Kommentar: Neobank mit schlechter Problembilanz: N26 verspielt seine Zukunft

N26 ist das wertvollste deutsche Fintech. Dennoch müssen die etablierten Banken und Sparkassen den Newcomer kaum mehr fürchten. Er hat viele Fehler gemacht.
Es gab Zeiten, da versetzte die Berliner Smartphonebank N26 die etablierten Banken in Angst und Schrecken. So rasant wuchs die Bank. Das ist längst vorbei. N26 ist zwar das teuerste deutsche Finanz-Start-up. Doch das Unternehmen hat so viele Probleme, dass es seinen Vorsprung im digitalen Banking verspielt hat.
Jüngstes Beispiel sind die Sperrung von Konten und mangelnde Kommunikation. Kundinnen und Kunden sind empört, weil ihnen in den vergangenen Tagen abrupt das N26-Konto gekündigt wurde.
Naheliegend ist, dass die Bank sehr breitflächig ihren Kundenbestand nach potenziell verdächtigen Konten durchsucht und lieber eine Kündigung zu viel ausspricht. Das wäre bei einer „normalen“ Bank schon ein Problem. Bei einem Fintech, das meist viel wert auf technisch perfekte Lösungen legt, ist es ein Desaster.
Und dennoch ist es nur die Spitze eines ganzen Eisbergs an Problemen. N26 hat so viele Fehler gemacht, dass sich längst sehr grundsätzliche Fragen mit Blick auf die Zukunft dieser sogenannten Neobank stellen – und zwar unabhängig davon, wie viel mehr als die zuletzt gemeldeten sieben Millionen Kunden N26 mittlerweile hat.
Denn N26 beherrscht Teile des wesentlichen Bankgeschäfts nicht. Die Firma ringt seit Längerem damit, ihre Geldwäschekontrollen zu verbessern.
Das Wachstum wird schwieriger
Die deutsche Finanzaufsicht Bafin hat das Neukundenwachstum von N26 bereits gedeckelt, die italienische Aufsicht sogar einen Neukundenstopp ausgesprochen.
Die regulatorischen Probleme sind nicht die einzigen. Auch die Expansion ist in Teilen gescheitert. N26 konzentriert sich derzeit im Wesentlichen auf Europa – unfreiwillig. Aus den USA hat sich das Unternehmen, das mal 100 Millionen Kunden weltweit als Ziel ausgab, Anfang 2022 wieder zurückgezogen.






Auch mit Blick auf das Produktangebot offenbart N26 überraschende Schwächen. Noch immer hat N26 anders als andere Neobanken kein Angebot für den Handel mit Wertpapieren und Kryptowährungen. Das ist fatal. Schließlich haben gerade in den letzten Boomjahren an der Börse auch viele jüngere Menschen den Aktienmarkt für sich entdeckt. Selbst die Sparkassen sind da weiter.
Die Probleme von N26 haben traditionellen Banken und Sparkassen, aber auch anderen Digitalbanken Zeit gegeben, ihre eigenen Banking-Apps zu verbessern. Noch mehr: N26 zeigt den etablierten Geldhäusern zusehends, was sie nicht tun sollten.
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