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Kommentar Das Versagen des Westens in Afghanistan ist ein Signal – auch für andere Konfliktländer

Der übereilte Truppenabzug zeigt: Auf die USA und Europa ist kein Verlass. Krisenländer könnten sich bald woanders umschauen, wenn sie Hilfe brauchen. Moskau, Peking und Ankara freut's.
17.08.2021 - 19:33 Uhr 1 Kommentar
Quelle: AP
Bewaffnete Taliban am Dienstag in Kabul.
(Foto: AP)

Die von einem Moskau-treuen Oligarchen herausgegebene ukrainische Tageszeitung „Kyiv Post“ beschäftigte sich in ihrer Dienstagsausgabe mit Afghanistan. Weniger aber mit dem Vormarsch der radikal-islamischen Taliban oder den riskanten Evakuierungen westlicher Regierungen.

Nein, die Zeitung fragte: „Was bedeutet der Fall Afghanistans für den US-Alliierten Ukraine?“ Das Land wird seit 2014 durch vom Kreml unterstützte Separatisten bedroht. Die USA unterstützten das Land seit 2014 mit 4,6 Milliarden US-Dollar. Was passiert, wenn die Amerikaner sich auch hier irgendwann zurückziehen?

Eine berechtigte Frage, die sich auch andere Staaten stellen dürften – und nach dem Willen Moskaus, Pekings und Ankaras auch stellen sollen. Das US-Debakel in Afghanistan hat Auswirkungen auf andere Konfliktherde. Die USA dürften weniger als stabilisierender Faktor wahrgenommen werden.

Im April kündigte US-Präsident Joe Biden an, bis 11. September alle verbliebenen US-Soldaten abzuziehen. Die anderen Nato-Partner waren noch schneller.

Ob es nun die Schuld der Regierungen oder ihrer Geheimdienste ist: Alle haben übersehen, dass Afghanistan immer noch instabil ist, dass die Taliban mit Unterstützung eines großen Teils der Bevölkerung Geländegewinne verbuchen konnten. Und dass sie schließlich binnen Wochen die Hauptstadt Kabul einnehmen konnten.

Mali, Baltikum, Ukraine: Diese Länder könnten bald anderswo Hilfe suchen

Was sollen dann die Menschen in anderen Konfliktherden denken, die auf westliche Hilfe hoffen? Etwa im westafrikanischen Mali, wo französische und auch deutsche Truppen auf der Jagd nach Terroristen sind. Oder im Baltikum, wo Nato-Verbände regelmäßig Truppenübungen abhalten, um den großen Nachbarn Russland auf Distanz zu halten – noch. Oder eben in der Ukraine, die wegen ungenügender Bemühungen des Westens Teile ihres Staatsgebiets quasi verloren hat.

Die Folge: Diese Länder könnten sich bald woanders umschauen, wenn sie Hilfe brauchen. Die Ukraine hat bereits bei der Türkei Kampfdrohnen bestellt, ebenso die Nato-Länder Lettland und Polen.

Ein Sinneswandel in den nicht ganz so friedlichen Teilen der Welt wird kaum aufzuhalten sein. Der übereilte Abzug aus Afghanistan, 20 Jahre nach dem Einmarsch, ist daher eine Zäsur – sowohl für Afghanistan selbst als auch für alle bedrohten Länder der Welt. Wenn der Westen seine Lektion daraus nicht lernt, werden diese Staaten einen heftigen Preis dafür zahlen.

Mehr: Diese vier Kardinalfehler haben die USA beim Rückzug aus Afghanistan gemacht – Politprofi Ian Bremmer im Interview

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1 Kommentar zu "Kommentar: Das Versagen des Westens in Afghanistan ist ein Signal – auch für andere Konfliktländer"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Es gibt viele Verlierer, vor allem die Menschen in Afghanistan, die sich nach Freiheit sehnten und die jetzt um ihr Leben fürchten müssen. Aber auch der Westen hat als Wertegemeinschaft versagt. Ganz zu schweigen von Europa, dessen Außen- und Sicherheitspolitik sich als fast schon erbarmungswürdig erwiesen hat.

    Allerdings gibt es auch Gewinner. Der Klub der Autokratien mit China im Zentrum bekommt Zuwachs. Das Reich der Mitte wird seinen wirtschaftlichen und politischen Einfluss weiter ausbauen. Kann der Westen noch verhindern, dass Diktaturen die Welt von morgen bestimmen werden? Die Frage ist todernst!

    Und deshalb sollte sich Politik nicht zu sehr darin verbeißen, wer welche Schuld für welche Falscheinschätzung in den letzten Tagen und Wochen hat. Unser Land braucht in stürmischen Zeiten einen geostrategisch denkenden Kapitän und keine politischen Leichtmatrosen!

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