Kommentar In Afghanistan müssen sofort Lebensmittel für Millionen ankommen

Kinder und Frauen sind am härtesten von dem Regimewechsel in Afghanistan betroffen. Viele leiden Hunger.
Deutschland tut gut daran, dem von Dürre und Hungersnot extrem betroffenen Afghanistan jetzt schnell und mit viel Geld zu helfen – egal, wer in Kabul regiert. Größter Geldgeber für die leidenden Menschen am Hindukusch zu sein ist wenigstens etwas Wiedergutmachung für die Menschen dort, angesichts der Schmach des überhasteten und menschlich aufrüttelnden Chaos-Abzugs.
Denn das Schlimmste, was nach der Machtergreifung durch die Taliban jetzt noch passieren kann, ist, dass der Hunger noch mehr Afghaninnen und Afghanen außer Landes treibt, als die Herrschaft der Radikalislamisten es ohnehin schon macht.
Eine neue Hunger-Flüchtlingswelle wie 2015 kann niemand gebrauchen. Es werden schon so weitere Zehntausende Menschen wegen des drohenden Terrors durch die „Koranschüler“, wie sich die Taliban verharmlosend nennen, aus Afghanistan fliehen. Steinigungen, Hinrichtungen, Handabhacken, Frauenunterdrückung, Schließung von Fernsehsendern oder Zwangsehen – das sind die Herrschaftsinstrumente der Taliban.
Hilfsgüter direkt an die Taliban zu geben, wäre ein Fehler
2015 setzte sich vor allem auch deshalb ein riesiger Flüchtlingstreck in Bewegung, weil in den Flüchtlingslagern am östlichen Mittelmeer die aus Syrien und dem Irak Geflohenen nicht mehr ausreichend mit Lebensmitteln versorgt wurden. Diesen Fehler darf die internationale Gemeinschaft nicht noch einmal machen. Deshalb gilt: Die internationale Gemeinschaft muss helfen, egal, wer momentan die Macht in Kabul hat.
Jetzt kommt es darauf an, möglichst schnell mit den Taliban darüber zu verhandeln, wie die Vereinten Nationen und Hilfsorganisationen Lebensmittel im Land verteilen können. Die Hilfsgüter direkt an die Taliban zu übergeben wäre ein Fehler. Wir dürfen nicht Helfershelfer der neuen Herrscher werden.
Natürlich muss es ein Mindestmaß an Kommunikation, an diplomatischen Kontakten mit den Taliban geben. Der Westen muss über Hilfslieferungen, die internationale Organisationen verteilen, reden und über das weitere Ausfliegen von den Ortskräften der Bundeswehr und Frauenrechtlerinnen verhandeln.
Nur wenn dies reibungslos geschieht und die Islammiliz die Menschenrechte am Hindukusch nicht immer drastischer einschränkt, ist auch ein weiter gehender politischer Dialog möglich. Dialog und Diplomatie sind Deutschlands Stärke. Aber sich voreilig aufzudrängen, wo noch völlig unklar ist, ob die Taliban von heute nicht wieder ein Schreckensregime wie vor 2001 errichten, wäre nicht nur politisch naiv, es wäre empörend.
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