäische Union weiter von diesem Anspruch entfernt als jetzt. Die vielen Afghanen, die 20 Jahre an das vor allem von den Europäern propagierte „Nation Building“ geglaubt haben, zeugen davon.

Der Westen wird seine Bürger in den letzten Stunden, solange Amerikaner und die Taliban es gestatten, wohl heimholen können. Allerdings auch nur, wie der Donnerstag zeigte, unter Inkaufnahme eigener Toter wie jener getöteten US-Soldaten während des Doppelanschlags am Kabuler Fughafen.

Endgültig zurück werden jene Menschen bleiben, die etwas unterkühlt als „Ortskräfte“ bezeichnet werden. Zurück bleiben werden jene Menschen – allen voran Frauen –, die den westlichen Missionaren glaubten, als sie von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten sprachen.

Der Drang nach Freiheit werde sich auch in Afghanistan durchsetzen, hatte die Kanzlerin im Parlament gesagt. Das ist nicht nur eine gewagte Prognose. Vor dem Hintergrund des Geschehenen wirkt eine solche Aussage zynisch.

Getrieben von Arroganz und Hybris

Trotz aller mitfühlenden Rhetorik für jene todesbedrohten Menschen in Afghanistan, die sich jetzt den Gotteskriegern mit ihrer steinzeitlichen Ideologie ausgeliefert sehen, bleibt am Ende nicht viel mehr als ein Schulterzucken bei den Protagonisten des Kabuler Desasters – bei US-Präsident Biden, aber auch bei Merkel, Macron, Johnson & Co.

Man kann durchaus die Frage stellen, ob es richtig war, vor 20 Jahren in Afghanistan einzumarschieren, um eine an westlichen Standards orientierte Gesellschaft aufzubauen. Getrieben war der Westen damals möglicherweise auch von Arroganz, mindestens aber von Hybris. Doch einmal engagiert, trägt der Westen die Verantwortung für die Menschen. Er ist ihr nicht gerecht geworden – und zur Aufarbeitung des ebenso chaotischen wie fluchtartigen Exits ist ein Untersuchungsausschuss im Bundestag das Mindeste.

Mehr: Wie hungernden Menschen in Afghanistan auch nach dem Truppenabzug geholfen werden kann

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